Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 - Александр Дюма страница 55
Charny verbeugte sich, tiefe Aufmerksamkeit bezeichnend.
»Es ist nicht das erste Mal, Herr von Charny, wie Sie sich wohl denken können, daß mir die Idee kommt, mir und denjenigen, welche mich umgeben, einen Plan dem ähnlich auszuführen, von welchem wir gerade reden. In der Nacht vom 5. aus den 6. October dachte ich darauf, die Königin entweichen zu lassen; ein Wagen hätte sie nach Rambouillet gebracht, ich hätte sie zu Pferde eingeholt, und von dort aus würden wir leicht die Grenze erreicht haben, denn die Wachsamkeit, welche uns heute umgibt, war noch nicht thätig. Der Plan scheiterte, weil die Königin nicht ohne mich abreisen wollte und mich meinerseits schwören ließ, nicht ohne sie zu reisen.«
»Sire, ich war dabei, als dieser fromme Schwur zwischen dem König und der Königin, oder vielmehr zwischen dem Gatten und der Gattin ausgetauscht wurde.«
»Seitdem hat Herr von Breteuil Unterhandlungen mit mir eröffnet, – durch die Vermittelung des Grafen von Innisdal, und vor acht Tagen habe ich einen Brief von Solotburn erhalten.«
Der König hielt inne, und als er sah, daß der Graf stumm und unbeweglich blieb, sagte er;
»Sie antworten nicht, Graf?«
»Sire,« erwiederte Charny sich verbeugend, »ich weiß, daß Herr Baron v. Breteuil der Mann Oesterreichs ist, und ich befürchte, die gerechten Sympathien des Königs in Betreff der Königin seiner Gemahlin und des Kaiser Joseph II. seines Schwagers zu verletzen.«
Der König ergriff die Hand von Charny, neigte sich zu ihm und sagte leise:
»Befürchten Sie nichts, Graf, ich liebe Oesterreich ebenso wenig, als Sie es lieben.«
Die Hand von Charny bebte vor Erstaunen zwischen den Händen des Königs.
»Graf! Graf! wenn ein Mann von Ihrem Werthe sich hingeben, das heißt, sein Leben zum Opfer bringen will für einen andern Mann, der vor ihm nur den traurigen Vorzug hat, König zu sein, so muß er auch denjenigen kennen, für welchen er sich opfert. Graf, ich habe Ihnen gesagt und wiederhole Ihnen, ich liebe Oesterreich nichts ich liebe Maria Theresia nicht, welche uns in den siebenjährigen Krieg verwickelt hat, wobei wir zweimal hundert tausend Mann, zwei Millionen und siebenzehn hundert Meilen Terrain in America verloren haben: welche Frau von Pompadour, eine Prostituirte, ihre Cousine nannte; welche sich ihrer Töchter als diplomatische Agenten bediente; welche durch die Erzherzogin Caroline Neapel regierte; welche durch die Erzherzogin Marie Antoinette Frankreich zu regieren, gedachte.«
»Sire, Sire,« sagte Charny, »Eure Majestät vergißt, daß ich ein Fremder bin, ein einfacher Unterthan des Königs und der Königin von Frankreich!«
Und er unterstrich durch seinen Tonausdruck das Wort Königin, wie wir es mit der Feder unterstrichen haben.
