Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman. Viola Maybach

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Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman - Viola Maybach Der kleine Fürst

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mühsam unterdrückten Seufzer der Erleichterung befolgte der Assistent diese Aufforderung.

      Das war gerade noch einmal gut gegangen. Aber er wusste schon jetzt, was ihm blühte, wenn seine Vermutung sich am Sonntagabend als falsch erwiesen hatte. Sollte Lara von Kessel dann nicht in ihre Wohnung zurückkehren, konnte er sich vermutlich einen neuen Job suchen – falls jemand bereit war, ihm einen zu geben. Wer bei Mi-chael von Angern rausflog, so hieß es hinter vorgehaltener Hand, mit dem wollte niemand mehr zusammenarbeiten.

      Aber vielleicht hatte er ja Glück, und es kam gar nicht so weit.

      *

      »Was ist das für ein Kerl?«, fragte Friedhelm Karl und tippte mit seinem schwieligen Zeigefinger auf das Bild von Lara und Michael von Angern.

      Lorenz’ Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Ein Verbrecher, Herr Karl.«

      Der alte Bauer kniff die Augen zusammen. »Ein Verbrecher?«, wiederholte er in seiner bedächtigen Art.

      »Ja«, bestätigte Lorenz mit harter Stimme.

      »Hat er etwas mit Ihrem Verhalten in der Kirche zu tun?«

      »Ja. Fragen Sie mich bitte nicht weiter, ich habe versprechen müssen, über diesen Vorfall Stillschweigen zu bewahren. Tue ich das nicht, kommt jemand zu Schaden.«

      Friedhelm Karl dachte eine Weile über diese Worte nach. »So aber auch«, sagte er dann.

      »Was meinen Sie damit?«

      »Wenn Sie Stillschweigen bewahren, kommt auch jemand zu Schaden – mindestens zwei Menschen, wenn nicht noch mehr, würde ich mal sagen.«

      »Wen meinen Sie?«

      »Ihre Braut und Sie selbst meine ich. Sie sind unglücklich, Ihre Braut ist es sicher auch. Ist es das wert?«

      »Diese Frage stellt sich nicht, Herr Karl. Ich konnte nicht anders handeln.«

      »Ich glaube, heute brauchen wir einen Schnaps zum Bier«, brummte der alte Bauer, stemmte sich mühsam in die Höhe und ging zu einem alten Eichenschrank, hinter dessen Glastüren er seinen ›Selbstgebrannten‹ aufbewahrte. »Mirabelle«, sagte er, als er an den Tisch zurückkehrte. »So was Gutes kriegen Sie nirgends zu kaufen.«

      Er hatte nicht übertrieben, stellte Lorenz fest, als ihm die klare Flüssigkeit sanft die Kehle hinunterlief. Nachdem sie jeder ein Glas getrunken hatten, stellte Friedhelm Karl die Flasche zurück in den Schrank. Er trank abends sein Bier, manchmal auch zwei, und nur zu besonderen Gelegenheiten seinen Selbstgebrannten – mehr nicht. Lorenz hatte bereits festgestellt, dass er ein sehr genügsamer Mann war.

      »Man kann immer anders handeln«, sagte er nun in die entstandene Stille hinein. »Wenn dieser Mann ein Verbrecher ist, wie Sie sagen, und wenn er sich jetzt an Ihre Braut heranmacht, dann können Sie nicht einfach tatenlos zusehen, Herr zu Hirtenberg.«

      »Sie wird nicht auf ihn hereinfallen«, erklärte Lorenz. »Allerdings weiß ich nicht, was passiert, wenn er nicht bekommt, was er haben will.« Er stand auf. »Ich sollte mit Ihnen nicht über diese Geschichte reden – es kann sein, dass Sie sonst auch noch Schwierigkeiten bekommen, Herr Karl.«

      »So schnell geht das bei mir nicht«, erwiderte der Alte gemütlich. »Setzen Sie sich wieder hin, wenn Sie drüben in Ihrer Wohnung sind, grübeln Sie ja doch nur. Da können Sie sich besser mit mir unterhalten. Wenn Sie wollen, reden wir über etwas anderes.«

      Lorenz setzte sich tatsächlich wieder, denn Friedhelm Karl hatte Recht: In dieser Küche hielt er sich bedeutend lieber auf als in der kleinen, gemieteten Wohnung, wo er sich nicht selten vorkam wie ein Gefangener, obwohl er sich frei bewegen und sie jederzeit verlassen konnte.

