Südwärts. Ernest Henry Shackleton
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Während dieser tagelangen Wartezeit legten wir uns allmählich einen Vorrat an Robbenfleisch zu. Zum einen brauchten die Hunde Futter, zum anderen stellten Robbensteaks und -leber an Bord der Endurance eine willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan dar. Vier Krabbenfresserrobben und drei Weddellrobben kamen uns am 2. Februar vor die Flinte. Das bedeutete über eine Tonne Fleisch für Hunde und Besatzung, und alle Mann waren fast den ganzen Tag lang damit beschäftigt, die Kadaver über das buckelige Eis zum Schiff zu bringen. Wir richteten drei Schlitten so her, dass sie von den Männern gezogen werden konnten, und beförderten die Robben zwei Meilen weit. Die Schlitten wurden aus dem Krähennest per Signalmast um Erhebungen und Wasserlöcher herumgeleitet. Auf der anderen Seite eines großen Eislochs sichteten die Männer zwei weitere Robben, doch gab ich keine Erlaubnis, sie zu verfolgen. Die Eisfläche war sehr trügerisch, Spalten und Löcher waren mit einer dünnen Eisschicht überzogen, und ich wollte kein Unglück riskieren.
In der Scholle am Heck des Schiffes öffnete sich am 3. Februar ein etwa vier Meilen langer Riss. Die schmale Rinne vor dem Schiff war noch immer offen, aber die vorherrschende leichte Brise schienen nicht in der Lage, das Eis in eine günstige Bewegung zu versetzen. Früh am Morgen des 5. Februars zog von Nordost ein Sturm heran, der Wolken und starken Schneefall mit sich brachte. Das Packeis öffnete und schloss sich immer wieder mal, ohne es insgesamt zu lockern. Mittags ging ein jäher Ruck durchs Schiff und es neigte sich um drei Grad zur Seite. Unmittelbar darauf verlief ein Riss vom Bug zu der Wasserrinne vor uns und ein anderer zu der Wasserrinne hinter uns. Ich dachte, es sei vielleicht möglich, das Schiff durch eine dieser Rinnen in offenes Wasser zu manövrieren, aber aufgrund des dichten Schnees konnten wir kein Wasser erkennen. Bevor nun die Kessel angeheizt waren und während noch immer schlechte Sicht herrschte, schloss sich das Packeis bereits wieder. Am 6. Februar war der Sturm aus Nord einer leichten Brise aus West gewichen. Das Packeis schien fester als je zuvor. Es erstreckte sich in alle Richtungen fast ohne Brüche bis zum Horizont. In den folgenden Tagen verschlechterte sich die Lage aufgrund sehr niedriger Temperaturen. In der Nacht des 7. Februar sank das Thermometer auf – 17° Celsius und am 8. Februar sogar auf – 19° Celsius. Diese Kältewelle mitten im antarktischen Sommer kam uns höchst ungelegen, weil sie das Packeis zementierte und den Druck des Eises auf das Schiff weiter verstärkte. Die langsame Drift nach Südwest hielt an. Hin und wieder erhaschten wir am östlichen Horizont einen Blick auf entferntes Hügelland. Unsere Position am 7. Februar war 76° 57' S und 35° 7' W. Lotungen am 6. und 8. Februar ergaben Gletscherschlamm bei 630 und 529 Faden Tiefe.
