Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма
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Wir wollen es Ihnen sogleich sagen.
Es ist ein armer Bäcker Namens Denis François, derselbe, dessen Namen wir schon ausgesprochen, und der die kleinen Brode den Herren von der Nationalversammlung lieferte.
Am Morgen ist eine Frau in sein Magazin in der Rue du Marché-Palu in dem Augenblick eingetreten, wo er sein sechstes Geback8 Brod ausgetheilt hat und das siebente zu bereiten anfängt.
Die alte Frau fordert einen Laib Brod.
»Es ist keiner mehr da,« antwortet François, »aber wartet aus mein siebentes Geback, und Ihr sollt zuerst bedient werden.«
»Ich will sogleich Brod haben,« entgegnet die Frau; »hier ist Geld.«
»Wenn ich Euch sage, daß keines mehr da ist . . .« versetzt der Bäcker.
»Laßt mich sehen.«
»Oh! tretet ein, seht, sucht, das ist mir ganz lieb.«
Die alte Frau tritt ein, sucht, riecht, durchstöbert, öffnet einen Schrank und findet in diesem Schranke drei altbackene Brodlaibe, jeden von vier Pfund, welche die Knechte für sich aufbewahrt hatten.
Sie nimmt einen, geht ab, ohne zu bezahlen, und aus die Reclamation des Bäckers wiegelt sie das Volk auf und schreit, François sei ein Aushungerer, und er verberge die Hälfte von seinem Geback.
Der Rus Aushungerer bezeichnete zu einem beinahe gewissen Tod denjenigen, welcher der Gegenstand desselben war.
Ein ehemaliger Dragoner-Werber, genannt Fleur d’Epine, der in einer Schenke gegenüber trank, tritt aus dieser Schenke und wiederholt mit einer weingrünen Stimme den von der Alten ausgestoßenen Schrei.
Bei diesem doppelten Geschrei läuft das Volk brüllend herbei, erkundigt sich, erfährt, wovon die Rede ist, wiederholt die ausgestoßenen Schreie, stürzt nach der Bude des Bäckers, überwältigt die vier Mann Wache, welche die Polizei vor seine Thüre, wie vor die seiner Zunftgenossen gestellt hatte, verbreitet sich im Magazin, und findet außer den zwei von der Alten zurückgelassenen und denuncirten altgebackenen Laiben Brod zehn Dutzend frische kleine Brode, welche für die Deputirten, die ihre Sitzungen im erzbischöflichen Palaste, das heißt, hundert Schritte von François, halten, reservirt worden waren.
Von da an ist der Unglückliche verurtheilt; es ist nicht mehr eine Stimme, es sind hundert Stimmen, es sind tausend Stimmen, welche schreien: »Auf den Aushungerer!«
Eine ganze Menge brüllt: »An die Laterne!«
In diesem Augenblick wird der Doctor Gilbert, der von einem Besuche bei seinem Sohne zurückkommt, den er wieder zum Abbé Bérardier, ins Collége Louis le Grand, geführt hatte, durch den Lärmen herbeigezogen; er sieht ein ganzes Volk, das den Tod eines Menschen verlangt, und eilt diesem Menschen zu Hilfe.
Hier hatte er mit ein paar Worten von François erfahren, um was es sich handelte; er hatte die Unschuld des Bäckers erkannt und ihn zu vertheidigen gesucht.
Da hatte die Menge zugleich den unglücklichen Bedrohten und seinen Vertheidiger, Beide in dasselbe Anathem hüllend und bereit, Beide mit einem Schlage niederzuschmettern, mitfortgerissen.
In diesem Augenblick war Weber, von der Königin abgesandt, aus den Notre-Dame-Platz gekommen und hatte Gilbert erkannt.
Wir haben gesehen, wie nach dem Abgange von Weber die Officiere vom Districte erschienen und der unglücklichen Bäcker unter Bedeckung nach dem Stadthause geführt wurde.
