Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ðицше
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Unser Pessimismus: die Welt ist nicht Das werth, was wir glaubten, – unser Glaube selber hat unsre Triebe nach Erkenntniß so gesteigert, daß wir dies heute sagen müssen. Zunächst gilt sie damit als weniger werth: sie wird so zunächst empfunden, – nur in diesem Sinne sind wir Pessimisten, nämlich mit dem Willen, uns rückhaltlos diese Umwerthung einzugestehen und uns nichts nach alter Weise vorzuleiern, vorzulügen.
Gerade damit finden wir das Pathos, welches uns treibt, neue Werthe zu suchen. In summa,: die Welt könnte viel mehr werth sein, als wir glaubten, – wir müssen hinter die Naivetät unsrer Ideale kommen, und daß wir vielleicht im Bewußtsein, ihr die höchste Interpretation zu geben, unserm menschlichen Dasein nicht einmal einen mäßig-billigen Werth gegeben haben.
Was ist vergöttert worden? – Die Werthinstinkte innerhalb der Gemeinde (Das, was deren Fortdauer ermöglichte).
Was ist verleumdet worden? – Das, was die höheren Menschen abtrennte von den niederen, die Klüfte-schaffenden Triebe.
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33.
Ursachen für die Heraufkunft des Pessimismus:
1. daß die mächtigsten und zukunftsvollsten Triebe des Lebens bisher verleumdet sind, sodaß das Leben einen Fluch über sich hat;
2. daß die wachsende Tapferkeit und das kühnere Mißtrauen des Menschen die Unablösbarkeit dieser Instinkte vom Leben begreift und dem Leben sich entgegenwendet: 3. daß nur die Mittelmäßigsten, die jenen Konflikt gar nicht fühlen, gedeihen, die höhere Art mißräth und als Gebilde der Entartung gegen sich einnimmt, – daß, andererseits, das Mittelmäßige, sich als Ziel und Sinn gebend, indignirt (– daß Niemand ein Wozu? mehr beantworten kann –); 4. daß die Verkleinerung, die Schmerzfähigkeit, die Unruhe, die Hast, das Gewimmel beständig zunimmt, – daß die Vergegenwärtigung dieses ganzen Treibens, der sogenannten »Civilisation«, immer leichter wird, daß der Einzelne angesichts dieser ungeheuren Maschinerie verzagt und sich unterwirft.
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34.
Der moderne Pessimismus ist ein Ausdruck von der Nutzlosigkeit der modernen Welt, – nicht der Welt und des Daseins.
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35.
Das »Übergewicht von Leid über Lust« oder das Umgekehrte (der Hedonismus): diese beiden Lehren sind selbst schon Wegweiser zum Nihilismus …
Denn hier wird in beiden Fällen kein anderer letzter Sinn gesetzt, als die Lust- oder Unlust-Erscheinung.
Aber so redet eine Art Mensch, die es nicht mehr wagt, einen Willen, eine Absicht, einen Sinn zu setzen: – für jede gesündere Art Mensch mißt sich der Werth des Lebens schlechterdings nicht am Maaße dieser Nebensachen. Und ein Übergewicht von Leid wäre möglich und trotzdem ein mächtiger Wille, ein Ja-sagen zum Leben, ein Nöthig-Haben dieses Übergewichts. »Das Leben lohnt sich nicht«; »Resignation«; »warum sind die Thränen?« – eine schwächliche und sentimentale Denkweise. »Un monstre gai vaut mieux qu’un sentimental ennuyeux.«
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36.
Der philosophische Nihilist ist der Überzeugung, daß alles Geschehen sinnlos und umsonstig ist; und es sollte kein sinnloses und umsonstiges Sein geben. Aber woher dieses: Es sollte nicht? Wer woher nimmt man diesen »Sinn«, dieses Maaß? – Der Nihilist meint im Grunde, der Hinblick auf ein solches ödes, nutzloses Sein wirke auf einen Philosophen unbefriedigend, öde, verzweifelt. Eine solche Einsicht widerspricht unserer feineren Sensibilität als Philosophen. ES läuft auf die absurde Werthung hinaus: der Charakter des Daseins müßte dem Philosophen Vergnügen machen, wenn anders es zu Recht bestehen soll …
Nun ist leicht zu begreifen, daß Vergnügen und Unlust innerhalb des Geschehens nur den Sinn von Mitteln haben können: es bliebe übrig zu fragen, ob wir den »Sinn«, »Zweck« überhaupt sehen könnten, ob nicht die Frage der Sinnlosigkeit oder ihres Gegentheils für uns unlösbar ist. –
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37.
Entwicklung des Pessimismus zum Nihilismus. – Entnatürlichung der Werthe. Scholastik der Werthe. Die Werthe, losgelöst, idealistisch, statt das Thun zu beherrschen und zu führen, wenden sich verurtheilend gegen das Thun.
Gegensätze eingelegt an Stelle der natürlichen Grade und Ränge. Haß auf die Rangordnung. Die Gegensätze sind einem pöbelhaften Zeitalter gemäß, weil leichter faßlich.
Die verworfene Welt, angesichts einer künstlich erbauten »wahren, werthvollen«. – Endlich: man entdeckt, aus welchem Material man die »wahre Welt« gebaut hat: und nun hat man nur die verworfene übrig und rechnet jene höchste Enttäuschung mit ein auf das Conto ihrer Verwerflichkeit.
Damit ist der Nihilismus da: man hat die richtenden Werthe übrig behalten – und nichts weiter!
Hier entsteht das Problem der Stärke und der Schwäche:
1. die Schwachen zerbrechen daran;
2. die Stärkeren zerstören, was nicht zerbricht;
3. die Stärksten überwinden die richtenden Werthe.
Das zusammen macht das tragische Zeitalter aus.
3. Die nihilistische Bewegung als Ausdruck der décadance
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