Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 - Александр Дюма страница 62
Und wie Richard III. in einem äußersten Augenblick ausgerufen: »Ein Königreich für ein Pferd!« so war Marie Antoinette nahe daran, zu rufen: »Meine Krone für diesen Brief!«
Andrée begriff diesen glühenden Wunsch der Königin; aber sie wollte sich die Freude machen, ihre Nebenbuhlerin einen Augenblick in der Angst zu lassen.
»Und dieser Brief, den Ihnen der Graf in der Stunde seiner Abreise geschrieben hat . . .ich bin überzeugt, Sie haben ihn nicht bei sich?«
»Sie irren sich, Madame,« erwiederte Andrée, »hier ist er.«
Und sie zog aus ihrer Brust den von ihrer Wärme lauen und von ihrem Wohlgeruche duftenden Brief und reichte ihn der Königin.
Diese nahm ihn schauernd, preßte ihn einen Augenblick zwischen ihren Fingern, da sie nicht wußte, ob sie ihn behalten oder zurückgeben sollte, und schaute Andrée mit zusammengezogenen Brauen an; dann warf sie fern von sich alles Zögern und sagte:
»Oh! die Versuchung ist zu stark.«
Und sie öffnete den Brief, neigte sich gegen das Licht des Candelabers und las wie folgt:
»Madame,
»Ich verlasse Paris in einer Stunde auf den ausdrücklichen Befehl des Königs.
»Ich kann Ihnen nicht sagen, wohin ich gehe, warum ich reise, noch wie lange ich von Paris abwesend sein werde; lauter Dinge, an denen Ihnen wahrscheinlich sehr wenig gelegen ist, welche Ihnen mitzutheilen ich indessen wohl ermächtigt zu sein gewünscht hätte.
»Einen Augenblick hatte ich die Absicht, mich zu Ihnen zu begeben, um Ihnen meine Abreise mündlich anzukündigen, aber ich wagte es nicht, dies ohne Ihre Erlaubniß zu thun . . .«
Die Königin wußte, was sie zu wissen wünschte, sie wollte den Brief Andrée zurückgeben, doch diese, als hätte sie zu befehlen, und nicht zu gehorchen gehabt, sprach:
»Gehen Sie bis zum Ende, Madame.«
Die Königin las weiter:
»Ich habe die letzte Sendung, die man mir angeboten, ausgeschlagen, weil ich armer Narr damals glaubte, irgend eine Sympathie halte mich in Paris zurück; seitdem habe ich aber leider den Beweis vom Gegentheil erlangt, und ich ergriff mit Freuden diese Gelegenheit, mich von den Herzen zu entfernen, denen ich gleichgültig bin.
»Sollte es mir während dieser Reise ergehen, wie dem unglücklichen Georges, so sind alle meine Maßregeln getroffen, Madame, daß Sie zuerst von dem Unglück, das mir widerfahren, und von der Freiheit, die Ihnen zurückzugeben wäre, unterrichtet werden. Dann erst Madame, werden Sie erfahren, welche tiefe Bewunderung in meinem Herzen Ihre erhabene Ergebenheit entstehen gemacht hat, die so schlecht belohnt wurde von derjenigen, welcher Sie, jung, schön und geboren, um glücklich zu sein, Jugend, Schönheit und Glück geopfert.
»Alles, was ich mir dann von Gott und von Ihnen erbitte, ist, daß Sie ein Andenken bewilligen dem Unglücklichen, der so spät den Werth des Schatzes, den er besaß, erkannt hat.
»Alle Ehrsurcht des Herzens,
Die Königin reichte den Brief Andrée, die ihn diesmal wieder nahm, und ließ mit einem Seufzer an ihrer Seite ihre träge, beinahe leblose Hand hinabfallen.
