Südwärts. Ernest Henry Shackleton

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Südwärts - Ernest Henry Shackleton Edition Erdmann

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An diesem Nachmittag gab es noch ein Vorkommnis. Die Eisberge in der Umgebung waren sehr groß, einige davon über zweihundert Fuß hoch. Manche saßen fest auf Grund und trugen Gezeitenmarken. Ein Eisberg in der Barriere schien über fünfundzwanzig Meilen lang zu sein. Wir trieben das Schiff gegen einen kleineren, gestreiften Eisberg, von dem Wordie einige größere Brocken Biotit-Granit als Probe nahm. Während die Endurance langsam gegen den Eisberg drückte, ertönte ein lautes Krachen, und der Geologe musste sofort zurück an Bord klettern. Die Streifen dieses Eisbergs waren besonders ausgeprägt, sie rührten von den Moränen des Muttergletschers her. Später am Tag frischte der Ostwind zu einem Sturm auf. Kleine Eisschollen trieben mit einer Geschwindigkeit von zwei Knoten vorbei, und das Packeis in Lee begann schnell aufzubrechen. Ein niedriger Eisberg mit geringem Tiefgang trieb in das mahlende Packeis, rammte zwei größere gestrandete Eisberge und stieß sie vom Ufer fort. Alle drei trieben ineinander verkeilt weiter, während wir in Lee eines großen gestrandeten Eisbergs Schutz suchten.

      Bis zum 18. Januar um 7 Uhr lag die Endurance in Lee des gestrandeten Eisbergs. Der Sturm war zu diesem Zeitpunkt abgeflaut, sodass wir unter Segel südwestlich durch eine Wasserrinne fahren konnten, die sich vor der Gletscherfront aufgetan hatte. Wir umfuhren den Gletscher bis 9:30 Uhr, als er in zwei Buchten endete, die sich nach Nordwesten öffneten, aber von zwei gestrandeten Eisbergen nach Westen hin abgeschirmt waren. Die Küste dahinter verlief leicht ansteigend in Richtung Südsüdwest.

      »Das Packeis zwingt uns jetzt vierzehn Meilen westlich zu fahren, bis wir einen breiten Gürtel aus großen Eisbrocken und Growlern durchbrechen. Wir segeln nur unter vorderem Toppsegel, die Maschinen haben wir zum Schutz der Schiffsschraube gestoppt. So gelangen wir in offenes Wasser, wo wir vierundzwanzig Meilen Richtung S 50° W fahren. Dann stoßen wir erneut auf Packeis, das uns zehn Meilen nach Nordwest abdrängt, bis wir von dicken Schneeklumpen, Trümmereis und großen losen Eisschollen aufgehalten werden. Die Struktur des Packeises verändert sich. Die Eisschollen sind sehr dick und mit tiefem Schnee bedeckt. Das zertrümmerte Eis zwischen den Schollen ist so dick und massiv, dass wir nur mit großem Kraftaufwand hindurchkommen, und dann auch nur für eine kurze Strecke. Daher drehen wir für eine Weile bei, um abzuwarten, ob sich das Eis überhaupt noch öffnet, wenn dieser Wind aus Nordost nachlässt.«

