Südwärts. Ernest Henry Shackleton

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Südwärts - Ernest Henry Shackleton Edition Erdmann

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warteten mit gedrosselten Maschinen darauf, dass der starke Ostwind abflaute oder das Packeis aufbräche. Morgens um 6:30 Uhr öffneten sich einige Rinnen und wir konnten wieder Richtung Süden fahren. Am folgenden Morgen arbeiteten wir uns langsam durchs Packeis vor, und die mittägliche Positionsbestimmung ergab für die letzten siebzehneinhalb Stunden unter Dampf einen Fortschritt von 19 Meilen S 41° W. Wir sichteten etliche ältere Adelies, drei Krabbenfresser, sechs Seeleoparden, einen Weddell- und zwei Blauwale. Die Lufttemperatur, die am 21. Dezember – 3,8° Celsius betragen hatte, stieg auf 1,1° Celsius. Während wir durch die Wasserrinnen südwärts fuhren, zählten wir fünfzehn Eisberge. Drei davon waren Tafelberge, einer war über siebzig Fuß hoch und fünf Meilen lang. Er stammte offensichtlich von der Außenkante eines Eisfeldes. Das Eis wurde dicker, aber ein wenig offener, sodass wir eine ruhige Nacht lang in gut schiffbaren Wasserrinnen fuhren. Die See war so ruhig, dass sich in den Rinnen neues Eis bildete. Am Mittag des 24. Dezember hatten wir bei einer Position von 64° 32' S und 17° 17' W siebzig Meilen zurückgelegt.

      Von den Hunden hatten bis auf acht alle Namen erhalten. Ich weiß nicht, wer dafür im Einzelnen verantwortlich war, doch verrieten sie eine große Bandbreite an Einfallsreichtum. Sie lauteten Rugby, Upton Bristol, Millhill, Sandy, Mack, Mercury, Wolf, Amundsen, Hercules, Hackenschmidt, Samson, Sammy, Skipper, Caruso, Sub, Ulysses, Spotty, Bosun, Slobbers, Sadie, Sue, Sally, Jasper, Tim, Sweep, Martin, Splitlip, Luke, Saint, Satan, Chips, Stumps, Snapper, Painful, Bob, Snowball, Jerry, Judge, Sooty, Rufus, Sidelights, Simeon, Swanker, Chirgwin, Steamer, Peter, Fluffy, Steward, Slippery, Elliott, Roy, Noel, Shakespeare, Jamie, Bummer, Smuts, Lupoid, Spider und Sailor. Einige der Namen, so wird man bemerken, sind beschreibender Natur.

      Am 25. Dezember, dem ersten Weihnachtstag, hielten schwere Eisschollen das Schiff von Mitternacht bis 6 Uhr morgens fest. Dann öffneten sie sich ein wenig, und wir kamen bis 11:30 Uhr voran, als sich die Rinnen wieder schlossen. In der ersten Nachthälfte hatten wir passable Wasser- und Eisverhältnisse, und die Positionsbestimmung am Mittag ergab, dass wir seit unserem Eintritt in das Packeis zwei Wochen zuvor die meisten Meilen innerhalb von vierundzwanzig Stunden geschafft hatten, nämlich einundsiebzig Meilen S 4° W. Das Eis hielt uns bis zum Abend auf, dann konnten wir ein paar Stunden lang einige Rinnen passieren, bevor dichte gedrängte Eisschollen und der zunehmende Wind uns zum Halten zwangen.

      Darüber haben wir natürlich nicht die Weihnachtsfeier vergessen. Um Mitternacht wurde allen an Deck Grog ausgeschenkt. Zum Frühstück gab es wieder Grog, damit auch jene, die um Mitternacht in ihren Kojen gelegen hatten, in seinen Genuss kamen. Lees hatte die Offiziersmesse mit Wimpeln geschmückt und überreichte jedem von uns ein kleines Weihnachtsgeschenk. Einige hatten auch Geschenke von zu Hause, die sie nun auspackten. Später gab es ein vorzügliches Festmahl mit Schildkrötensuppe, Weißfisch, Hasenpfeffer, Plumpudding, Weihnachtsgebäck, Datteln, Feigen und kandierten Früchten, zu trinken gab es Rum und Stout. Abends fanden sich alle zu einem gemeinsamen Singen ein. Hussey hatte sich eine einsaitige Geige gebastelt, auf der er, in den Worten Worsleys, »einigermaßen schmerzfrei« spielte. Unterdessen war der Wind zu einem leichten Sturm aus Südost aufgefrischt, sodass keine Weiterfahrt möglich war und wir uns ganz unseren Vergnügungen widmen konnten.