Am 9. Februar lag die Endurance in einem Wasserloch, das von einer Schicht jungem Eis bedeckt war. Die festen Eisschollen hatten ihren Griff um das Schiff gelockert. Es war neblig und wir bemerkten, wie eine leichte nördliche Dünung durch das Packeis lief. Diese Bewegung ließ hoffen, dass es in unserer Nähe offenes Wasser gab. Um 11 Uhr entstand ein großer Riss im Packeis, der von Ost nach West verlief und so weit reichte, wie wir im Nebel sehen konnten. In der Hoffnung, in diese Lücke vorstoßen zu können, gab ich Order, die Kessel anzuheizen. Der Versuch schlug jedoch fehl. Zwar konnten wir das junge Eis in dem Wasserloch durchbrechen, doch das Packeis hielt uns stand. Am 11. Februar machten wir bei schönem Wetter und blauem Himmel einen erneuten Versuch. Es herrschte noch immer eine niedrige Temperatur, – 19° Celsius um Mitternacht. Nachdem die Endurance etwas von dem jungen Eis durchbrochen hatte, blieb sie in einer weichen Eisscholle stecken. Die Maschinen liefen volle Kraft zurück, konnten aber nichts ausrichten, sodass alle Mann helfen mussten, das Schiff »rauszuhauen«. Wegen der Verschläge für die Hunde mittschiffs mussten die Männer sich achtern versammeln, wo sie in dem begrenzten Raum ums Steuerrad herum alle auf einmal von einer Seite auf die andere rannten. Es war eine leicht groteske Angelegenheit, wie die Männer unter Rufen und Lachen übereinander purzelten, ohne viel zu bewirken. Das Schiff blieb weiter feststecken, während alle Mann auf Kommando lossprangen, kam dann aber schließlich frei, als alle doppelt so hart aufstampften. Wir waren jetzt in der Lage, jede Öffnung, die sich auftun würde, zu nutzen. Das Eis um uns herum war fest, und da es nicht danach aussah, dass wir an diesem Tag noch weiterkommen sollten, ließ ich ein Stahlseil und den Motorschlitten für eine Testfahrt auf die Eisscholle bringen. Der Motor funktionierte einwandfrei und legte in einer Stunde etwa sechs Meilen über Unebenheiten und Spalten im Eis zurück, die mit ein oder zwei Fuß lockerem Schnee bedeckt waren. Die Eisoberfläche schien schlechter beschaffen, als wir es bei Eis auf Festland oder Barriere erwartet hatten. Der Motorschlitten wand sich an dem 500 Faden langen Stahlseil selbst zurück und wurde wieder an Bord gehievt. »Der Ausguck im Mastkorb wurde ständig von den Luftspiegelungen genarrt. Alles hatte etwas Unwirkliches. Eisberge hingen kopfüber in der Luft. Die Landmasse wirkte wie eine silberne oder goldene Wolkenschicht. Wolkenbänke sahen wie Land aus, Eisberge tarnten sich als Inseln oder Nunataks, und wir konnten die ferne Barriere im Süden erkennen, obwohl sie sich eigentlich außer Sichtweite befand. Am Schlimmsten war jedoch der trügerische Anschein offenen Wassers, verursacht durch die Spiegelung weit entfernten Wassers, oder weil die Sonne in einem bestimmten Winkel auf eine glatte Schneefläche fiel, oder auf Eisklippen hinter dem Horizont.«
Die zweite Februarhälfte brachte keine grundlegende Veränderung unserer Situation. Früh am Morgen des 14. Februars ließ ich die Kessel ordentlich anheizen und schickte alle Mann mit Eispickeln, Spießen, Sägen und Spitzhacken auf die Eisscholle. Wir arbeiteten den ganzen Tag und auch den Großteil des nächsten, um das Schiff mit einem anstrengenden Kraftakt in die vor uns liegende Wasserrinne zu bekommen. Die Männer brachen das junge Eis vorm Bug auf und zogen es mühevoll beiseite. Nach vierundzwanzig Stunden Arbeit hatten wir das Schiff ein Drittel der Strecke bis zur Rinne vorangebracht. Aber noch immer trennten die Endurance etwa vierhundert Yard massiven Packeises vom Wasser. Widerstrebend musste ich eingestehen, dass jede weitere Anstrengung vergeblich war. Jede Öffnung, die wir schlugen, fror wegen der für diese Jahreszeit ungewöhnlich niedrigen Temperaturen sofort wieder zu. Das junge Eis war elastisch, sodass das Schiff es nicht mit einem kräftigen Schlag des Bugs spalten konnte. Darüber hinaus hinderte es das alte Eis an jeglicher Bewegung. Das Einstellen unserer Bemühungen war für alle eine große Enttäuschung. Die Männer hatten viele Stunden lang unermüdlich gearbeitet und einen Erfolg verdient. Doch diese Aufgabe überstieg unsere Kräfte. Ich gab die Hoffnung, wieder freizukommen, nicht auf, rechnete aber nun mit der Möglichkeit, den Winter in den unwirtlichen Fängen des Packeises verbringen zu müssen. Die Sonne, die seit zwei Monaten über dem Horizont gestanden hatte, ging um Mitternacht des 17. Februars unter. Auch wenn sie nicht vor April verschwinden würde, warnten ihre schräg einfallenden Strahlen uns vor dem Kommen des Winters. Gelegentlich öffneten sich Wasserlöcher und Rinnen, aber sie froren immer wieder schnell zu.
Wir legten uns weiterhin einen Vorrat an Robbenfleisch und Tran zu. Die Jagdausflüge über die Eisschollen stellten zudem eine willkommene Betätigungsmöglichkeit für die Männer dar. Die drei Krabbenfresserrobben, die wir am 21. Februar schossen, waren Kühe und wurden nicht von einem Bullen begleitet. Am Loch, aus dem sie gestiegen kamen, war Blut zu sehen. Wir vermuteten, dass der Bulle einem Schwertwal als Beute gedient hatte. Diese aggressiven Tiere waren in