Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

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hörte sie ihren Großvater in der Küche rumoren. »Guten Morgen, Opa!« Sie begrüßte ihn mit einem Kuss auf die unrasierte Wange. »Du, ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich dich gestern Abend einfach im Stich gelassen habe.«

      Der Alte winkte verschmitzt lächelnd ab. »Das schlechte Gewissen kannst du dir schenken, Deern. Der Kreisjägermeister hat mich nach Hause gebracht. Zusammen mit dem alten Lotzkat haben wir noch ein paar Runden Skat gedroschen. Hoffentlich waren wir nicht zu laut.«

      »Ich habe nichts gehört.« Sie nahm dem pensionierten Forstmeister den Teekessel aus der Hand. »Lass mich das machen, das ist meine Aufgabe.«

      »Sei doch nicht so eigensinnig, Kind! Meinst du, dass du besseren Kaffee kochen kannst?«

      »Ich werde mich hüten, so etwas zu behaupten. Aber du musst dich schonen, besonders nach einem so anstrengenden Tag wie gestern.«

      »Papperlapapp. Was heißt anstrengend! Ich gehöre noch längst nicht zum alten Eisen. Wir haben zwar alle einen über den Durst getrunken – aber immer senkrecht! Übrigens, wer war denn der nette junge Mann?«

      »Du kennst ihn auch nicht?«, fragte Bettina, während sie sich angelegentlich auf das Kaffeebrühen konzentrierte.

      »Woher wohl? Hab’ ihn vorher nie gesehen. Ich dachte, du kennst ihn näher.«

      »Keine Spur.«

      »Tatsächlich nicht? Ihr habt beim Tanzen so angeregt geplaudert, und plötzlich wart ihr verschwunden, alle beide.«

      Bettina spürte, dass eine flüchtige Röte in ihre Wangen stieg. »Ich bin sofort nach Hause gefahren. Mir taten schon die Füße weh, das kannst du mir glauben.«

      »Aber schön war es doch, oder? Jedenfalls warst du die netteste Heidekönigin seit Menschengedenken, das haben alle gesagt.«

      »Du übertreibst, Opa.«

      »Überhaupt nicht! Die ältesten Einwohner konnten sich nicht an eine so hübsche und liebe Königin erinnern, jawohl! Und morgen stehst du in der Zeitung!«

      »Na prima! Dann hast du ja morgen auch noch deinen Spaß. Ich bin froh, dass der Rummel vorbei ist.«

      Ihr Großvater musterte sie von der Seite. »Ärger gehabt, Betti? Mit dem jungen Mann?«

      »Ärger? Wie kommst du denn darauf? Keine Spur!«

      »Umso besser.«

      Nach dem Frühstück erledigte Bettina noch rasch den Abwasch, während ihr Großvater es sich auf der Couch bequem machte und bald friedlich einschlummerte. Die Dreiundzwanzigjährige betrachtete ihn liebevoll.

      Lautlos schlich Bettina sich aus der Küche. Der warme Sonnenschein hüllte sie wie in einen goldenen Zaubermantel. Ihr Haar schimmerte wie ein kostbarer Schatz.

      Sie schlug den Waldweg ein, den sie besonders liebte. Wie ein lichterfüllter grüner Tunnel schlängelte sich dieser kaum begangene Pfad durch das Dickicht. Nirgendwo sonst spürte Bettina die Verzauberung des Waldes so intensiv wie hier. Die Bäume und Sträucher nahmen sie auf wie ihresgleichen, schützten sie mit ihren Zweigen und Blättern und hielten alle schlechten Gedanken von ihr fern.

      Bettina fühlte sich nicht einsam. Der Wald war ihr Gefährte. Überall regte sich Leben.

