Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Patricia Vandenberg страница 41
Und dennoch rührte ihn dieser Mann. Hinzu kam auch noch die Überlegung, dass keiner von ihnen das Recht hatte, Sabine, die um so vieles betrogen worden war, auch um ein reiches Erbe zu betrügen.
»Bringen Sie mich zu meiner Enkelin«, sagte Otto Behrend. »Wenn ich das Kind sehe, werde ich Gewissheit haben.«
Gottergeben senkte Herbert Kerst sein Haupt. Er hatte sich das eingebrockt, er musste es auslöffeln. Anschi würde ihn zum Teufel jagen, das ahnte er.
*
»Ich finde es sehr merkwürdig von deinem Vater, dass er sich einfach aus dem Staub gemacht hat«, sagte Norma zu ihrer Tochter.
»Mutti, sei doch nicht ungerecht, Paps sitzt doch noch nicht auf dem Altenteil«, bemerkte Anschi.
»Ich möchte nur wissen, was da los ist. Er wird sich doch nicht in undurchsichtige Geschäfte eingelassen haben?«, äußerte Norma besorgt.
»Du kennst doch Paps, so was macht er nicht«, entgegnete Anschi. »Du machst dir viel zu viel Gedanken, anstatt richtig auszuspannen. Schau dir die herrliche Umgebung an. Komm, wir machen einen Ausflug. Stefan hat doch den Wagen dagelassen.«
»In deinem Zustand darfst du gar nicht mehr fahren«, wandte Norma ein.
»Liebe Güte, Mutti, pack mich doch nicht in Watte! Mir geht es blendend.«
»Außerdem ist Sabine nicht da«, sagte Norma. »Dauernd ist sie bei diesen Auerbachs.«
»Damit sie dir nicht auf die Nerven geht«, erklärte Anschi. »Sie ist sehr taktvoll.«
»Sie geht mir nicht auf die Nerven. Das Kind kann niemandem auf die Nerven gehen. Man spürt es ja gar nicht. Aber diese Auerbachs scheinen eine besondere Anziehungskraft auszuüben.«
»Sie sind unglaublich nette Menschen, Mutti.«
»Aber ich will nicht, dass Sabine denkt, sie stünde mir im Weg.«
Das klang ja richtig eifersüchtig. Anschi lächelte. Sie kannte ihre Mutter.
»Du brauchst Binchen nur mal zu sagen, dass du sie vermisst, dann geht sie bestimmt nicht mehr weg. Aber jetzt wird sie ohnehin gleich kommen. Willst du ihr nicht entgegengehen, Mutti? Dann können wir noch zwei Stunden in der Gegend herumfahren.«
»Wozu herumfahren? Hier ist es doch herrlich ruhig. Ich gehe der Kleinen entgegen, und dann können wir ja ein Weilchen durch den Wald gehen.«
Anschi lachte leise, als ihre Mutter sehr schnell in den Mantel schlüpfte und hinausging.
Na, Paps, da wirst du staunen, wenn du zurückkommst, dachte sie und bereitete das Essen vor.
*
Norma brauchte nicht weit zu gehen. Sabine kam ihr bereits entgegengelaufen.
»Bin ich schon zu spät?«, fragte sie atemlos und richtig erschrocken.
»Aber nein, Binchen«, erwiderte Norma. »Wir haben nur beschlossen, noch gemeinsam spazieren zu gehen.«
Sie streckte dem Kind ihre Hand entgegen.
»Wir drei?«, fragte Sabine atemlos. »Du, Anschi und ich?«
»Ja, Kleines. Wir können doch nicht nur herumhocken und auf Herbert warten. Da leistet er sich wieder mal ein starkes Stück.«
»Das darfst du nicht denken, Tante Norma. Onkel Herbert ist doch nur fleißig«, sagte Sabine.
Norma lachte. »Er hat sich ja mächtig bei dir eingeschmeichelt.«
»Aber er hat euch lieb und will euch bestimmt nicht ärgern«, meinte Sabine.
»Hast ja recht, Spatz. Er ist ein Prachtkerl.«
Sabines Augen strahlten auf.
»Das hast du lieb gesagt, Tante Norma!«
»Nun erzähl mir mal, warum es dir bei den Auerbachs so gut gefällt«, lenkte Norma ab.
»Weil sie mich mögen«, erwiderte Sabine leise. »Sie fragen gar nichts. Ich darf einfach da sein. Bambi ist süß. Anschi hat gesagt, dass sie sich auch solch ein Kind wünscht. Aber sie bekommt bestimmt einen Jungen.«
»Warum meinst du das?«, fragte Norma überrascht.
»Weil es ihr so gutgeht. Bambi hat gesagt, wenn es werdenden Müttern gutgeht, kriegen sie einen Sohn.«
»Bambi scheint ja superklug zu sein«, lächelte Norma. »Ist sie nicht erst fünf?«
»Bald sechs, und heuer kommt sie zur Schule. Aber mit Kindern weiß sie sehr gut Bescheid. Viel besser als ich. Mit ihrer Mami kann man auch über alles reden.«
»Mit mir kannst du auch über alles reden, Binchen«, sagte Norma. Es kostete sie schon ein bisschen Überwindung, und irgendwie fühlte sie sich mehr als Omi denn als Tante.
Sabine schaute sie mit ihren klaren Augen nachdenklich an.
»Anschi freut sich sehr auf das Baby«, bemerkte sie leise. »Du doch auch, Tante Norma?«
»Na ja, ehrlich gesagt, ich bin ein bisschen ängstlich.«
»Warum denn? Das ist doch keine Krankheit.«
»Du hast vollkommen recht«, erklärte Norma nach einem tiefen Seufzer. »Aber wenn man Omi wird, ist es fast noch schlimmer, als wenn man selbst ein Baby bekommt.«
Sabine warf ihr einen schrägen Blick zu.
»Du bist aber eine sehr junge Omi. Frau von Roth sagt das auch. Du musst sie jetzt endlich mal kennenlernen. Sie sind so lieb. Ich habe gar nicht gewusst, dass es so viele liebe Menschen auf der Welt gibt.«
Da stieg es Norma Kerst heiß in die Augen.
»Hoffentlich beziehst du mich eines Tages auch in den Kreis dieser lieben Menschen ein, Binchen«, flüsterte sie.
»Das tue ich doch schon längst, Tante Norma. Du bist doch Anschis Mutti.«
Norma Kerst nahm das Kind in den Arm, und so gingen sie zum Haus in der Frühlingsstraße zurück.
Und als sie dort anlangten, folgte ihnen ein Auto. Norma drehte sich um.
»Unser Paps kommt!«, rief sie. »Jemine! Er bringt noch jemanden mit!«
*
Wer A sagt, muss auch B sagen, nach dem Grundsatz hatte Herbert Kerst nicht umhin gekonnt, Otto Behrend mitzunehmen. Es hätte auch nicht viel genutzt, wenn er sich geweigert hätte, denn dann wäre der alte Herr allein nach Erlenried gefahren, um Sabine kennenzulernen.
So hatte Herbert Kerst auf der Fahrt noch manches erzählt bekommen.
Otto