Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 - Александр Дюма

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ist; mehr kann ich nicht davon sagen; doch ich weiß nicht, wie es nach Frankreich übergegangen ist, und wie es sich in diesem Augenblick im Zimmer Eurer Majestät findet.«

      »Wie es nach Frankreich übergegangen ist? das will ich Ihnen sagen; wie es sich in meinem Zimmer findet, das weiß ich selbst nicht.«

      Gilbert schaute Ludwig XVI. mit Erstaunen an.

      »Wie es nach Frankreich übergegangen ist,« wieder»holte Ludwig XVI., »hören Sie: ich werde Ihnen über die Hauptsache nichts Neues mittheilen, aber viel über die Details; Sie werden dann begreifen, warum ich vor diesem Portrait stehen blieb, und woran ich dachte, indem ich stehen blieb.«

      Gilbert verbeugte sich, um zu bezeichnen, er höre aufmerksam.

      »Es gab, vor ungefähr dreißig Jahren,« sprach Ludwig XVI. »ein Ministerium, das unheilvoll für Frankreich und besonders für mich,« setzte er hinzu, seufzend bei der Erinnerung an seinen Vater, von dem er immer geglaubt hatte, er sei vergiftet worden: »das ist das Ministerium von Herrn von Choiseul. Dieses Ministerium beschloß man durch das Ministerium d’Aiguillon und Maupeou zu ersetzen und zugleich die Parlamente zu brechen. Aber die Parlamente brechen war eine Handlung, welche meinen Großvater, den König Ludwig XV., sehr erschreckte. Um die Parlamente zu brechen, bedurfte es eines Willens, den er verloren hatte. Mit den Trümmern des alten Menschen mußte er einen neuen Menschen machen, und um aus diesem alten Menschen einen neuen zu machen, gab es nur ein Mittel: den schmählichen Harem zu schließen, der, unter dem Namen Hirschpark, Frankreich so viel Geld und der Monarchie so viel Popularität gekostet hatte; man mußte, statt dieser Welt von jungen Mädchen, wo sich die Ueberreste seiner Männlichkeit erschöpften, Ludwig XV. eine einzige Geliebte geben, die bei ihm die Stelle von allen vertreten würde, die nicht genug Einfluß hätte, um ihn eine politische Linie verfolgen zu lassen, welche aber Gedächtniß genug besäße, um ihm jeden Augenblick eine wohl eingelernte Lection zu wiederholen. Der alte Marschall von Richelieu wußte, wo eine solche Frau zu suchen war, er suchte sie da, wo sie sich finden, und fand sie. Sie kannten sie, Doctor, denn so eben sagten Sie mir, Sie haben dieses Portrait bei ihr gesehen.«

      Gilbert verbeugte sich.

      »Wir liebten sie nicht, diese Frau, weder die Königin, noch ich! die Königin weniger vielleicht, als ich, denn die Königin, eine Oesterreicherin, instruirt von Maria Theresia zu der großen europäischen Politik, deren Centrum Oesterreich wäre, sah in der Erhebung von Herrn d’Aiguillon den Sturz ihres Freundes, des Herrn von Choiseul; wir liebten sie nicht, sagte ich, und dennoch muß ich ihr die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie das, was war, zerstörend nach meinen besondern Wünschen und, ich sage es aus mein Gewissen, dem allgemeinen Wohle gemäß handelte. Es war eine geschickte Komödiantin: sie spielte ihre Rolle vortrefflich; sie setzte Ludwig XV. in Erstaunen durch eine dem Königthum bis dahin unbekannte kecke Vertraulichkeit; sie belustigte ihn, indem sie über ihn spottete; sie machte ihn zum Mann, indem sie ihn glauben ließ, er sei es  . . .«

      Der König hielt plötzlich inne, als würfe er sich die Unvorsichtigkeit, so von seinem Großvater vor einem Fremden zu sprechen, vor; aber seinen Blick auf das treuherzige, offene Gesicht von Gilbert heftend, sah er, daß er diesem Manne, der Alles so gut zu begreifen wußte, Alles sagen konnte.

      Gilbert errieth, was im Geiste des Königs vorging, und ohne Ungeduld, ohne eine Frage wartete er, indem er sein Auge völlig dem forschenden Auge des Königs öffnete.