»Nun, Madame,« fragte Andrée, »sind Sie verrathen? habe ich, ich sage nicht das Versprechen, das ich Ihnen geleistet, denn ich habe Ihnen nie ein Versprechen geleistet, sondern das Vertrauen verletzt, das Sie in mich gesetzt?«
»Verzeihen Sie mir, Andrée,« erwiederte die Königin. »Oh! ich habe so sehr gelitten! . . .«
»Sie haben gelitten! . . .Sie wagen es, vor mir zu sagen, Sie haben gelitten, Madame! Und ich, was soll ich dann sagen? . . .Oh! ich werde nicht sagen, ich habe gelitten, denn ich will nicht ein Wort gebrauchen, dessen sich eine andere Frau schon bedient hat, um denselben Gedanken zu bezeichnen. Nein, ich müßte ein neues, unbekanntes, unerhörtes Wort haben, welches der Inbegriff aller Schmerzen, der Ausdruck aller Qualen wäre . . .Sie haben gelitten . . . und dennoch, Madame, haben Sie nicht den Mann, den Sie liebten, gleichgültig gegen diese Liebe, auf den Knieen und sein Herz in den Händen, einer andern Frau sich zuwenden sehen; Sie haben nicht Ihren Bruder, der eifersüchtig aus diese andere Frau, welche er in der Stille und wie ein Heide seine Gottheit anbetete, sich mit dem Manne, den Sie liebten, sich schlagen sehen; Sie haben nicht den Mann, den Sie liebten, durch Ihren Bruder aus eine Art verwundet, die man einen Augenblick für tödtlich hielt, in seinem Delirium nur nach dieser andern Frau rufen hören, deren Vertraute Sie waren; Sie haben nicht diese andere Frau wie einen Schatten durch die Corridors schlüpfen sehen, wo Sie selbst umsonst wachten, um diese Töne des Deliriums zu hören, welche bewiesen, daß eine wahnsinnige Liebe, wenn sie auch nicht über das Leben hinausreichte, diese doch wenigstens bis an die Schwelle des Grabes begleitete; Sie haben diesen Mann nicht, durch ein Wunder der Natur und der Wissenschaft ins Leben zurückkehrend, sich aus seinem Bette erheben sehen, um Ihrer Nebenbuhlerin zu Füßen zu fallen, . . Ihre Nebenbuhlerin, ja, Madame, denn in der Liebe mißt man nach der Größe der Liebe die Gleichheit der Rangstufen; Sie haben sich hernach nicht, in Ihrer Verzweiflung, mit fünfundzwanzig Jahren in ein Kloster zurückgezogen und zu den eisigen Füßen eines Crucifixes die Liebe, die Sie verzehrte, auszulöschen gesucht; dann, eines Tags, als Sie nach einem Jahre von Gebeten, von Schlaflosigkeiten, von Fasten, von ohnmächtigen Wünschen, von Schmerzensschreien, die Flamme, die Sie verzehrte, nicht gelöscht, wohl aber eingeschläfert zu haben glaubten, haben Sie nicht diese Nebenbuhlerin, Ihre alte Freundin, welche nichts begriffen, nichts errathen hatte, Sie in Ihrer Einsamkeit aussuchen sehen, um Sie zu bitten . . .was? . . .um Sie im Namen einer alten Freundschaft, welche die Leiden nicht hatten schwächen können, im Namen ihres Heiles als Gattin, im Namen der gefährdeter, königlichen Majestät zu bitten, die Frau zu werden . . .von wem? . . .von diesem Manne, den Sie seit drei Jahren anbeteten! – Frau ohne Gatten, wohlverstanden, ein einfacher Schleier zwischen die Blicke der Menge und das Glück Anderer geworfen, wie ein Tuch zwischen einem Leichname und der Welt ausgebreitet wird; Sie haben nicht, beherrscht, nicht durch das Mitleid, die eifersüchtige Liebe hat keine Barmherzigkeit, – und Sie wissen das wohl, Madame, Sie, die Sie mich geopfert! Sie haben nicht, beherrscht durch die Pflicht die ungeheuere Aufopferung angenommen; Sie haben nicht den Priester Sie fragen hören, ob Sie zum Gatten einen Mann nehmen, der nie Ihr Gatte sein werde; Sie haben nicht gefühlt, wie Ihnen dieser Mann an den Finger einen goldenen Ring steckte, der, das Pfand eines ewigen Bundes, für Sie nur ein leeres, bedeutungsloses Symbol war; Sie haben nicht eine Stunde nach der Trauungsfeierlichkeit Ihren Gatten verlassen, um ihn nur als Liebhaber Ihrer Nebenbuhlerin wiederzusehen! . . .Ah! Madame! Madame! die abgelaufenen drei Jahre sind drei grausame Jahre, das sage ich Ihnen!«
Die Königin hob ihre kraftlose Hand auf, um die Hand von Andrée zu suchen.
Andrée zog die ihrige zurück.
»Ich, ich hatte nichts versprochen,« sagte sie, »und dies habe ich gehalten; Sie, Madame,« fuhr die junge Frau fort, die sich zur Anklägerin machte, »Sie hatten mir zwei Dinge versprochen.«
»Andrée! Andrée!« rief die Königin.
»Sie hatten mir versprochen, Herrn von Charny nicht wiederzusehen; ein Versprechen, das um so heiliger war, als ich es nicht von Ihnen verlangte.«
»Andrée!«
»Dann hatten Sie mir versprochen, – oh! diesmal schriftlich, – Sie hatten