      Sie gelangte an ihren Lieblingsplatz Ein Bach durchrieselte eine kleine, sonnige Lichtung. »Märchenwiese« nannte sie diese Stelle, an der sie schon als kleines Mädchen oft vor sich hingeträumt hatte. Geträumt von einem geheimnisvollen dunkelhaarigen Prinzen mit zärtlichen Augen …

      Sie schleuderte die Sandalen von den Füßen, setzte sich ans Ufer und ließ die nackten Füße ins kalte kristallklare Wasser baumeln.

      Plötzlich hörte sie ein knackendes Geräusch. Wie ein gewarntes Wild blickte Bettina blitzschnell zur Seite.

      Ihr Herz begann zu trommeln. Ihre Wangen glühten. Am Rande der Lichtung stand – er.

      Ulrich Warner. Groß und herausfordernd.

      Bettina schnellte in die Höhe. Sie war so durcheinander, dass sie kaum Worte fand. Ihre Gedanken kreiselten.

      »Also, das ist doch eine Frechheit!«, stieß sie hervor.

      Langsam kam Ulrich Warner näher. »Eine Frechheit? Wieso, ich habe heute Morgen doch noch nicht den geringsten Versuch gemacht, Sie zu küssen.«

      »Sie haben mich heimlich verfolgt, Sie unverschämter Mensch! Es ist ja wohl kein Zufall, dass Sie mich hier treffen!«

      »Nicht Zufall, sondern Schicksal.«

      »Bleiben Sie mir bloß mit Ihren Kalendersprüchen vom Leibe! Was bilden Sie sich überhaupt ein!«

      »Ich bilde mir bald gar nichts mehr ein, denn Sie haben genau die richtige Art, einen Mann vom hohen Pferd zu holen und winzig klein zu machen.«

      Sie warf trotzig und mit spöttisch gewölbten Lippen den Kopf in den Nacken. »Dazu gehört nicht viel!«

      »Möglich. Aber eine Königin soll auch großmütig sein und den Kleinen eine Chance geben.«

      »Was reden Sie nur immer von Chance? Außerdem fühle ich mich heute nicht mehr als Königin und auch nicht als öffentliches Eigentum, das man ungeniert anstarren darf. Bitte, richten Sie sich danach.«

      »Aua!« Ulrich Warner legte eine Hand auf die Wange. »Diese Ohrfeige war noch saftiger als die von gestern Nacht. Sind Sie immer so schlagfertig?«

      »Wenn es sein muss, ja. Und Sie? Sind Sie immer so hartnäckig?«

      »Wenn Sie mich so offen fragen nein. Sie sind das erste weibliche Wesen, seit ich fünf Jahre alt war, dem ich nachgelaufen bin.«

      »Dann sollten Sie es auch weiterhin so halten, das ist der einzig gute Rat, den ich Ihnen geben kann. Leben Sie wohl.«

      Bettina griff nach ihren Sandaletten, behielt sie in der Hand und lief barfuß quer über die Lichtung.

      »Warten Sie doch!«, rief Warner.

      Sie sprang über den Bach und verschwand wie ein scheues Reh im Unterholz.

      Welch ein Mädchen!

      Ulrich fühlte sich verzaubert. Verzaubert von einem Wesen, das ihm wie aus Gold und Licht gewoben erschien, unwirklich und erdverbunden zugleich. Bettina. Diese oder keine!

      Schade, dass sie so kratzbürstig war. Doch wünschte er sie sich anders? Nein! Er liebte sie von Sekunde zu Sekunde inniger und ersehnte nur eines: Ihr zeigen zu dürfen, was sie ihm bedeutete.

      Dass sie allein im Wald spazieren ging, stimmte ihn froh. Offenbar gab es keinen Mann in ihrem Leben. Auch gestern beim Fest war ihm niemand aufgefallen, den er als Rivalen identifiziert hätte.

      Bettina, die junge unberührte Fee des Waldes!

      Ja, er liebte sie. Es war keine Leidenschaft, die seine Sinne verwirrte. Bettina … Wenn sie eines Tags ihm gehörte, er wäre der glücklichste Mann unter der Sonne.

      Doch

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