Die Mohicaner von Paris. Александр Дюма
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Mohicaner von Paris - Александр Дюма страница 61
Man denke sich, in der That, eine Art von Halle in ihrer Länge und ihrer Breite getheilt durch zwei kreuzweise Balken, deren Bestimmung es war, das Dachwerk dieses Speichers zu tragen, aus dem man eine Stube gemacht hatte; eine Decke, bestehend aus Latten die als Unterlage den Ziegeln des Dachstuhles dienten, und durch deren Zwischenräume man den ersten Schimmer des Tages erschauen konnte; an gewissen Stellen so bedrohliche Ausbauchungen des Daches, daß es außer Zweifel war, die Bedeckung werde beim ersten Sturmwinde einstürzen! Man stelle sich graue, feuchte Gypswände vor, an denen einsame Spinnen, mit Verachtung Völkerschaften von Insecten aller Art anschauend, hinliefen, – und man wird den Eindruck des Ekels begreifen, der jeden Menschen ergriffen hätte, welcher an einen solchen Orts unter der Macht eines Gefühles, das minder gebieterisch als das, welches Justin dahin zog, gerufen morden wäre.
Ein Dutzend Hunde, Doggen, Dachshunde, Pudel, falsche Dänen, regten sich in einer der Ecken der Stube, alle aufgehäuft in einem alten, aus Weiden geflochtenen Korbe, wo bequem höchstens vier bis fünf Platz gehabt hätten.
Auf dem Winkel, den die zwei Balken bildeten, hockte eine Krähe, welche mit den Flügeln schlug, ohne Zweifel als eine Kundgebung ihrer Freude während des Hundeconcerts.
Auf einem Schemel sitzend, an den Fuß des Balkens angelehnt, der einem Pfeiler ähnlich, dieses ganze wankende Gebäude stützte, umgehen von einer Art von Böschung von Lumpen von allen Stoffen und allen Farben, welche drei hie vier Fuß hoch an der Mauer aufstieg, hielt eine Frau von fünfzig Jahren dem Anscheine nach, groß, mager, knochig, abgemergelt wie ein Cabrioletpferd, zwischen ihren Beinen knieend ein junges Mädchen, dessen lange Haare sie mit einer Sorgfalt kämmte, welche bei der alten Zigeunerin entweder eine große Liebe für das Mädchen, oder einen großen Respekt für die Schönheit seiner Haare bezeichnete.
Diese Scene, der es nicht auf Pittoreskem gebrach, besondere wegen des typischen Gegensatzes der Personen, aus denen sie bestand, war beleuchtet durch eine auf einem umgekehrten Korbe stehende Lampe von Steingut, die ihrer Form nach viel Aehnlichkeit mit jenen bei den Ausgrabungen in Herculanum oder Pompeji aufgefundenen Lampen hatte.
–Die alte Frau, – ohne Zweifel diejenige., welche Babolin unter dem Namen Brocante bezeichnet hatte, – war bekleidet mit braunen Fetzen, rechte und links aufgelesenen Stoffen, welche an einander genäht, wie die Karte eines Schneiders, ein Muster von allen Nuancen vom Braun zu bieten bestimmt schienen.
Die zwischen ihren Beinen knieende Kleine hatte als ganzes Costume nur ein langen Hemd von roher Leinwand, dem ähnlich, mit welchem Scheffer Mignon bekleidet; dieses Hemd nahm die Form einer Blouse an, umschlossen, wie es war, an den Hüften von einer Art von grau und kirschroten baumwollenen Schnur, an deren Enden zwei große Eicheln ähnlich denen hingen, welche an den Vorhanghaltern dienen; der Hals und die Brust des Kindes waren verborgen unter einer ganz zerrissenen, kirschroten wollenen Echarpe, welche mit der dunklere Nuance der Schnur harmonierte, so weit die Wolle mir der Baumwolle harmonieren kann.
Ihre gekreuzten Füße, auf denen sie gekauert ruhte, waren nackt.
Es waren reizende Füße, ein Paar Füße einer Prinzessin, einer Andalusierin, oder einer Zigeunerin.
Was ihr Gesicht betrifft, das sie der Thüre in dem Augenblick zuwandte, wo sich dieselbe öffnete, um Babolin und dem Schulmeister Eingang zu gewähren, – ihr Gesicht hatte jene krankhafte Blässe der armen verschmachtenden Blumen unserer Vorstädte; ihre Züge waren von einer bewunderungswürdigen Regelmäßigkeit und Reinheit; doch die abgemagerten Umrisse dieses leidenden Gesichtes trübten die Bewunderung. Die mit einem blauen Kreise umgebenen Augen, die Tiefe der Augenhöhlen, die unruhigen Blicke, die Halbflächen der eingefallenen Backen, der wie eine Erinnerung des Hungers oder der Angst halb geöffnete Mund, die ernste Stirne, die sanfte harmonische Stimme, die spärlichen Worte, die sie hören ließ, Alles trug dazu bei, ihrem Anblick etwas Seltsames, Fantastisches zu verleihen, was unsern Freund Petrus, hätte er sich diesem reizenden Modell gegenüber befunden, an die Idee, die er sich von Medea als Kind oder von Circe als Jungfrau gemacht, gemahnt hätte.
