Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg Familie Dr. Norden

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in die Augen.

      »Wissen Sie, was ich mich gerade frage?«

      »Bin ich Hellseher?«, ätzte er zurück.

      »In welcher Lotterie Sie Ihren Schein in Diagnostik gewonnen haben.« Sie drückte Lammers die Unterlagen in die Hand und verließ das Zimmer, um umgehend ein antivirales Medikament bei Melanie Platz anzuordnen.

      *

      Als Anneka die Klinik in Begleitung von Josephine erreichte, war die Operation noch in vollem Gang.

      »Ihr könnt drüben im Aufenthaltsraum warten. Wenn es Neuigkeiten gibt, sag ich Bescheid«, erklärte Schwester Nadine und deutete auf eine halb geöffnete Tür schräg gegenüber dem OP-Bereich. »Ich hab gerade frischen Tee und Kaffee nachgefüllt. Und Gebäck ist auch noch da. Das müsst ihr unbedingt mal probieren. Wirklich lecker!«

      »Ich krieg keinen Bissen runter«, prophezeite Josy düster, als sie dem Rat der netten Schwester folgten.

      »Mir geht’s genauso«, stimmte Anneka zu. Jetzt, da es nichts mehr zu tun gab, kroch ihr die Angst in den Nacken. Sie trat ans Fenster und sah hinunter in den schönen Garten, der in voller Pracht grünte und blühte. Patienten und Besucher schlenderten allein, zu zweit oder in kleinen Gruppen über die gekiesten Wege. Zwei Kinder standen sich auf einer Wiese gegenüber und schwangen ein Seil. Ein drittes sprang lachend darüber. Angesichts dieses längst vergessenen Kinderspiels musste auch Anneka lächeln. Doch es sollte ihr gleich wieder vergehen.

      »Warum hast du mich überhaupt geholt?«, fragte Josephine. Mit dieser Frage hatte Anneka längst gerechnet. Langsam drehte sie sich um und sah ihre vermeintliche Konkurrentin an. Josy war zwei, drei Jahre jünger als sie. Ein Mädchen auf dem Weg zur Frau. Mit Sommersprossen auf der Stupsnase und klugen, blauen Augen, die unter dem dunklen Pony geheimnisvoll hervorstachen. Mit einem Mal verstand Anneka, warum sich Titus in sie verliebt hatte. Nun bekam sie die Gelegenheit, sich seiner Gefühle würdig zu erweisen.

      »Weil ich glaube, dass er dich jetzt mehr braucht denn je. Er ist sehr krank und hat eine schwere Zeit vor sich. Eure Liebe kann ihm helfen, das alles zu überstehen. Vorausgesetzt natürlich, du willst das.«

      Josys Augen weiteten sich vor Angst.

      »Was fehlt ihm denn?«

      Anneka schüttelte den Kopf.

      »Das muss er dir schon selbst sagen. Ich hab’s auch nur durch Zufall erfahren.«

      Josephine kaute auf der Unterlippe.

      »Was, wenn er keinen Bock mehr auf mich hat?«

      »Dann hast du es wenigstens versucht.« Unwillkürlich musste sie an Dannys Worte denken. »Aber ich glaube, deine Chancen stehen nicht schlecht. Titus befindet sich in einer Ausnahmesituation. Da kommt es schon mal vor, dass man Entscheidungen trifft, die man im Normalfall nie getroffen hätte.« Als ihr Bruder ihr diese Worte gesagt hatte, war es schwer gewesen. Doch jetzt fühlte es sich auf einmal leicht und richtig an. Die Krise hatte offenbar nicht nur Titus in große Verwirrung gestürzt. Unwillkürlich musste Anneka lächeln. »Nur Mut. Das wird schon wieder.« In diesem Augenblick wusste sie, dass ihre Mission erfüllt war. Einer spontanen Regung folgend umarmte sie Josephine. Dann drehte sie sich um und ging zur Tür.

      »Wohin willst du?«, rief das Mädchen ihr nach.

      Anneka drehte sich noch einmal um.

      »Zu meinem Freund. Wir haben eine Verabredung zum Spieleabend.« Sie sahen sich an und brachen gleichzeitig in Lachen aus.

      »Klingt spannend«, stellte Josephine fest.

