Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма
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»Oh! Billot! Billot!« murmelte Gilbert, während er aus dem Saale eilte, »wie glücklich bist Du, daß Du Paris verlassen hast!«
Er war über den Grève,Platz, dem Ufer der Seine folgend, gegangen und hatte diesen Spieß, diesen blutigen Kopf und das brüllende Geleite sich über den Pont-Neuf entfernen lassen, als er aus der Hälfte des Quai Pelletier fühlte, daß man seinen Arm berührte.
Er richtete den Kopf auf, gab einen Schrei von sich, wollte stehen bleiben und sprechen: aber der Mann, den er erkannt hatte, schob ihm ein Billet in die Hand, legte einen Finger aus seinen Mund und entfernte sich, gegen den bischöflichen Palast zuschreitend.
Ohne Zweifel wollte dieser Mann das Incognito beobachten; doch eine Dame der Halle, die ihn erkannt hatte, klatschte in die Hände und rief:
»Ah! das ist unser Mütterchen Mirabeau!«
»Es lebe Mirabeau!« riefen sogleich fünfhundert Stimmen; »es lebe der Vertheidiger des Volks! es lebe der patriotische Redner!«
Und der Schweif vom Cortége, der dem Kopfe des unglücklichen François folgte, wandte sich, als er dieses Geschrei hörte, um und bildete eine Escorte für Mirabeau, den nun eine unermeßliche Menge, beständig schreiend, bis zur Thüre des erzbischöflichen Palastes begleitete.
Es war in der That Mirabeau, der aus dem Wege zur Sitzung der Nationalversammlung Gilbert begegnet war und ihm ein Bittet zugestellt hatte, welches er auf dem Comptoir eines Weinhändlers geschrieben, mit der Absicht, es ihm in seiner Wohnung zukommen zu lassen.
XXVII
Der Vortheil, den man aus einem abgeschnittenen Kopfe ziehen kann
Gilbert hatte rasch das Billet gelesen, das ihm Mirabeau zugesteckt, er hatte es langsam ein zweites Mal gelesen und sodann in seine Westentasche geschoben. Hierauf hatte er einen Fiacre gerufen und dem Kutscher Befehl gegeben, ihn in die Tuilerien zu führen.
Bei seiner Ankunft fand er alle Gitter geschlossen und alle Wachen verdoppelt, auf Befehl von Lafayette, der, so bald er erfahren, es finden Unruhen in Paris statt, damit angefangen, daß er aus die Sicherheit des Königs und der Königin bedacht gewesen war, wonach er sich an den Ort, wo, wie man ihm gesagt, die Unruhen stattfanden, begeben hatte.
Gilbert gab sich dem Concierge der Rue de l’Echelle zu erkennen und gelangte in das Innere.
Als ihn Madame Campan, welche von der Königin das Losungswort erhalten hatte, erblickte, ging sie ihm entgegen und führte ihn sogleich ein. Weber war, der Königin gehorchend, zu den Orten zurückgekehrt, wo Neues sich ereignete.
Als sie Gilbert gewahrte, stieß die Königin einen Schrei aus.
Ein Theil des Rockes und des Jabot von Gilbert war in dem Kampfe, den er ausgehalten, um den unglücklichen François zu retten, zerrissen worden, und einige Blutstropfen befleckten seine Hand.
