Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg Familie Dr. Norden

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daran gewöhnt, ›Frau‹ genannt zu werden, und auch jetzt gefiel es ihr nicht.

      »Immer noch in Atlanta. Können Sie mir sagen, wo Dr. Karsten zu erreichen ist?«

      »Das kann ich leider nicht, wir sind zur Zeit sehr beunruhigt. Er sollte auf dem Weg nach Moskau sein, und wir haben erfahren, daß eine Maschine notlanden mußte, wissen allerdings nicht, ob er mit dieser geflogen ist.«

      »Ich habe es im Radio gehört und mache mir Sorgen. Ich kann von hier aus momentan leider auch nichts erfahren und würde Sie bitten, mich zu benachrichtigen, wenn Sie mehr wissen. Natürlich wäre ich erleichtert, wenn er in Sicherheit wäre.«

      »Wir auch. Geben Sie mir bitte Ihre Telefonnummer.«

      Das tat Mary Ann. Ihre Stimme zitterte dabei, und ihr kamen jetzt tatsächlich die Tränen. Ihre Nerven waren bis aufs äußerste gespannt. Sie saß zusammengesunken in einem Sessel. Das Frühstück war unberührt. Blicklos starrrte sie vor sich hin.

      »Es darf dir nichts passiert sein, Simon«, murmelte sie. »Du mußt leben, ich werde dich suchen, wenn sie dich nicht finden. Ich brauche dich, ich kann ohne dich nicht leben.«

      Sie brauchte einen klaren Verstand, das wurde ihr jetzt bewußt. Sie war die Tochter von Joshua Wilkens und mußte Verbindung zu einflußreichen Leuten aufnehmen. Stanley Bratt konnte ihr dazu vielleicht verhelfen.

      Sie trank ein Glas Wasser und rief ihn dann an. Sie überlegte kurz, dann bat sie ihn, zu ihr ins Hotel zu kommen, sie hätte etwas sehr Dringendes mit ihm zu besprechen. Selbstverständlich war er sofort dazu bereit.

      Gedankenlos aß sie ein paar Häppchen, während sie auf ihn wartete, da sie nun doch ein ganz flaues Gefühl im Magen gehabt hatte. Dann trank sie auch einen Schluck Tee, und weil der schmeckte, eine ganze Tasse davon.

      Wenig später kam Stanley Bratt. Er war erschrocken über ihre Blässe, und als sie dann stockend ihr Anliegen vorbrachte, war er auch erst einmal fassungslos.

      »Das ist wirklich ein Schock«, sagte er bedauernd. »Wie kann ich Ihnen helfen?«

      »Ich möchte genaue Informationen haben, und wenn es möglich ist eine private Suchaktion organisieren.«

      »Das wird in Rußland kaum möglich sein«, erklärte er heiser.

      »Aber ich könnte eine Suchaktion doch finanzieren. Ich möchte auch selbst hinfliegen. Bitte, beschaffen Sie mir Informationen, was möglich zu machen ist.«

      »Ich kann Sie verstehen, aber es wird sehr, sehr schwierig sein, privat etwas zu unternehmen. Wenn das Flugzeug und die Passagiere gefunden werden, wenn sie verletzt sind und in Krankenhäuser gebracht werden, wird es wohl eher möglich sein, eine Einreise zu bekommen. Ich werde mich sofort darum kümmern, Genaueres zu erfahren. Vielleicht sind auch Amerikaner an Bord, das würde hilfreich sein.«

      Mary Ann verschlang die Hände ineinander. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, Mr. Bratt. Momentan fühle ich mich so hilflos wie noch nie zuvor. Es handelt sich schließlich um meinen zukünftigen Mann, den ich über alles liebe«, sagte sie tonlos.

      »Ich hoffe, daß ich Ihnen helfen kann. Ich sage Ihnen sofort Bescheid, wenn ich Einzelheiten erfahren habe.«

      Sie war wieder allein, lief geistesabwesend im Zimmer umher, stand eine ganze Zeit am Fenster und schaute zum Himmel empor, und unwillkürlich betete sie, was sie schon lange nicht mehr so bewußt getan hatte.

      Sie werden dich finden, Darling, flüsterte sie, und ich werde zu dir kommen und dich heimbringen. Du mußt leben.