      »Was ich Ihnen sage, mein Herr,« fuhr Ludwig XVI. mit einem gewissen Adel des Kopfes und der Geberde fort, die bei ihm nicht Gewohnheit war, »was ich Ihnen sage, müßte ich Ihnen vielleicht nicht sagen, denn es ist mein inniger Gedanke, und ein König soll den Grund seines Herzens nur diejenigen sehen lassen, in deren Herzensgrunde er lesen kann. Werden Sie mir Gleiches mit Gleichem vergelten, Herr Gilbert? und wenn Ihnen der König von Frankreich immer Alles sagt, was er denkt, werden Sie ihm auch immer Alles sagen, was Sie denken?«

      »Sire,« erwiederte Gilbert, »ich schwöre Ihnen, daß, wenn Eure Majestät mir diese Ehre erweist, ich ihr diesen Dienst leisten werde; der Arzt ist mit den Leibern beauftragt, wie der Priester mit den Seelen; aber, stumm und unergründlich für die Andern, würde ich es für ein Verbrechen halten, die Wahrheit dem König nicht zu sagen, der mir die Ehre erweist, sie von mir zu verlangen.«

      »Also, Herr Gilbert, nie eine Indiscretion?«

      »Sire, sollten Sie mir selbst sagen, in einer Viertelstunde werde ich, und zwar auch auf Ihren Befehl, getödtet, ich würde mich nicht berechtigt glauben, zu fliehen, fügten Sie nicht bei: »»Fliehen Sie!««

      »Sie thun wohl daran, daß Sie mir das sagen, Herr Gilbert. Mit meinen besten Freunden, selbst mit der Königin, spreche ich oft nur ganz leise; mit Ihnen werde ich laut denken.«

      Er fuhr fort: »Nun wohl, diese Frau, welche wußte, man könne bei Ludwig XV. höchstens aus königliche Velleitäten rechnen, verließ, ihn kaum, um die geringsten von diesen Velleitäten zu benützen, Sie folgte ihm in den Rath und neigte sich über sein Fauteuil; vor dem Kanzler, vor diesen ersten Personen, vor diesen alten Staatsbeamten, legte sie sich zu seinen Füßen, sich geberdend wie ein Affe, schwatzend wie ein kleiner Papagei, und Tag und Nacht blies sie ihm das Königthum ein. Doch das war noch nicht genug, und die seltsame Egeria würde vielleicht ihre Zeit hierbei, verloren haben, hätte Herr von Richelieu nicht den Gedanken gehabt, diesen ungreifbaren Worten einen Körper zu geben, der die Lection, welche sie ihm wiederholte, materiell machte. Unter dem Vorwande, der Page, den man auf diesem Bilde sieht, heiße Barry, kaufte man das Gemälde für sie, als wäre es ein Familiengemälde. Das schwermüthige Gesicht, das den 30. Januar 1649 ahnete, hörte, in das Boudoir dieser Frau gestellt, ihr freches Gelächter, sah ihre lasciven Belustigungen; denn es diente ihr zu Folgendem: während sie lachte, nahm sie Ludwig XV. beim Kopf, zeigte ihm Karl I. und sagte zu ihm: »»Siehst Du, Frankreich, das ist ein König, dem man den Hals abgeschnitten hat, weil er schwach gegen sein Parlament war; schone also noch das Deinige!«« Ludwig XV. Cassirte das Parlament und starb ruhig auf dem Throne. Dann verbannten wir diese Frau, gegen welche wir vielleicht nachsichtiger hätten sein müssen. Das Bild blieb in den Mansarden von Versailles, und nie fiel es mir nur ein, zu fragen, was daraus geworden  . . .Wie kommt es nun, daß ich es hier finde? Wer hat besohlen, es hierher zu bringen? Warum folgt es mir, oder vielmehr, warum verfolgt es mich?«

      Und nachdem er traurig den Kopf geschüttelt, fügte Ludwig XVI. Bei:

      »Doctor, ist hierunter nicht ein Verhängnis,?«

      »Ein Verhängniß, wenn Ihnen dieses Portrait nichts sagt; doch eine Vorsehung, wenn es zu Ihnen spricht.«

      »Wie soll ein solches Portrait nicht zu einem König in meiner Lage sprechen, Doctor?«

      »Nachdem Eure Majestät mir erlaubt hat, die Wahrheit zu sagen, erlaubt sie mir auch, sie zu fragen?«

      Ludwig XVI. schien einen Augenblick zu zögern.

      »Fragen Sie, Doctor,« sagte er dann.

      »Was sagt dieses Portrait Eurer Majestät, Sire?«

      »Es sagt mir, Karl I. habe den Kopf verloren, weil er Krieg gegen sein Volk geführt, und Jacob II. habe den Thron verloren, weil er das seinige verlassen.«

      »Dann ist dieses Portrait wie ich, Sire: es spricht die Wahrheit.«

      »Nun?« fragte der König, Gilbert mit dem Blicke auffordernd.

      »Nun, da der König mir erlaubt bat, ihn zu befragen, so frage ich ihn, was er diesem Portrait, das so redlich mit ihm spricht, antwortet?«

      »Herr Gilbert,« erwiederte der König, »ich gebe Ihnen mein Ehrenwort als Edelmann, daß ich noch nichts

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