Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman. Viola Maybach

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Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman - Viola Maybach Der kleine Fürst

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Fragen zu beantworten. Jedenfalls sehe ich jetzt etwas klarer. Wir müssen uns also nicht verbiegen, um nur ja nichts Falsches zu sagen – richtig?«

      »Richtig!«, bestätigte sie mit fester Stimme.

      Eberhard Hagedorn öffnete das Hauptportal und empfing sie mit der Ankündigung, dass in wenigen Minuten Tee und Gebäck auf der Terrasse serviert würden.

      *

      »Ich bin jetzt gleich in Sternberg, Herr Wolle«, sagte Ulrich von Wandel. Er war dankbar für die Freisprechanlage in seinem Wagen, sonst hätte er jetzt nicht telefonieren können. »Sollte es etwas Wichtiges geben, rufen Sie mich jederzeit an. Falls nicht, gönnen Sie mir bitte ein freies Wochenende, ja?«

      »Klar, Chef«, erwiderte Andreas Wolle mit einem Unterton von Neid in der Stimme. »Sie haben es wirklich gut …«

      »Bitte, keine Klagen, Herr Wolle, ja? Seit Monaten habe ich jedes Wochenende gearbeitet, nun gönnen Sie mir auch mal ein paar freie Tage. Wir sehen uns am Montag im Büro!« Energisch beendete Ulrich das Gespräch und konzentrierte sich wieder aufs Fahren. Den ersten Blick auf Schloss Sternberg hatte

      er schon genossen: Elegant thronte es auf seiner Anhöhe, im leichten Gegenlicht einem Schattenriss äh-nelnd. Sobald er die Straße erreichte, die sich die Anhöhe hinaufschlängelte, verschwand das Schloss aus seinem Blickfeld.

      Er ließ sich Zeit. Auf die vor ihm liegenden Tage freute er sich sehr, denn was er zuvor gesagt hatte, traf tatsächlich zu: Er hatte seit Monaten kein freies Wochenende mehr gehabt, seine Überstundenliste war ellenlang. Aber so war das wohl, wenn man mit seiner Arbeit verheiratet war.

      Er hatte den Hügel erklommen, die lange Auffahrt zum Schloss begann. Als er den Wald verließ, ragte es vor ihm auf. Unwillkürlich verlangsamte er die Fahrt wieder, um die Schönheit des Gebäudes auf sich wirken zu lassen. Seine Vorfreude wuchs. Gleich darauf stellte er den Wagen auf dem Vorplatz ab und stieg aus.

      »Hallo!«, rief eine helle Stimme hinter ihm. »Sie müssen der Kriminalrat sein.«

      Verwundert drehte er sich um und erblickte eine bemerkenswert hübsche dunkelhaarige junge Frau, deren blaue Augen ihn vergnügt anstrahlten.

      »Ja, ich bin Ulrich von Wandel«, bestätigte er. »Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«

      Sie kam mit leichten, beschwingten Schritten auf ihn zu und reichte ihm die Hand. Ihre Natürlichkeit bezauberte ihn, und zum ersten Mal seit langer Zeit bedauerte er, dass er die zwei, drei Kilos, die er zu viel hatte, noch immer nicht losgeworden war. Außerdem sah er bleich und übernächtigt aus, mit dunklen Ringen unter den Augen, während diese schöne bezaubernde Frau …

      »Lucie von Drewitz«, beantwortete sie seine Frage. »Ich bin mit meiner Freundin Lara hier – Lara von Kessel.«

      »Ach«, murmelte Ulrich, der bei diesem Namen sofort hellhörig geworden war, das jedoch gut zu verbergen verstand. »Ich wusste gar nicht, dass noch mehr Gäste erwartet werden.«

      »Und jetzt möchten Sie am liebsten gleich wieder abreisen?«, fragte Lucie mit spitzbübischem Lächeln.

      »Aber nein, im Gegenteil!«, versicherte er. »Ich bin entzückt, das dürfen Sie mir glauben.«

      »Na, ich weiß nicht«, bemerkte Lucie zweifelnd, aber er bemerkte das vergnügte Blitzen ihrer Augen. »Sie sehen jedenfalls nicht so aus.«

      »Das liegt dann aber nur daran, dass ich müde und überarbeitet bin«, erklärte Ulrich.

