Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 - Александр Дюма

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Gott!«

      »Wäre es unbescheiden, Sie zu fragen  . . .«

      »Wie er heißt?«

      Beausire bezeichnete mit dem Kopfe nickend, daß er dies zu wissen wünschte.

      »Es ist immer etwas Ernstes, einen Namen zu nennen, Herr von Beausire, und wahrhaftig, es wäre mir lieber, wenn Sie es erriethen  . . .«

      »Errathen!  . . .Seit vierzehn Tagen suche ich.«

      »Ah! weil Ihnen Niemand hilft.«

      »Helfen Sie mir, Herr Graf.«

      »Sehr gern  . . .Kennen Sie die Geschichte von Oedipus?«

      »Nicht genau, Herr Graf. Ich habe einmal das Stück in der Comödie Française spielen sehen, und gegen das Ende des dritten Aktes hatte ich das Unglück, einzuschlafen.«

      »Teufel! ich wünsche Ihnen immer ein solches Unglück, mein lieber Herr.«

      »Sie sehen aber, daß mir dies heute zum Nachtheil gereicht.«

      »Nun also! mit zwei Worten will ich Ihnen sagen, wer Oedipus war. Ich habe ihn jung am Hose von König Polybos und alt an dem von König Admetes gekannt. Sie können also das, was ich Ihnen sage, besser glauben, als Sie das glauben würden, was Ihnen Aeschylos, Sophokles, Seneca, Voltaire, Corneille oder Herr Ducis, welche möglicher Weise viel von ihm sprechen hörten, aber nicht den Vortheil haben, ihn selbst zu kennen, zu sagen im Stande wären.«

      Beausire machte eine Bewegung, als wollte er Cagliostro um eine Erklärung über seine Behauptung, er habe einen Mann gekannt, der schon vor dreitausend und sechshundert Jahren gestorben, bitten; er dachte jedoch ohne Zweifel, es sei nicht der Mühe werth, den Erzähler wegen einer solchen Kleinigkeit zu unterbrechen, hielt seine Bewegung zurück und setzte sie nur durch ein Zeichen fort, welches besagen wollte: »Sprechen Sie weiter, ich höre.«

      Und in der That, als hätte er nichts bemerkt, fuhr Cagliostro fort:

      »Ich kannte also Oedipus. Man hatte ihm prophezeit, er werde der Mörder seines Vaters und der Gatte seiner Mutter sein. Da er nun Polybos für seinen Vater hielt, so verließ er ihn, ohne etwas zu sagen, und reiste nach Phokis ab. Im Augenblicke seiner Abreise gab ich ihm den Rath, statt der Landstraße von Daulis nach Delphi zu folgen, einen Weg durch das Gebirge, den ich kannte, einzuschlagen; doch er blieb hartnäckig, und da ich ihm nicht sagen konnte, in welcher Absicht ich ihm diesen Rath gab, so blieben alle meine Ermahnungen, um ihn zu bewegen, eine andere Straße zu wählen, vergeblich. Eine Folge dieser Hartnäckigkeit war, daß das geschah, was ich vorhergesehen hatte. Bei der Verzweigung der Straße von Delphi nach Theben begegnete er einem Manne, dem fünf Sklaven folgten; der Mann saß auf einem Wagen und der Wagen versperrte den ganzen Weg; Alles wäre zu fügen gewesen, hätte der Mann auf dem Wagen eingewilligt, ein wenig links zu fahren, und Oedipus, ein wenig rechts abzubiegen; aber Jeder wollte die Mitte der Straße behaupten. Der Mann aus dem Wagen war cholerischen Temperaments, Oedipus war von einer wenig geduldigen Natur. Die fünf Sklaven warfen sich einer nach dem andern vor ihren Herrn, und einer nach dem andern fiel; dann, nach ihnen, fiel ihr Herr ebenfalls. Oedipus schritt über sechs Leichname hinweg, und unter diesen Leichnamen war der seines Vaters.«

      »Teufel!« rief Beausire.

