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Die Arme immer noch verschränkt, starrte sie ihn wortlos an.
»In der Gemeinde zum Beispiel«, fuhr er aufgebracht fort. »Wenn ich möchte, dass du Klavier spielst, bestehst du auf Gitarre. Oder wenn wir proben und ich sage, dass wir den Song auf eine bestimmte Art spielen, machst du trotzdem, was du willst.«
»Ich habe eben meinen eigenen Stil.«
»Das war ein Chris-Tomlin-Song. Anbetung. Das war kein Renae-Taylor-Konzert!«
»Was weißt du schon von Renae Taylor?«, fauchte Grace.
»Ich weiß, dass sie kein guter Einfluss ist und dass dir von ihren Texten eigentlich schlecht werden müsste.«
»Renaes Fans lieben ihre Texte. Sie lieben es, wie sie singt.« Ihre Augen wurden schmal. »Und manche Menschen mögen es auch, wie ich singe. Sogar in der Gemeinde!«
»Grace«, sagte er mit fester Stimme. »Ob es dir gefällt oder nicht – ich leite die Band, und du bist entweder Teil des Teams oder eben nicht!«
Sie setzte sich auf ihr Bett und griff nach dem Laptop. Warum war er nur so stur? Und warum ging er nicht einfach?
»Hör zu«, sagte er mit sanfterer Stimme. »Ich bin nicht gekommen, um zu streiten. Wir machen uns nur Sorgen um dich.«
»Mir geht’s gut!«, sagte sie störrisch.
Jetzt stand er einfach nur da und sah sie lange an, als hoffe er, noch irgendeinen intelligenten väterlichen Rat zu finden. Aber offenbar fühlte er sich genauso leer wie sie. Er nahm die Schachtel mit dem Ring. »Vielleicht kannst du den Ring ja als etwas sehen, … das dich darin erinnert, wie sehr wir dich lieben. Du musst ihn nicht tragen.« Dann ging er.
Natürlich musste er das letzte Wort haben. Sie wusste, dass ihre Eltern sie liebten. Wie könnte sie das jemals vergessen? Wenn sie ihr nur ein bisschen mehr vertrauen könnten. Wenn sie sie doch nur ihr eigenes Leben leben und ihre Träume verfolgen lassen würden. Wenn nicht jetzt, da sie jung und voller Energie und Leidenschaft für Musik war, wann dann?
Kapitel 2
Am Montag stand Grace früh auf. Sie hatte sich vorgenommen, ein Lied zu schreiben. Und zwar nicht irgendeines, sondern einen Anbetungssong. Und hoffentlich einen richtig guten. Wenn das klappte, so hoffte Grace, könnte das ihre Eltern – oder vielleicht auch sie selbst – davon überzeugen, dass der Weg in die Musikszene der richtige für sie war. Aber selbst nach ein paar Stunden hatte sie noch nichts zustande gebracht und fühlte sich matt. Ein unüberwindliches Hindernis hatte sich vor ihr aufgetan.
Etwas frische Luft würde ihrer Kreativität sicher einen Schub geben. Also packte sie die Gitarre ins Auto und fuhr in den Homewood City Park. Außer ein paar Müttern und einer Handvoll Kindern auf dem Spielplatz war der Park leer. Grace setzte sich auf ihre Lieblingsbank am Teich und öffnete ihren Gitarrenkoffer. Dann nahm sie die Gitarre und ihr Notizbuch heraus und holte einmal tief Luft. Viel besser. Sie spielte die Akkorde, mit denen sie schon zu Hause experimentiert hatte, summte vor sich hin und hoffte, der Song würde sich so irgendwie ergeben.
Doch genau wie zu Hause fühlte sie sich leer und unkreativ. Sie wusste, dass die Melodie Potenzial hatte. Aber sie kam nicht weiter. Irgendetwas blockierte sie. Lass es einfach raus, sagte sie sich selbst, halte es nicht fest. Also verknüpfte sie Worte und Reime, aber das Ergebnis war so kitschig und klischeebehaftet, dass sie es selbst kaum hören mochte. Wo war die Metapher, die sie suchte? Wo war der Zauber?