«Ich habe es Ihnen gesagt, Graf,« fuhr der König fort, »Sie sind ein Freund, und ich kann um so offenherziger mit Ihnen reden, als das Vorurtheil, das ich gegen die Königin hatte, zu dieser Stunde völlig aus meinem Geiste verschwunden ist. Aber gegen meinen Willen habe ich eine Frau aus diesem dem Hause Frankreich zweimal feindlich gesinnten Hause empfangen, – feindlich als Lothringen, feindlich als Oesterreich; wider meinen Willen habe ich an meinen Hof jenen Abbé von Vermond, den Lehrer der Königin dem Anscheine nach, den Spion von Maria Theresia in Wirklichkeit, kommen sehen, – diesen Menschen, den ich zwei bis dreimal des Tages mit dem Ellenbogen stieß, dergestalt war er beauftragt, sich zwischen meine Beine zu stecken, und an den ich im Verlaufe von neunzehn Jahren nicht ein einziges Wort richtete; gegen meinen Willen habe ich nach einem zehnjährigen Kampfe Herrn von Breteuil mit dem Departement meines Hauses und dem Gouvernement von Paris beauftragt: gegen meinen Willen habe ich zu meinem ersten Minister den Erzbischof von Toulouse, einen Atheisten, ernannt; gegen meinen Willen endlich habe ich Oesterreich die Millionen bezahlt, die es Holland auspressen wollte. Heute noch, zu dieser Stunde, wo ich mit Ihnen spreche, wer räth, als Nachfolger der todten Maria Theresia, der Königin, wer lenkt sie? Ihr Bruder Joseph II., welcher glücklicher Weise stirbt. Durch wen räth er ihr? Sie wissen es so gut als ich: durch das Organ ebendieses Abbé von Vermond, des Baron von Breteuil und des Gesandten von Oesterreich, Mercy d’Argenteau. Hinter diesem Greise ist ein anderer Greis verborgen, Kaunitz, der siebenzigjährige Minister des hundertjährigen Oesterreich. Diese zwei Alten lenken die Königin von Frankreich durch Mademoiselle Bertin, ihre Putzmacherin, und durch Herrn Leonard, ihren Friseur, denen sie Pensionen bezahlen; und wohin lenken sie sie? Zur Allianz mit Oesterreich! mit Oesterreich, das immer unheilbringend für Frankreich gewesen – als Freund und als Feind, Oesterreich! das einst katholische und devote Oesterreich, das heute abschwört und sich zur Hälfte philosophisch macht unter Joseph II.; das unkluge Oesterreich, das gegen sich sein eigenes Schwert, Ungarn, wendet; das unvorsichtige Oesterreich, das sich durch die belgischen Priester den schönsten Theil seiner Krone, die Niederlande, nehmen läßt: das abhängige Oesterreich, das den Rücken Europa zuwendet, welches es nie aus dem Blicke verlieren sollte, und gegen die Türken, unsere Verbündeten, seine besten Truppen zum Vortheil von Rußland gebraucht. Nein, nein, nein, Herr von Charny, ich hasse Oesterreich, und Oesterreich hassend konnte ich mich ihm nicht anvertrauen.«
»Sire, Sire,« versetzte Charny, »solche vertrauliche Eröffnungen sind sehr ehrenvoll, zugleich aber auch sehr gefährlich für denjenigen, welchem man sie macht! Sire, wenn Sie eines Tags bereuen würden, sie mir gemacht zu haben!«
»Oh! ich befürchte das nicht, und zum Beweise diene, daß ich vollende.«
»Sire, Eure Majestät hat mir befohlen, zu hören, ich höre.«
»Dieser Vorschlag zur Flucht ist nicht der einzige, der mir gemacht worden. Kennen Sie Herrn von Favras?«
»Den Marquis von Favras, den ehemaligen Kapitän im Regiment Belzunce, den ehemaligen Lieutenant bei der Garde von Monsieur? ja, Sire.«
»Das ist er,« sprach der König, indem er einen besondern Nachdruck aus die letzte Qualification legte, »den ehemaligen Lieutenant bei der Garde von Monsieur, Was denken Sie von ihm?«
»Es ist ein braver Soldat, ein wackerer Edelmann; ruinirt zum Unglück, was ihn unruhig macht und zu einer Menge von gefährlichen Versuchen, von wahnsinnigen Projecten antreibt, aber ein Mann von Ehre, Sire, der ohne einen Schritt zurückzuweichen, ohne eine Klage auszustoßen, sterben wird, um das gegebene Wort zu halten. – ein Mann, dem Eure Majestät sich für einen Handstreich anzuvertrauen Recht hätte, der aber, wie ich befürchte, als Haupt eines Unternehmens nichts taugen würde,«
»Das Haupt des Unternehmens ist auch nicht er,« sagte der König mit einer gewissen Bitterkeit; »es ist Monsieur . . .ja, es ist Monsieur, der Geld macht; es Monsieur, der Alles vorbereitet; es ist Monsieur, der, bis zum Ende sich aufopfernd, bleibt, wenn ich abgereist sein werde, reise ich wirklich mit Favras ab.«
Charny machte eine Bewegung.
»Nun! was haben Sie, Graf?« fuhr der König fort. »Das ist nicht die Partei von Oesterreich, das ist die Partei der Prinzen, der Emigranten, des Adels.«
»Sire, entschuldigen Sie mich; ich habe es Ihnen gesagt, ich zweifle weder an der Redlichkeit, noch am Muthe von Herrn von Favras; an welchen Ort Herr von Favras Euer Majestät zu führen verspricht, er wird sie führen, oder in ihrer Vertheidigung unter Weges sterben. Aber warum reist Monsieur nicht mit Eurer Majestät ab? warum bleibt Monsieur?«
»Aus