Es fehlte ihr nichts als ein goldener Stab und der Rahmen der Berge Thessaliens oder der Abruzzen, um eine Magierin zu sein; es fehlte ihr nichts als eine Tunica mit purpurrothen Blumen, als Perlen um die Arme und in den Haaren, um eine Zauberin zu sein; fehlte ihr nichts als ein Kranz von Seerosen und ein Wagen von Perlmuttter, von Tauben gezogen, um eine Fee zu sein.
Im Uebrigen, und um zu der unseligen Wirklichkeit zurückzukehren, war es – abgesehen von der Poesie und einer seltsamen Reinlichkeit unter all diesem Elend – die Verkörperung der Pariserin dieser traurigen Vorstädte; der Mangel von Luft, der Mangel an Sonne, der Mangel an Nahrung, die Abwesenheit dieser drei Lebenselemente war in unauslöschbaren Charakteren auf dem ganzen gebrechlichen Leibe der armen Creatur sichtbar.
Sagen wir sogleich, auf die Gefahr, die Handlung unseres Dramas, von dem übrigens die Geschichte von Justin und Mina nur eine Episode ist, zu hemmen, sagen wir sogleich, was man von diesem Geheimnisvollen, poetischen Kinde wußte.
Wir werden Babolin und den Schulmeister auf der Thürschwelle, wo wir sie lassen, wiederfinden.
XXXI
Rose-de-Noël
Eines Abends, – das war am 20. August ungefähr um neun Uhr, – kam die Brocante mit einem Karren, den Justin im Hofe hätte sehen können, und mit einem Esel, den er hätte können in einem Stalle schreien hören, – die Brocante kam, sagen wir, von einem Verkaufe einer Last Lumpen in der Papierfabrik in Essonne zurück, da sah sie am Rande der Straße, als käme sie aus dem Graben hervor, die Silhouette eines Kindes sich erheben, das mit offenen Armen, mit bleicher Stirne, die Brust keuchend, den ganzen Leid schauernd, und mit allen Zeichen des tiefsten Schreckens auf sie zustürzte und schrie:
»Zu Hilfe! zu Hilfe! zu Hilfe!«
Die Brocante gehörte zu jener Rare von Zigeunerinnen, die den seltsamen Instinkt hat, die Kinder zu entführen, wie die Raubvögel die Lerchen und die Tauben entführen; sie hielt ihren Esel an, sprang von ihrem Karten herab, nahm die Kleine in ihre Arme, stieg wieder mit ihr auf und peitschte ihren Esel.
Und wir müssen sagen, indem sie diese Handlung vollbrachte, hatte sie viel mehr das Ansehen einer Wölfin, die ein Lamm fortschleppt, als einer Frau, die ein Kind rettet.
Schnell wie der Gedanke, war dieses Ereigniß fünf Meilen von Paris zwischen Juvisy und Fromenteau vorgefallen.
Die Kleine kam von der linken Seite der Straße.
Ganz nur beschäftigt, sich rasch zu entfernen, dachte die Brocante erst nachdem sie ungefähr eine Viertelmeile im Trabe ihres Esels gemacht, daran, das Kind zu untersuchen.
Die Kleine war baarköpfig, ihre langen Haare, deren Flechten sich entweder bei dem Laufe, den sie gemacht, oder in dem Kampfe, den sie ausgehalten, aufgelöst hatten, hingen hinten ihr herab; ihre Stirne rieselte von Schweiß; ihre Füße zeugten von einem langen Laufe querfeldein, und ihr weißes Kleid war ganz durchfurcht von einer Blutrinne, die aus einer zum Glücke nicht sehr tiefen Wunde kam, welche mit einem spitzigen oder schneidenden Instrumente gemacht oder vielmehr versucht worden zu sein schien.
Einmal im Karren, war die Kleine, welche höchstens fünf bis sechs Jahre alt zu sein schien, – den Umstand benützend, daß die Brocante beide Hände brauchte, um ihren Esel zu führen und zu peitschen, – wie eine Natter vom Schooße der alten Frau auf den Boden des Karrens geschlüpft und hatte sich in die entfernteste Ecke geflüchtet, von wo sie alle Fragen nur mit den Worten erwiderte: