Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman. Kathrin Singer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman - Kathrin Singer страница 8

Heimatkinder Staffel 2 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

Скачать книгу

er nur ein wenig mehr Zeit hätte!

      Seufzend machte Ulrich sich auf den Rückweg, stieg in seinen Wagen, den er in der Nähe des Forsthauses geparkt hatte, und er erreichte wenig später das Städtische Kinderheim.

      Als er auf das Gebäude zuging, entdeckte er seinen kleinen Freund Tobias im Garten. Der blonde Junge hockte auf der Erde, mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf. Er bot ein Bild des Jammers und der Mutlosigkeit.

      »Tobias!« Ulrich stürmte auf den Achtjährigen zu. Er konnte gar nicht mit ansehen, wie der kleine Kerl, dem sonst die Lebensfreude aus den blauen Augen leuchtete, litt und sich fürchtete.

      Tobias sprang auf und warf sich Ulrich in die Arme. »Ein Glück, dass du da bist, Ulrich, ein Glück!«

      »Um Himmel Willen, was ist denn passiert?«

      »Ach, ich soll heute wieder zu den Leuten – du weißt schon.« Ein wenig ratlos streichelte der Mann den Blondschopf des Kindes. »Es ist ja nur vorübergehend, Tobias, bald wird alles anders.«

      »Ist das wirklich wahr?« Der Junge blickte so flehend, dass Ulrich schlucken musste.

      »Ja, Tobias, ich gebe mir die größte Mühe. So rasch wie möglich werde ich heiraten, und dann – dann sind jedenfalls erst einmal die unüberwindlichen Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt.«

      »Du willst heiraten? Wen denn?«

      »Du kennst sie nicht.«

      »Und dann darf ich zu euch?« Das schmale hübsche Gesicht des Buben leuchtete auf. »Bestimmt? Du holst mich hier weg? Versprichst du mir das? Du bist der Allerbeste!« Tobias schlang beide Arme fest um den Hals des Mannes. »Du bist der allerbeste Vati der Welt!«, flüsterte er erstickt.

      Ulrich räusperte sich. »Ja, Tobias, ich möchte dich für immer zu mir nehmen …«

      Der Junge stieß ein Indianergeheul aus. In wenigen Sekunden hatte sich das Häufchen Elend, das verloren im Gras kauerte, zu einem überquellenden Energiebündel gemausert.

      »Aber es dauert natürlich seine Zeit«, fuhr Ulrich voller Unbehagen fort. Er hatte zu viel gesagt. »Du bist doch schon ein großer vernünftiger Junge und weißt, dass eine Adoption nicht von heute auf morgen vor sich geht.«

      »Ach, Ulrich, das macht nichts! Hauptsache, du hältst zu mir!«

      »Immer.«

      Tobias nickte ernsthaft. »Du bist der einzige richtige Freund, den ich habe.«

      Ulrich dachte einen Moment lang nach. »Weißt du, Tobias, im Grunde ergeht es mir genauso. Ich habe zwar etliche gute Bekannte, aber einen Freund? Einen richtigen Freund, dem ich rückhaltlos vertrauen kann? Nein, du bist auch für mich der Einzige.«

      »Wir zwei, nicht?« Tobias sah ihn plötzlich mit Augen an, die so jung und so alt waren wie die Welt.

      Stumm nickte Ulrich.

      »Wie heißt sie denn? Die Frau, die du heiraten willst?«

      »Bettina.«

      »Ist sie hübsch?«

      »O ja, sehr!«

      »Ist sie auch lieb?«

      »Ganz bestimmt! Keine Frage! Sehr lieb. – Wie lange bist du schon hier im Kinderheim, Tobias?«

      »Ach, noch nicht lange.«

      »Dann kannst du dich sicher nicht an eine Tante Bettina erinnern, die hier einmal vorübergehend gearbeitet hat.«

