Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman - Viola Maybach страница 39
Sie saßen wieder einmal in der Küche des alten Bauernhauses – Lorenz hatte darauf bestanden, ein einfaches Essen für sie beide zuzubereiten, das sie bereits zu sich genommen hatten. »Ist es Ihnen nicht manchmal zu einsam, Herr Karl – ganz allein auf Ihrem Hof?«
»Dafür habe ich gelegentlich Feriengäste – und während der Woche habe ich ja Hilfe hier. Nein, ich komme gut allein zurecht, das war schon früher so.«
»Ich bin lieber mit Menschen zusammen, die mir nahestehen. Für mich sind Sie ein Glücksfall, wissen Sie das? Wenn Sie nicht gewesen wären in den letzten Tagen – ich weiß gar nicht, was ich dann gemacht hätte.«
»Sie hätten das schon gepackt«, brummte der Bauer. »Ich habe noch eine gute Nachricht für Sie. Zumindest denke ich, dass es eine gute Nachricht ist.«
»Ja?«, fragte Lorenz gespannt.
»Ihre Braut ist verschwunden.«
Lorenz’ Augen weiteten sich. »Verschwunden? Und wieso soll das eine gute Nachricht sein?« Er wirkte höchst beunruhigt. »Woher wissen Sie das überhaupt?«
Gemütlich stellte Friedhelm Karl zwei weitere Bierflaschen auf den Tisch. »Sie ist seit gestern unauffindbar für die Reporter – und wohl auch für diesen Mann, mit dem sie in einem Restaurant fotografiert wurde und den Sie für einen Verbrecher halten. Jedenfalls ist sie nicht bei ihm. Habe ich in der Abendzeitung gelesen.«
»Ich weiß immer noch nicht, wo die gute Nachricht sein soll«, murmelte Lorenz.
»Sie hat sich abgesetzt, schätze ich, und da sie offenbar weiß, was sie will, halte ich das für ein gutes Zeichen. Vielleicht stellt sie von sich aus ein paar Nachforschungen an.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich mir das wünschen soll, Herr Karl. Dieser Kerl hat mich in der Hand.«
»Wenn er ein Verbrecher ist, wie Sie neulich gesagt haben, dann können wir uns nur wünschen, dass es gelingt, ihm seine Verbrechen nachzuweisen. Und wenn er erst einmal verurteilt ist, kann er auch Ihnen und Ihrer Braut nicht mehr gefährlich werden.«
»Ganz so einfach ist das leider nicht«, sagte Lorenz. »Es geht nämlich weniger um uns beide – wir sind da nur hineingeraten, weil Herr von Angern Lara haben wollte …« Er brach erschrocken ab. »Reden wir über etwas anderes.«
Doch dieses Mal reagierte Friedhelm Karl mit unerwartetem Widerstand. »Nein!«, sagte er entschieden. »Im Gegenteil, erzählen Sie mir endlich Ihre Geschichte, Herr zu Hirtenberg. Sie brauchen Hilfe, und die kann nur von jemandem kommen, der nichts mit der ganzen Sache zu tun hat. Ich kann schweigen wie ein Grab, wenn es nötig ist, aber Sie müssen endlich reden – und zwar hier und jetzt.«
Etwas Seltsames geschah mit Lorenz: Seine tief sitzende Anspannung löste sich, und er begriff mit einem Schlag, dass der alte Bauer Recht hatte. Er musste reden, hier und jetzt, und genau das tat er auch.
*
»Was habt ihr beiden nur?«, wunderte sich die Baronin, der es während des Abendessens auffiel, wie nervös Anna und Christian auf ihren Stühlen herumrutschten.
»Kleine Kinder können eben nicht lange stillsitzen«, spottete Konrad, hatte aber mit seiner Provokation keinen Erfolg. Anna reagierte nicht einmal.
»Es geht um Lara«, platzte der kleine Fürst heraus.