      Aber was nützte alle Freiheit, wenn der einzige Ort, an dem man sein wollte, unerreichbar war?

      *

      »Mir ist jetzt erst klar geworden, was ich angerichtet habe, Maria«, sagte Moritz zu Hirtenberg. »Wenn ich nur wüsste, wo Lorenz ist, damit ich ihm sagen könnte, wie leid mir alles tut. Wenn er sich wenigstens einmal bei uns melden wür-

      de …«

      »Das wird er nicht tun«, erwiderte seine Frau. »Und du weißt, warum, Moritz.«

      »Ja«, bestätigte er mit grauem Gesicht. »Ich weiß, warum. Ich muss das wieder in Ordnung bringen, diese ganze vertrackte Geschichte.«

      Sie nickte nur, wartete darauf, dass er weitersprach.

      »Gestern habe ich mit dem Arzt gesprochen. Weißt du, was er mir geraten hat?«

      »Nein. Was denn?«

      »Dass ich zur Polizei gehe. Aber damit würde alles öffentlich …« Moritz brach ab, starrte vor sich hin. »Ich weiß nicht, ob ich das ertragen könnte. Es ist so schon schwer genug. Und wir wären ja gar nicht hier, wenn nicht …« Erneut brach er ab.

      »Wenn du es nicht ertragen kannst, hat es wenig Sinn, Moritz«, sagte Maria mit beherrschter Stimme. »Dann wären wir bald wieder an dem Punkt, an dem wir vorher waren. Das wäre nicht in Lorenz’ Sinn, denn dann hätte sein … sein Opfer ja nichts bewirkt.«

      »Wie soll ich dem Jungen jemals wieder in die Augen sehen, kannst du mir das mal sagen?«, murmelte Moritz. »Es ist furchtbar, was ich ihm angetan habe.«

      »Es ist furchtbar, und trotzdem hat er dir geholfen«, stellte sie fest.

      Er schlug beide Hände vors Gesicht. »Ich schäme mich so, Maria.«

      Sie streichelte unbeholfen seinen Arm. Seit Tagen ging das nun schon so: Die Gemütslage ihres Mannes wechselte ständig. Mal war er voller Hoffnung, dann wieder sah er alles grau in grau. Mal erdrückten ihn seine Schuldgefühle förmlich, im nächsten Augenblick konnte er bereits überzeugt davon sein, den richtigen Weg beschritten zu haben und alles wieder gutmachen zu können.

      Für sie selbst bedeutete dieser ständige Wechsel pausenlose Anspannung und Stress, und bereits jetzt, nach wenigen Tagen an diesem Ort, fühlte sie sich erschöpft und ausgelaugt. Die Ärzte hatten ihr das vorhergesagt, aber sie war davon überzeugt gewesen, dass ihre Kräfte reichen würden. Jetzt jedoch zweifelte sie manchmal daran, auch wenn sie sich gegen solche Momente der Schwäche immer heftig zur Wehr setzte.

      Moritz ließ die Hände sinken und sah sie an. »Ich mache das«, sagte er mit heiserer Stimme. »Ich gehe zur Polizei, Maria.«

      »Nur, wenn du ganz sicher bist«, erwiderte sie mit fester Stimme. »Ich glaube auch, dass es das einzig Richtige wäre.«

      »Aber du weißt, was das bedeutet«, murmelte er. »Wir wären ruiniert.«

      »Finanziell, ja. Aber nicht moralisch, Moritz. Wir könnten wieder in den Spiegel sehen, ohne uns zu schämen.«

      Er wandte den Blick ab. »Das konnte ich schon sehr, sehr lange nicht mehr«, sagte er. »In den letzten Jahren habe ich mich bei jedem Blick in den Spiegel geschämt.«

      Sie umarmte ihn. »Wir schaffen das, Moritz«, flüsterte sie. »Irgendwie schaffen wir das.«

      Er nickte, ein kleines Lächeln stahl sich in seine Augen. »Das wäre schön«,

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