Angeklagter, Wachen des Districts, gereizter, aufgebrachter Pöbel, Alles drang durch einander in das Stadthaus ein, dessen Platz alsbald gefüllt war mit Arbeitern ohne Arbeit und Hungers sterbenden armen Teufeln, welche immer bereit, sind in alle Meutereien zu mischen und Jedem, der in den Verdacht gerieth, die Ursache der öffentlichen Noth zu sein, einen Theil von dem Elend, das sie erduldeten, zurückzugeben.
Kaum war auch der unglückliche François unter der gähnenden Halle des Stadthauses verschwunden, als das Geschrei sich verdoppelte.
Es schien allen diesen Menschen, man habe ihnen eine Beute, die ihnen gehörte, entführt.
Individuen mit Unheil weissagenden Gesichtern durchfurchten die Menge und flüsterten ihr zu:
»Es ist ein vom Hofe bezahlter Aushungerer, darum will man ihn retten.«
Und die Worte: »Es ist ein Aushungerer! es ist ein Aushungerer!« schlängelten sich durch diesen ausgehungerten Pöbel wie die Lunte eines Feuerwerks, allen Haß entzündend, allen Zorn in Brand steckend.
Zum Unglück war es noch sehr früh am Morgen, und Keiner von den Männern, welche Gewalt über das Volk hatten, – weder Bailly, noch Lafayette, – war da.
Sie wußten es wohl, diejenigen, welche in den Gruppen wiederholten: »Es ist ein Aushungerer! es ist ein Aushungerer!«
Endlich, da man den Angeklagten nicht wieder erscheinen sah, verwandelten sich die Schreie in ein ungeheures Hurrah, die Drohungen in ein allgemeines Gebrülle.
Die Menschen, von denen wir gesprochen, schlüpften unter der Halle durch, krochen längs der Treppen hin und drangen bis in den Saal ein, wo der unglückliche Bäcker war, den Gilbert nach seinen besten Kräften vertheidigte.
Die Nachbarn von François ihrerseits, welche beim Tumulte herbeigelaufen waren, bestätigten, er habe seit dem Anfange der Revolution die größten Beweise von Eifer gegeben; er habe bis zehn Ofen voll jeden Tag gebacken; wenn es seinen Zunftgenossen an Mehl gefehlt, habe er ihnen von dem seinigen gegeben; um sein Publikum rascher zu bedienen, habe er außer seinem Ofen den eines Zuckerbäckers gemiethet, wo er sein Holz trocknen lasse.
Am Ende der Aussagen und Angaben ist erwiesen, daß dieser Mann, statt einer Strafe, eine Belohnung verdient.
Doch auf dem Platze, auf den Treppen, im Saale sogar schreit man fortwährend: »Er ist ein Aushungerer!« und fordert den Tod des Schuldigen.
Plötzlich findet ein unerwarteter Einbruch in den Saal statt: er öffnet die Glieder der Nationalgarde, welche François umgeben, und trennt ihn von seinen Beschützern. Gegen das improvisirte Tribunal zurückgestoßen, sieht Gilbert zwanzig Arme sich erheben. Von ihnen gepackt, zurückgezogen, harpunirt, schreit der Angeklagte um Hilfe, streckt flehend seine Hände aus, aber umsonst., . Vergebens macht Gilbert eine verzweifelte Anstrengung, um ihn zu erreichen; die Oeffnung, durch welche der Unglückliche allmälig verschwindet, schließt sich wieder hinter ihm. Wie ein von einem Wirbel angezogener Schwimmer, hat er einige Secunden, die Hände krampfhaft geballt, die Verzweiflung in den Augen, die Stimme in der Kehle erstickt, gekämpft; dann hat ihn die Woge wieder bedeckt, der Schlund hat ihn verschlungen!
Von diesem Augenblick an ist er verloren.
Oben von den Treppen herabgerollt, hat er aus jeder Stufe eine Wunde erhalten. Unter der Halle ist sein ganzer Leib schon nur eine große Wunde.
Es ist nicht mehr das Leben, um was er bittet, es ist der Tod!
Wo verbarg sich denn der Tod zu jener Zeit, daß er so bereit war, herbeizulaufen, wenn man ihn rief?
In einer Secunde ist der Kopf des unglücklichen François vom Leibe getrennt und erhebt sich aus der Spitze eines Spießes.
Bei dem Geschrei aus der Straße
8
Ofen voll.