»Um mich?«, fragte Lara verwundert. »Ich mache euch nervös? Das tut mir aber wirklich leid, es lag nicht in meiner Absicht.«
»Du machst uns nicht nervös, aber wir haben vorhin mit Uli
über …, na ja, über deine Geschichte gesprochen, und …«
»Chris!«, sagte die Baronin streng. »Ihr wollt uns doch hoffentlich nicht die Stimmung verderben? Was ist denn nur in euch gefahren?«
»Lass nur, Sofia«, warf Lara rasch ein, »ich habe gar nichts dagegen, über ›meine Geschichte‹ zu reden – wenn ihr meint, dass wir gemeinsam vielleicht etwas herausfinden könnten, das Licht ins Dunkel bringt.«
Anna und Christian strahlten. Ulrich, den sie mit ihrem Vorstoß in Verlegenheit gebracht hatten, weil auch er der Ansicht gewesen war, es sei besser, einen geeigneten Zeitpunkt abzuwarten, um das geplante Gespräch dann unter vier Augen zu führen, spürte nun plötzlich lauter fragende Blicke auf sich, was seine Verlegenheit noch steigerte. »Warum guckt ihr jetzt alle mich an?«, rief er in komischer Verzweiflung.
»Frag sie, Uli!«, drängte Anna. »Lara hat gesagt, sie hat nichts dagegen!«
»Was wollen Sie denn wissen?«, fragte Lara, um dem Hin und Her ein Ende zu bereiten.
»Sie haben Anna und Chris erzählt, dass Sie Michael von Angerns Auftauchen bei Ihrer Hochzeit nicht für einen Zufall halten.«
»Das stimmt«, gab Lara zu. »Erst ist er in der Kirche aufgetaucht, wie mir erzählt wurde, dann fährt er angeblich mein Auto an. Ich habe den Kratzer überprüfen lassen – er hat das Auto nicht angefahren, wie zunächst behauptet, sondern der Kratzer stammt eindeutig von einem Schlüssel. Das hatte ich schon vermutet. Er hat also einen Vorwand gebraucht, um mich anzusprechen. Das hat er dann übrigens auch zugegeben, aber ich wollte ganz sicher sein, deshalb die Überprüfung.«
»Interessant!«, stellte Ulrich fest.
Sofia, Friedrich und Konrad folgten dem Gespräch mit wachsender Verwunderung – noch konnten sie sich nicht vorstellen, worauf es hinauslaufen sollte. Nur Lucie widmete sich weiter inbrünstig dem köstlichen Essen. Sie kannte Laras Überlegungen natürlich, schließlich hatte sie stundenlang selbst Theorien zu den Hintergründen von Lorenz’ »Nein« aufgestellt und wieder verworfen.
»Ja, nicht wahr? Und er scheint keinerlei Zweifel daran zu haben, dass ich seinem Werben nachgebe. Er muss etwas gegen Lorenz in der Hand haben – und damit hat er ihn unter Druck gesetzt. Das jedenfalls denke ich, nachdem ich länger darüber nachgedacht habe. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Schlüssel für Lorenz’ Verhalten bei Herrn von Angern zu suchen ist.«
»Aber Lara!«, rief die Baronin. »Das höre ich ja jetzt zum ersten Mal!«
Lara lächelte entschuldigend. »Ich hätte noch mit euch darüber gesprochen, aber ich wollte zuerst Klarheit in meinen Gedanken schaffen. Zuerst herrschte da nämlich nur Durcheinander, aber Lucie und ich haben jetzt so oft und so lange darüber geredet, dass sich dieses Durcheinander allmählich lichtet. Also, wir denken beide, dass Herr von Angern seine Hände im Spiel hat. Nicht, Lucie?«
Lucie nickte nachdrücklich.
»Angern«, korrigierte Ulrich. »Den Adelstitel hat er sich selbst verliehen. Ich stimme Ihnen in allem, was Sie gesagt haben, zu, Frau von Kessel. Leider fehlt uns jeglicher Beweis.«
»Wir haben eine Idee«, warf der kleine Fürst zaghaft ein.
Ulrich sah ihn erstaunt an. »Wann ist euch die denn gekommen? Vorhin waren wir doch alle drei noch ziemlich ratlos.«
»Ja, aber wir haben doch überlegt, ob dieser Mann vielleicht nichts gegen Lorenz in der Hand hat, sondern gegen seine Eltern …«
»Gegen seine Eltern?«, rief Lara. »Aber das ist doch …« Sie brach ab. »Gegen seine