      »Und in der Sonne waren Sie in diesem Jahr auch noch nicht«, stellte Lucie fest.

      »Stimmt, auch dazu hat mir die Zeit gefehlt.«

      »Reiten Sie?«

      »Leidenschaftlich gern. Und Sie?«

      Sie lachte. »Leidenschaftlich gern.«

      »Dann sind wir also hiermit zu einem Ausritt verabredet?«

      »Je eher, desto lieber.«

      Er wurde ernst. »Sagen Sie, Ihre Freundin Lara – ich meine, ich weiß natürlich, was passiert ist, die Geschichte stand ja in allen Zeitungen, man konnte ihr gar nicht ausweichen. Sie ist vermutlich am Boden zerstört, so dass wir sehr vorsichtig mit ihr umgehen müssen?«

      Zu seiner Verwunderung schüttelte Lucie lebhaft den Kopf. »Nein, überhaupt nicht. Benehmen Sie sich einfach normal, das ist am besten.«

      »Aber wie ist das denn möglich? Immerhin hat sie gerade eine Erfahrung machen müssen, die wohl für jeden Menschen einem Albtraum gleichkommt.«

      »Das stimmt, aber sie zweifelt nicht an Lorenz’ Liebe. Sie meint, dass etwas anderes dahinterstecken muss, und sie denkt, sie wird es irgendwie herausfinden.«

      Ulrich dachte an das Foto von Lara von Kessel und Michael von Angern, das er morgens in der Zeitung gesehen hatte, und er wusste bereits jetzt, dass aus dem völlig freien Wochenende, an dem die Arbeit einmal überhaupt keine Rolle spielte, nichts werden würde. Aber so lange ihm dennoch ausreichend Zeit blieb, Lucie von Drewitz näher kennenzulernen, war das vielleicht nicht so schlimm …

      Eberhard Hagedorn erschien, um ihn willkommen zu heißen, und damit war sein Gespräch mit Lucie erst einmal beendet. Er bedauerte das, aber das Wochenende war ja noch lang – es würde reichlich Gelegenheit zu weiteren Gesprächen geben. Und dann waren sie ja auch noch zu einem Ausritt verabre-

      det …

      *

      »Was soll das heißen: Sie ist weg?«, schrie Michael von Angern.

      Sein Assistent zog unwillkürlich den Kopf ein. »Sie ist nicht in ihrer Wohnung, Boss. Und in ihrer Firma hat sie jetzt doch Urlaub genommen …«

      »Und wohin ist sie gefahren?«, herrschte Michael von Angern den bereits vor Angst schlotternden Mann an.

      »Das weiß niemand, sie hat es offenbar keinem gesagt.«

      »Dann findet es heraus, verdammt noch mal. Sie kann sich ja schließlich nicht in Luft aufgelöst haben! Wieso fährt sie überhaupt weg – jetzt, wo wir uns gerade näherkommen?« Wie ein gefangenes Raubtier lief Michael von Angern durch sein riesiges Büro: von einer Wand zu anderen, dann wieder zurück.

      »Es könnte ja sein«, hob sein Assistent zaghaft an, »dass sie nur kurz weg ist, übers Wochenende. Dann wäre es doch normal, dass sie das nicht erwähnt hat, oder?«

      Er wartete mit angehaltenem Atem auf eine Reaktion, die auch nicht lange auf sich warten ließ. Offenbar hatte er die richtigen Worte gefunden, denn sein Chef blieb wie angewurzelt stehen, starrte ihn an und rief schließlich: »Warum sagen Sie das nicht gleich?«

      »Ich war nicht sicher«, erklärte der Assistent.

      »Aber so muss es sein. Wir kennen uns ja noch nicht so gut, dass sie mich in all ihre Pläne einweiht. Natürlich wird sie am Sonntag zurück sein …« Er wandte sich ab, stellte sich ans Fenster und blickte eine Weile auf die unter ihm liegende Straße. »Schicken Sie ihr am Sonntag einen Rosenstrauß – rote Rosen. Blutrote Rosen.«

      »In Ordnung, wird gemacht.« Verstohlen

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