Irgendwann wurde ihr klar, dass es keinen Sinn hatte. Wie deprimierend! Wenn ihre Musik schon ihr auf die Nerven ging, wie könnte sie dann je andere damit ermutigen? Finster betrachtete sie die Fender-Gitarre auf ihrem Schoß, als ob das Instrument schuld daran sei, dass sie absolut kein Talent hatte. Okay, das war lächerlich und unfair. Sie fuhr mit der Hand über die glatte gemaserte Oberfläche. Sie liebte dieses abgenutzte Instrument, denn es hatte Charakter. Sie hatte es immer geliebt – von dem Tag an, als ihr Vater es ihr geschenkt hatte. Anders als der Ring, den er ihr gestern Abend gegeben hatte, war die Gitarre das perfekte Geschenk gewesen. Sie erinnerte sich an ihren achten Geburtstag, als wäre er erst gestern gewesen.
An dem Tag vor zehn Jahren hatten ihre Eltern schon den ganzen Vormittag über geheimnisvoll getan. Ihr Vater hatte sogar vorgegeben, ihren Geburtstag komplett vergessen zu haben, und ihre Mutter warf ihm immer wieder verschwörerische Blicke zu. Dann endlich, als Grace schon befürchtete, sie hätten ihren Geburtstag wirklich vergessen, bat ihr Vater sie, die Augen zu schließen. »Nicht schummeln«, beschwor er sie, während er sie wieder und wieder herumdrehte. »So, jetzt musst du die Geschenke suchen.«
Unter dem Gekicher ihrer Eltern streckte Grace die Hände aus und bewegte sich – immer noch mit geschlossenen Augen – langsam vorwärts.
»Kalt, kalt«, rief ihre Mutter.
Also schlug sie eine andere Richtung ein und schob sich immer weiter vorwärts.
»Es wird wärmer«, sagte ihr Vater.
»Sehr warm«, fügte ihre Mutter hinzu.
»Kann ich die Augen jetzt aufmachen?«
»Lass sie noch zu«, kicherte ihre Mutter.
»Warte«, sagte ihr Vater. »Das muss ich filmen.«
»Nein«, widersprach ihre Mutter, »das mache ich. Du sollst mit drauf sein!«
»HEISS!«, brüllte ihr Vater, als Grace mit dem Sofa in Berührung kam.
»Jetzt?«, fragte sie gespannt. »Kann ich jetzt die Augen aufmachen?«
»Immer noch nicht«, sagte ihr Vater. »Bist du so weit, Michelle? Das müssen wir für die Nachwelt festhalten.«
»Ja.«
»Okay«, sagte ihr Vater. »Augen auf!«
Als Grace die Augen öffnete, lag vor ihr die schönste Gitarre der ganzen Welt. Schimmernd und golden lag sie da im offenen Koffer auf dem Sofa. Sie traute ihren Augen kaum.
»Ich glaub’s nicht!«, rief sie begeistert. Sollte die wirklich für sie sein?
»Du hast ja bisher immer mit meiner abgerockt.« Ihr Vater grinste. »Wurde Zeit, dass du mal eine eigene bekommst.«
»Ach. Du. Liebe. Zeit!« Sie fuhr mit den Fingern über die glatte Holzoberfläche und zupfte vorsichtig an den Saiten. Sie waren perfekt gestimmt. Die war wirklich für sie!
»Du spielst auch immer noch toll Klavier«, meinte ihr Vater, »aber: Alles Gute zum Geburtstag, Liebes!«
Sie sah ihre Mutter an, die kichernd immer noch die Videokamera auf sie hielt. »Also dann«, kam es von ihrer Mutter. »Spiel uns was vor.«
Überglücklich, ihnen diesen Gefallen tun zu können, nahm Grace ihre wunderschöne goldene Gitarre, setzte sich auf die Couch und fing an, die Akkorde zu spielen, die ihr Vater ihr bisher beigebracht hatte. Bald gesellte sich ihr Vater mit