      Am 27. Dezember hatten wir an Bord einen ruhigen Tag. Der Südsturm wehte den Schnee in Wolken von der Eisscholle, und die Temperatur fiel auf –5° Celsius. Für die Hunde wurde es in ihren Verschlägen an Deck ungemütlich. Am folgenden Morgen flaute der Wind ab, brachte aber Schneegestöber mit sich, sodass ich erst um 23 Uhr das Kommando zum Aufbruch gab. Das Packeis war weiterhin dicht, das Eis jedoch weicher und leichter zu zerbrechen. Während der Liegezeit hatte der Schiffszimmermann am Heck eine kleine Plattform errichtet. Dort wurde ein Mann platziert, um darüber zu wachen, dass die Schiffschraube nicht mit schweren Eisbrocken kollidierte. Diese Vorkehrung erwies sich als sehr nützlich und ersparte sowohl Steuerruder wie Schiffsschraube etliche Schläge.

      Der starke Wind, der viereinhalb Tage angehalten hatte, wich am Abend des 29. Dezembers einer sanfteren Brise aus Süd. Aufgrund der Drift befanden wir uns tatsächlich elf Meilen weiter nördlich als am 25. Dezember. Aber am 30. kamen wir bei schönem, klarem Wetter ein gutes Stück voran. Das Schiff passierte nachmittags und abends eine lange Wasserrinne und querte um 23 Uhr den Südpolarkreis. Bei Beobachtung des Horizonts entdeckten wir im weiten Kreis des Packeises beträchtliche Lücken, durchsetzt mit Eisbergen unterschiedlicher Größe. In mehreren Richtungen konnten Wasserrinnen ausgemacht werden, doch hielt ich vergeblich nach offenen Wasserflächen Ausschau. In dieser Nacht ging die Sonne nicht unter, und als sie hinter einer Wolkenbank verschwand, glühte der Himmel im Süden golden und purpurfarben, und das Wasser in den Rinnen im Südosten bekam einen zarten hellgrünen Widerschein.

      »Seit Mittag haben sich die Eisverhältnisse gebessert«, schrieb Worsley an diesem Tag. »Obwohl die Wasserrinnen kurz sind, gibt es nur morsche Eisschollen, die sich leicht zerbrechen lassen, wenn man sich sorgfältig die richtige Stelle dafür aussucht. Oft geraten wir an große Flächen jungen Eises, durch die das Schiff ein oder zwei Meilen am Stück hindurchpflügt. Ich kommandiere und manövriere das Schiff vom Krähennest aus und halte es für den besten Platz, da man von hier weit nach vorne schauen und den Kurs im Voraus festlegen kann. Ebenso hat man Steuerruder und Schiffsschraube im Blick, die verletzlichsten Teile eines Schiffes im Eis. Um Mitternacht hörte ich, als ich in der ›Tonne‹ hockte, einen lauten Lärm an Deck, wie Glockengeläut, und mir fiel ein, dass Neujahr war.« Worsley stieg herab von seinem luftigen Sitz und gesellte sich auf der Brücke zu Wild, Hudson und mir. Wir schüttelten einander die Hände und wünschten uns ein glückliches und erfolgreiches Neujahr. Seit wir am 11. Dezember ins Packeis vorgestoßen waren, haben wir 480 Meilen durch loses und dichtes Packeis zurückgelegt. Wir haben uns mit dem kleinen Schiff hindurchgekämpft und manövriert, und es hat diese Prüfung glänzend bestanden, auch wenn die Schiffsschraube einige Male heftig gegen hartes Eis geschlagen war und das Schiff so stark gegen Eisschollen gedrückt wurde, dass es beinahe hinaufgeschoben wurde und beim Zurückgleiten von eine Seite auf die andere schwankte. Noch öfter kam es beim Durchbrechen dickeren jungen Eises zu einem starken Schwanken, wenn der Riss sich eine gewundene Bahn suchte. Bei dem Versuch, ihm zu folgen, rollte das Schiff von einer Seite zur anderen, mit einer Krängung von sechs oder sieben Grad. Wir haben uns Richtung S 10° O durchs Eis bewegt, und ich schätze die gesamte unter Dampf zurückgelegte Strecke auf siebenhundert Meilen. Die ersten hundert Meilen hatten durch loses Packeis geführt, wobei die größten Hindernisse drei mittelschwere Stürme aus Südwest gewesen waren, von denen zwei dreieinhalb, und einer viereinhalb Tage angedauert hatten. Die letzten 250 Meilen gingen dann durch dichtes Packeis, das sich mit längeren Rinnen offenen Fahrwassers abwechselte.

      Während der Wochen, die wir auf der Fahrt nach Süden durch das gewundene Labyrinth des Packeises steuerten, mussten wir oft die Eisschollen

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