      Am Morgen des 19. Januar war unsere Position 76° 34' S und 31° 30' W. Es herrschten gute Wetterverhältnisse, aber wir konnten nicht weiterfahren. Das Schiff war über Nacht vom Eis eingeschlossen worden, und von Deck aus ließ sich in keiner Richtung Wasser erkennen. Vom Mastkorb aus sah man nur ein paar wenige Fahrrinnen. Wir loteten 312 Faden und fanden am Grund Schlamm, Sand und Kieselsteine. Im Osten zeichnete sich schwach das Land ab. Während wir auf bessere Bedingungen warteten, nutzten die Wissenschaftler die Gelegenheit, um mit dem Netz biologische und geologische Proben zu sammeln. In der Nacht kam ein leichter Sturm aus Nordost auf, und als wir am 20. Januar die Lage sichteten, zeigte sich, dass das Schiff fest eingezwängt war. So weit der Blick vom Mastkorb aus reichte, türmte sich das Eis in allen Richtungen dick und massiv um die Endurance herum auf. Man konnte nichts tun, bis ich die Lage wieder änderte. So verbrachten wir die nächsten Tage zunehmend besorgt mit Abwarten. Der Sturm aus Ostnordost, der uns am 16. Januar gezwungen hatte, hinter dem gestrandeten Eisberg Schutz zu suchen, war später auf Nordost gedreht und wehte mit wechselnder Stärke bis zum 22. Januar. Offenbar hatte dieser Wind das Eis in die Bucht des Weddellmeers gedrückt, und das Schiff trieb jetzt im Griff der Eisschollen Richtung Südwest. Die leichte Bewegung des Eises um das Schiff herum führte am 21. Januar dazu, dass das Steuerruder eingeklemmt wurde und ernsthaft Schaden zu nehmen drohte. Wir mussten das Eis mit Stemmeisen zerschlagen, die sechs Fuß lange Holzgriffe hatten. Die Maschinen waren unter Dampf gehalten worden, um bei günstiger Gelegenheit sofort losfahren zu können. Jetzt ließen wir sie volle Kraft laufen und konnten so das Steuerruder aus dem Eis befreien. Am 22. Januar kam im Osten und Süden in etwa sechzehn Meilen Entfernung Land in Sicht. Die Eisdecke an Land schien zumeist in Klippen zu enden, aber an einigen Stellen senkten sich die Abhänge bis hinab zur Meereshöhe. Viele Spalten auf den Eisterrassen parallel zur Küstenlinie verrieten, wo sich die Eisdecke über Hügel hinweg bewegte. Das Inlandeis schien größtenteils gewellt, weich und gut begehbar, aber viele Spalten blieben uns vielleicht auch verborgen, weil sie mit Eis bedeckt waren oder keine Schatten warfen. Nach meiner Schätzung stieg das Gelände vierzig oder fünfzig Meilen weiter landeinwärts auf etwa 5000 Fuß an. Exakte Schätzungen von Höhen und Entfernungen sind in der Antarktis wegen der klaren Luft, der monotonen Farben, der täuschenden Wirkung von Luftspiegelungen und Lichtbrechungen stets schwierig. Das Land schien nach Süden anzusteigen, wo man in siebzig oder mehr Meilen Entfernung einen Gebirgszug oder eine andere Barriere erkennen konnte.

      Am Sonntag, dem 24. Januar, herrschte sonniges Wetter mit einer leichten Brise aus Süd und Ost. Vom Mastkorb aus war kein offenes Wasser zu erkennen, aber in West und Nordwest zeigte sich ein schwacher Wasserhimmel. »Zum ersten Mal seit zehn Tagen wehte der Wind von Nordost bis Ost, und an fünf Tagen davon war er zu einem Sturm angewachsen. Offensichtlich ist das Eis in dieser Gegend stark zusammengedrückt worden, und wir müssen geduldig warten, bis ein Sturm aus Süd aufkommt oder Strömungen das Eis aufbrechen. Wir treiben langsam weiter. Die heutige Position ist 76° 49' S und 33° 51' W. Worsley und James haben auf einer Eisscholle bei Arbeiten mit dem Kew-Magnetometer eine Abweichung von sechs Grad West festgestellt.« Kurz vor Mitternacht tat sich fünfzig Yard vor dem Schiff ein Riss auf, etwa fünf Yard breit und eine Meile lang. Bis um 10 Uhr am 25. Januar auf eine Viertelmeile geweitet. Drei Stunden lang versuchten wir bei voller Maschinenkraft voraus und mit allen gesetzten Segeln das Schiff in diese Öffnung zu treiben. Was bloß bewirkte, dass achtern etwas Eis fortgespült und das Steuerruder befreit wurde. Nachdem ich feststellte, dass das Schiff unverändert feststeckte, brach ich den Versuch ab. Später am Tag stiegen Crean und zwei andere Männer auf einem Gerüst über die Reling und hackten auf ein großes Stück Eis, das unter das Schiff geraten war und unsere Fahrt behinderte. Plötzlich tauchte das Eis weg, schoss wieder empor, überschlug sich und klemmte Crean zwischen Gerüst und Griff der schweren elf Fuß langen Brechstange aus Eisen ein. Er befand sich für einen Moment in Gefahr, doch konnten wir ihn schnell befreien, sodass er mit einigen blauen Flecken davonkam. Die dicke Eisenstange war dabei um fünfundvierzig Grad verbogen worden.

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