      »Dann zog er weiter seines Wegs gen Theben. Auf dem Wege nach Theben erhob sich aber der Berg Phikion, und an einem Fußpfade, welcher noch schmaler als der, wo Oedipus seinen Vater tödtete, hatte ein seltsames Thier seine Höhle. Dieses Thier besaß die Flügel eines Adlers, den Kopf und die Brüste einer Frau, den Leib und die Klauen eines Löwen.«

      »Ho! Ho!« machte Beausire; »glauben Sie, Herr Graf, es gebe solche Ungeheuer?«

      »Ich vermöchte es nicht zu behaupten, lieber Herr von Beausire,« erwiederte Cagliostro ernst, »in Betracht, daß, als ich mich aus demselben Wege tausend Jahre später, zur Zeit von Epaminondas, nach Theben begab, der Sphinx todt war. Zur Zeit von Oedipus aber lebte er, und es war eine von seinen Manien, sich an der Landstraße aufzuhalten, den Reisenden ein Räthsel aufzugeben und sie zu fressen, wenn sie es nicht lösen konnten. Da nun die Sache über drei Jahrhunderte dauerte, so wurden die Vorübergehenden immer seltener, und der Sphinx hatte sehr lange Zähne. Als er Oedipus erblickte, legte er sich mitten aus die Straße, hob die Pfote auf, bedeutete dem jungen Manne durch ein Zeichen, er möge stille stehen, und sagte: »»Reisender, ich bin der Sphinx.«« »»Nun?«« fragte Oedipus. »»Das Schicksal hat mich auf die Erde geschickt, um den Sterblichen ein Räthsel aufzugeben; errathen sie es nicht, so gehören sie mir; errathen sie es, so gehöre ich dem Tode, und ich stürze mich von selbst in den Abgrund, in welchen ich bis jetzt alle diejenige, welche das Unglück hatten, mich auf ihrem Wege zu finden, gestürzt habe.«« Oedipus warf einen Blick in die Tiefe des Abgrunds und sah ihn weiß von Knochen. »»Es ist gut,«« sagte der junge Mann, »»wie lautet das Räthsel?«« »»Höre,«« sprach der Vogel-Löwe: »»Welches ist das Thier, das auf vier Pfoten am Morgen, aus zwei am Mittag und aus drei am Abend geht?«« Oedipus dachte einen Augenblick nach; dann antwortete er mit einem Lächeln, das den Sphinx ungemein beunruhigte: »»Und wenn ich errathe, wirst du dich von selbst in den Abgrund stürzen?«« »»Das ist das Gesetz,«« antwortete der Sphinx, »»Nun,«« sprach Oedipus, »»dieses Thier ist der Mensch.««

      »Wie, der Mensch!« rief Beausire, welcher an dem Gespräche ein Interesse nahm, als hätte es sich um eine gleichzeitige Begebenheit gehandelt.

      »Ja, der Mensch! der Mensch, der in der Kindheit, d. h. am Morgen seines Lebens, auf seinen Füßen und seinen Händen geht; der in seinem reiferen Alter, d. h. am Mittag, aus seinen zwei Füßen geht und sich am Abend, d. h. in seinem Alter, aus einen Stab stützt.«

      »Ah!« rief Beausire, »das ist bei Gott wahr! Der Sphinx ist angeführt.«

      »Ja, mein lieber Herr von Beausire, so sehr angeführt, daß er sich köpflings in den Abgrund stürzte und, da er so redlich war, sich nicht seiner Flügel zu bedienen, das Sie wahrscheinlich sehr einfältig von ihm finden werden, den Schädel auf den Felsen zerschmetterte. Was Oedipus betrifft, so setzte er seine Wanderung fort, kam nach Theben, traf Jokaste als Witwe, heirathete sie und erfüllte so die Prophezeiung des Orakels, welches gesagt hatte, er werde seinen Vater tödten und seine Mutter heirathen.«

      »Aber, Herr Graf,« versetzte Beausire, »welche Aehnlichkeit sehen Sie zwischen der Geschichte von Oedipus und der des Verlarvten?«

      »Oh! eine große. Warten Sie, Vor Allem haben Sie seinen Namen zu wissen gewünscht.«

      »Ja.«

      »Und ich, ich habe gesagt, ich wolle Ihnen ein Räthsel aufgeben; ich bin allerdings eine bessere Haut, als der Sphinx, und werde Sie nicht verschlingen, wenn Sie das Unglück haben, es nicht zu errathen. Aufgepaßt, ich erhebe die Pfote: Welcher vornehme Herr des Hofes ist der Enkel seines Vaters, der Bruder seiner Mutter und der Oheim seiner Schwester?«

      »Ah! Teufel!« murmelte Beausire, der in eine Träumerei versank, welche nicht minder tief war, als die von Oedipus.

      »Suchen Sie, mein lieber Herr,« sagte Cagliostro.

      »Helfen Sie mir ein wenig, Herr Graf.«

      »Gern . . .Ich habe Sie gefragt, ob Sie die Geschichte von Oedipus kennen.«

      »Sie haben mir diese Ehre erwiesen.«

      »Wir wollen nun von der heidnischen Geschichte zur heiligen übergehen. Kennen Sie die Anekdote von Loth?«

      »Mit

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