      »Finde ich auch.« Anneka zwinkerte ihr zu. »Sag Titus schöne Grüße von mir.« Ein letztes Lächeln voller Verbundenheit, und dann war Josy allein mit sich und ihren Gedanken und guten Vorsätzen. Dank Anneka gab es eine neue Chance für sie und Titus, und sie wollte aus ihren Fehlern lernen und ihren Teil dazu beitragen, dass ihre Liebe eine Zukunft hatte.

      *

      »Du kannst jetzt zu ihm.« Schwester Nadine hatte ihr Versprechen gehalten und winkte Josephine mit sich. »Er ist vor ein paar Minuten aufgewacht. Wundere dich nicht, wenn er nicht mit dir redet. Das ist normal nach solchen Eingriffen. Falls ihr Hilfe braucht, sagst du einfach einer Schwester Bescheid.« Sie half Josy in einen sterilen Kittel und setzte ihr eine Haube auf. »Hübsch siehst du aus«, scherzte sie.

      »Wahrscheinlich trennt er sich direkt von mir, wenn er mich so sieht.«

      Über diese Befürchtung konnte Nadine nur lachen.

      »Im Augenblick hat er ganz andere Sorgen«, versprach sie. »Und ich bin ganz sicher, dass die Freude darüber, dich zu sehen, alles andere überwiegt.« Sie wollte Josephine schon in den Wachraum schicken, als ihr noch etwas einfiel. »Ach ja, und bitte keine Krisengespräche am Krankenbett. Aufregung ist das Letzte, was der junge Mann jetzt brauchen kann.«

      »Ich geb mir Mühe«, versprach Josy feierlich und trat durch die Tür.

      Titus lag gleich am Eingang in einem Bett. Durch Wandschirme war es von den anderen Patienten getrennt. Er schien zu schlafen. Vor Aufregung schlug Josephine das Herz bis zum Hals.

      »Hallo, Titus«, sagte sie leise.

      Er öffnete die Augen und musterte sie eine gefühlte Ewigkeit, ohne die geringste Regung zu zeigen. Mit jeder Minute sank Josys Mut, und sie hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, als das Wunder doch noch geschah: Titus lächelte.

      Dieses kleine Zeichen gab ihr neuen Auftrieb.

      »Danny und Anneka haben gesagt, dass ich unbedingt kommen soll.«

      Schüchtern stand sie neben seinem Bett und wagte kaum, ihn anzusehen. »Dabei weiß ich ja noch nicht mal, ob du mich überhaupt noch sehen willst.« Ihre Stimme war rau vor Aufregung. Sie räusperte sich, ehe sie fortfuhr. »Ich erzähl dir, dass ich dich liebe, aber dann vertrau ich dir nicht und mach dir ständig Vorwürfe.« Josy konnte seinem Blick nicht länger standhalten und senkte den Kopf. Verlegen kaute sie auf ihrer Unterlippe, als sie spürte, wie er nach ihren Fingern tastete und schließlich ihre Hand nahm. »O, Titus, ich hab’s jetzt endlich kapiert. Ich versprech dir, dass ich mich nicht mehr so blöd benehmen werde. Wir müssen uns nicht jeden Tag sehen. Jeder von uns soll auch noch ein eigenes Leben haben, damit wir nicht irgendwann mal aus Langeweile einen Spieleabend veranstalten.«

      Da er nicht sprechen konnte, schnitt er eine Grimasse. Josy kicherte, ehe sie wieder ernst wurde.

      »Ich hab in den letzten Tagen wirklich viel über uns nachgedacht … na ja, eigentlich mehr über mich«, gestand sie. »Über meine blöde Eifersucht …«

      In diesem Moment öffnete sich die Tür, und Danny Norden kam herein. Als er Josy sah, lächelte er und nahm sich vor, seiner Schwester bei nächster Gelegenheit zu ihrer Entscheidung zu gratulieren.

      »Schön, dich zu sehen.« Er nickte ihr freundlich zu, ehe er an Titus‘ Bett trat. »Na, wie geht’s dir, Sportsfreund?«

      Der hielt die Hand hoch und zeigte mit Mittel- und Zeigefinger ein V.

      »Das bedeutet Sieg«, übersetzte Josephine die Zeichensprache.

      »Vielen Dank, aber so alt bin ich noch nicht.« Danny lachte

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