»Madame,« sagte er. »ich bitte Eure Majestät um Verzeihung, daß ich so vor ihr erscheine; aber ich habe sie unwillkürlich schon lange genug warten lassen, und ich wollte sie nicht länger warten lassen.«
»Und der Unglückliche, Herr Gilbert?«
»Er ist todt, Madame, er ist ermordet, in Stücke zerrissen worden . . .«
»Er war doch wenigstens schuldig?«
»Er war unschuldig, Madame.«
»Oh! mein Herr, das sind die Früchte Ihrer Revolution! Nachdem sie die adeligen Herren, die Staatsbeamten, die Garden umgebracht haben, erwürgen sie einander unter sich; es gibt also kein Mittel, Gerechtigkeit an diesen Mördern zu üben?«
»Wir werden bemüht sein, dies zu thun; mehr werth wäre es aber, den Mördern zuvorzukommen, als sie zu bestrafen.«
»Wie soll man denn zu diesem Ziele gelangen? Mein Gott!l der König und ich verlangen ja nichts Anderes.«
»Madame, alle diese unglücklichen Vorfälle rühren von einem großen Mißtrauen des Volkes gegen die Agenten der Macht her: stellen Sie an die Spitze der Regierung Männer, welche das Vertrauen des Volkes haben, und nichts Aehnliches wird mehr vorfallen.«
»Ja, ja. Herrn von Mirabeau, Herrn von Lafayette, nicht wahr?«
»Ich hoffte, die Königin habe mich rufen lassen, um mir zu sagen, sie habe den König dahin gebracht, daß er aufhöre, gegen die von mir vorgeschlagene Combination feindlich gesinnt zu sein.«
»Vor Allem, Doctor, verfallen Sie in einen schweren Irrthum, einen Irrthum, in den übrigens auch Andere als Sie verfallen: Sie glauben, ich habe Einfluß auf den König? Sie glauben, er folge meinen Eingebungen? Sie täuschen sich; wenn Jemand Einfluß aus den König hat, so ist es Madame Elisabeth und nicht ich, und zum Beweise dient, daß er gestern erst einen von meinen Dienern, Herrn von Charny, in einer Mission abgeschickt hat, ohne daß ich weiß, wohin derselbe geht und in welchem Zwecke er abgereist ist.«
»Und dennoch, wenn die Königin ihren Widerwillen gegen Herrn von Mirabeau überwinden wollte, könnte ich ihr dafür stehen, daß der König meinen Wünschen beizutreten bestimmt würde.«
»Sprechen Sie, Herr Gilbert/’ versetzte die Königin lebhaft, »werden Sie mir zufällig sagen, dieser Widerwille sei nicht motivirt?«
»In der Politik, Madame, soll es weder Sympathie, noch Antipathie geben: es soll Verwandtschaften der Principien oder Combinationen der Interessen geben, und ich muß Eurer Majestät zur Schande der Menschen bemerken, daß die Combinationen der Interessen viel sicherer sind, als die Principienverwandtschaften.«
»Doctor, werden Sie mir im Ernste sagen, ich soll mich einem Manne anvertrauen, der den 5. und 6. October gemacht, und mit einem Redner einen Vertrag abschließen, der mich öffentlich auf der Tribune beschimpft hat?«
»Glauben Sie mir, Madame, nicht Herr von Mirabeau hat den 5. und 6. October gemacht; die Hungersnoth, das Elend haben das Werk des Tags begonnen, ein geheimnißvoller, mächtiger, erschrecklicher Arm aber hat das Werk der Nacht gemacht . . .Vielleicht werde ich eines Tags im Stande sein, Sie auf dieser Seite zu vertheidigen und mit der finstern Macht zu kämpfen, welche nicht nur Sie allein, sondern auch alle die anderen gekrönten Häupter, nicht nur den Thron von Frankreich, sondern auch alle Throne der Erde verfolgt. So wahr ich die Ehre habe, mein Leben zu Ihren Füßen und zu denen des Königs zu legen, Madame, eben so wahr ist Herr von Mirabeau nicht betheiligt an jenen gräßlichen Tagen, und er hat in der Nationalversammlung wie die Andern, vielleicht ein wenig früher als die Andern, durch ein Billet, das ihm zugestellt wurde, erfahren, das Volk marschire gegen Versailles.«
»Werden Sie auch das leugnen, was weltkundig ist, ich meine die Beleidigung, die er mir aus der Tribüne angethan hat?«
»Madame, Herr von Mirabeau ist einer von den Männern, die ihren Werth kennen und sich erbittern, wenn, während sie sehen, wozu sie taugen und von welcher Hilfe sie sein können, die Könige halsstarrig sie nicht verwenden; ja, damit Sie die Augen gegen ihn wenden, Madame, wird Herr von Mirabeau jedes Mittel, sogar die Beleidigung gebrauchen; es wird ihm lieber sein, wenn die erhabene Tochter von Maria Theresia, Königin und Frau, einen zornigen Bück aus ihn wirst, als wenn sie ihn gar nicht anschaut.«
»Sie glauben also, Herr Gilbert, dieser Mann würde einwilligen, uns zu gehören?«