      »Nein. Nimmst du mich mit zu ihr? Vielleicht gleich heute?«

      »Das geht leider nicht.«

      »Wieso nicht?«

      »Also, sie würde uns heute nicht empfangen. Später, Tobias. Ich werde sehen, was ich für uns tun kann.«

      »Ehrenwort?«

      »Ich versuche mein Möglichstes. Ehrenwort.«

      »Tobias!«, ertönte in diesem Moment eine kraftvolle männliche Stimme. Der Heimleiter stapfte durch den Garten. Als er den ehemaligen Schulfreund erkannte, rötete sich sein Gesicht. Er erwiderte Ulrichs Gruß nur knapp und wandte sich an den Jungen: »Geh bitte ins Haus, du hast Besuch.«

      Der Achtjährige zuckte zusammen, versteckte sich mit einem Sprung hinter dem Rücken seines großen Freundes und rief: »Die Leute sollen abhauen, ich gehe nicht mehr zu ihnen! Ulrich heiratet nämlich, und dann nimmt er mich zu sich, ganz bestimmt, das hat er versprochen!«

      Olaf Neumann warf dem anderen Mann einen wütend-vorwurfsvollen Blick zu, ergriff das Handgelenk des Jungen und wiederholte mit erhobener Stimme: »Geh bitte ins Haus.«

      Ulrich nickte beklommen und legte die Hand auf die Schulter des Kindes. »Du musst vernünftig sein, Tobias. Onkel Olaf ist der Boss.«

      »Okay.« Tobias blinzelte dem Mann, der seine ganze Hoffnung war, verschwörerisch zu.

      Kaum war der Junge außer Hörweite, als der Heimleiter aufgebracht begann: »Wie kommst du dazu, dem Jungen Flausen in den Kopf zu setzen? Hast du vergessen, worum ich dich gebeten habe? Du darfst ihn nicht mehr sehen. Ich habe sowieso schon genug Ärger mit Tobias. Du machst alles nur noch schlimmer.«

      »Aber Olaf, die Sachlage hat sich doch grundlegend geändert.«

      »Die Sachlage? Welche Sachlage? Ich bin kein Kind, dem du Märchen auftischen kannst. Du willst mir doch nicht erzählen, dass an der Geschichte mit deiner baldigen Heirat irgendetwas dran ist? Deine Idee von neulich – das war doch ein Scherz, nichts weiter!«

      »Durchaus nicht. Die Zukunft des kleinen Tobias’ nehme ich ausgesprochen ernst. Im übrigen habe ich Bettina Lühr inzwischen persönlich kennengelernt.«

      »Zielstrebig bist du, das muss man dir lassen, wenn es sich auch nur um die Ausführung einer Schnapsidee handelt. Und?«

      »Bettina ist ein fantastisches Mädchen. Es war Liebe auf den ersten Blick – jedenfalls von meiner Seite aus.«

      Ein triumphierendes Aufleuchten in den Augen des Heimleiters verriet die Genugtuung des anderen Mannes.

      »Aha! Es hätte mich auch sehr gewundert, wenn Bettina Lühr ausgerechnet dir aufseufzend in die Arme gesunken wäre.«

      »Wir haben uns jedenfalls sehr nett unterhalten. Ich bin dir zwar keine Rechenschaft schuldig, aber ich möchte, dass du mich verstehst und keinen Keil zwischen mich und Tobias treibst.«

      »Ich treibe keinen Keil zwischen euch, ich tue nur meine Pflicht. Darum fordere ich dich noch einmal mit allem Nachdruck auf, von nun an jeden Kontakt mit dem Jungen zu meiden, in seinem Interesse.«

      »Olaf, du enttäuscht mich schwer. Neulich warst du erheblich verständnisvoller.«

      »Neulich war ich nicht ganz zurechnungsfähig. Du hast mich ja regelrecht besoffen geredet. So ein Quatsch! Zieht sich die zukünftige Ehefrau aus dem Lostopf! Nein, mein Lieber, ich bin Realist.

Скачать книгу