      Unentwegt dachte sie es, und vielleicht waren es doch ihre Gedanken, die ihn erreichten und ihn ins Bewußtsein zurückholten. Es war finster um ihn, und es war kalt, obgleich die Sonne schien. Aber er konnte sie nicht sehen, er konnte überhaupt nichts sehen, er war blind. Er begriff es nicht. Er stöhnte, während seine Hände ertasteten, daß er zwischen Trümmern lag. Er griff nach einer Hand, die noch kälter war als seine. Er vernahm Geräusche, das Bellen von Hunden und rief um Hilfe, aber er wußte nicht, ob man seine heisere Stimme überhaupt hören konnte. Dann verließ ihn wieder das Bewußtsein.

      *

      Mary Anns Angst kannte indessen schon keine Grenzen mehr. Es fröstelte sie, und sie zitterte wie Espenlaub. Sie dachte jetzt nicht an das Baby, sie dachte nur an Simon. Sie durchlebte die schlimmsten Stunden ihres Daseins, und alles Geld der Welt konnte ihr nicht helfen, obgleich sie Stanley Bratt gesagt hatte, er solle für die Suche nach Simon und den anderen Vermißten flüssig machen, was irgend möglich war von ihrem Erbe. Er ließ alle Verbindungen spielen, aber niemand konnte ihm helfen, und es gab noch immer keine neuen Nachrichten.

      Der Tag ging zu Ende, die Nacht brach an, und Mary Ann konnte sich nicht vorstellen, wie das Wetter in der Sibirischen Tundra war, ob es dort Tag oder Nacht sei, und wann sie endlich die notgelandete Maschine finden würden. Vielleicht war von dieser nicht viel übriggeblieben und die Passagiere waren Wind, Wetter und Kälte ausgesetzt. Man stellte sich ja unwillkürlich vor, daß es überall in Rußland eiskalt sein müsse.

      Mary Ann konnte nicht schlafen, sie lag mit offenen Augen auf ihrem Bett und starrte zur Decke, an der bizarre Schatten tanzten.

      Es war fünf Uhr morgens, als ihr Telefon läutete. Es war Bratt, der ihr mit heiserer, müder Stimme sagte, daß er soeben ein Fax bekommen hätte. Die Machine sei gefunden und die Verletzten würden nach Nowosibirsk ins Krankenhaus geflogen.

      Mary Ann überlegte nur eine Sekunde. »Besorgen Sie mir einen Flug dorthin«, bat sie.

      »Sie werden für Rußland ein Visum brauchen, Mary Ann«, meinte er.

      »Das wird doch möglich zu machen sein«, sagte sie mit wiedererwachter Energie. »Erkundigen Sie sich bitte, an wen ich mich wenden muß. Sie haben mir doch gesagt, daß man mit Geld alles erreichen kann.«

      Er müsse warten, bis Tag sei, erklärte er mit einem schweren Seufzer. Da wurde es Mary Ann erst bewußt, wie früh es noch war.

      Die Zeit wollte nicht verstreichen, bis es richtig hell wurde, dabei brauchte kaum eine Stunde zu vergehen. Aber Bratt hatte ihr schon gesagt, daß sie so früh keinen einflußreichen Mann erreichen würde. Sie mußte wieder warten. Sie konnte nicht einfach nur telefonieren, wie sie es in München gekonnt hätte, aber dann kam ihr in den Sinn, daß es in München schon viel später war, und sie rief Dr. Mattes im Büro an. Er war sehr zurückhaltend, anscheinend wollte er ihr schlechte Nachrichten vorenthalten, aber auf ihr Drängen sagte er ihr dann doch, daß sie nur erfahren hätten, daß Simon sich unter den Verwundeten befände, die nach Nowosibirsk gebracht worden wären.

      »Wir haben schon alles in die Wege geleitet, damit er nach München gebracht wird, wenn er transportfähig ist«, erklärte er zögernd. »Wann das allerdings sein kann, konnte man nicht sagen.«

      »Ist er schwer verletzt?« fragte Mary Ann zitternd.

      »Sie sind alle wohl erheblich verletzt«, erwiderte Dr. Mattes. Mehr wußte er auch nicht zu sagen.

      »Ich werde zurückkommen, wenn ich von hier aus nichts unternehmen kann«, erklärte sie gepreßt. »Inzwischen werde ich jeden Betrag zur Verfügung stellen, der nötig ist. Ich möchte, daß auch den anderen Verletzten geholfen wird.«

      »Wollen wir das Beste hoffen«, sagte Dr. Mattes, doch seine Stimme klang auch nicht gerade zuversichtlich.

      Hat

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