Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»Morgen könntest du nämlich mit uns zur Sternseeklinik gehen«, meinte Bambi. »Meine Mami hat es schon gesagt.«
»Da kommt schon der Bus«, rief Sabine. »Stefan wird kommen. Ich muss mich beeilen.«
Sie lief schnell zum Bäcker, und so sah sie nicht, dass Anschi ihren Mann in Empfang nahm.
Aber Bambi, die mit ihren Spielgefährten zum See hinunterging, sah es, und sie sah auch, dass Anschi ihren Mann weinend umarmte. Es stimmte sie sehr nachdenklich. Das schien ja kein netter Besuch zu sein, der da gekommen war.
»Anschi, was ist denn?«, fragte Stefan bestürzt. »Hat es Ärger mit Mutti gegeben?«
»Nein, Paps hat Herrn Behrend mitgebracht«, flüsterte Anschi. »Er soll Sabines Großvater sein. Stefan, du musst sagen, dass du Sabines Vater bist! Bitte, bitte, sag es, damit er wieder geht! Er will uns das Kind wegnehmen!«
Nun war Stefan erst mal verwirrt.
»Immer mit der Ruhe. Ich begreife gar nichts.«
»Es gibt nur die eine Möglichkeit, dass du sagst, du seiest Sabines Vater!«, stieß Anschi hervor. »Du musst es sagen, Stefan!«
»Du bist vielleicht gut, Kleines. Das geht doch nicht.
»Doch, es geht! Mutti steht auch auf meiner Seite!«
»Jetzt haut es mich aber um«, murmelte er.
*
Sabine hatte die Haustür offen gefunden, als sie zurückkam. Da sie rücksichtsvoll war, machte sie sich nicht bemerkbar.
Sie wollte leise in die Küche gehen, als aus dem Wohnzimmer erregte Stimmen an ihr Ohr drangen. Sie waren nicht zu überhören.
»Aber, Herr Behrend, alles spricht doch dafür, dass Sabine meine Enkeltochter ist«, hörte sie. »Für mich ist es doch ein unsagbares Glück, jemanden zu haben, für den ich noch da sein, für den ich sorgen kann. Herr Kerst wird Ihnen bestätigen, dass ich Sabines Zukunft aufs beste sichern kann.«
»Sie können uns das Kind nicht einfach wegnehmen«, entgegnete Stefan. »Es ist meine Tochter. Ja, es ist meine Tochter.«
Trotz der Betonung klang es nicht überzeugend, aber das konnte Sabine nicht unterscheiden. Sie hatte nur vernommen, dass dieser alte Herr ihr Großvater sein sollte und sie mitnehmen wollte.
Schnell stellte sie die Tasche mit dem Kuchen ab. Von einer quälenden Angst getrieben, schlich sie wieder aus dem Haus. In ihrem kleinen Kopf ging alles durcheinander.
Nein, sie wollte nicht weg von Anschi, nicht weg von Erlenried, nicht weg aus dieser Welt, die so unsagbar schön für sie geworden war.
Sie lief, so schnell sie konnte, hinein in den Wald und hatte nur den einen Gedanken, sich so lange zu verstecken, bis dieser fremde Mann wieder fort war.
Er würde schon gehen, meinte sie. Er würde sicher kein Kind haben wollen, das ungezogen war. Alte Leute wollen nur brave Kinder.
Onkel Herbert, den sie doch so gern hatte und der so lieb mit ihr gesprochen hatte, hatte den Mann hierhergebracht. Sabine war tief enttäuscht, und es tat ganz schrecklich weh, daran zu denken, dass er es getan hatte, um sie von Anschi zu trennen.
Sie war blindlings gelaufen und nun, ohne es zu wollen, in die Nähe der Felsenburg gelangt. Sie vernahm Stimmen und erkannte die von Magnus von Roth. Er schien einigen Leuten die Felsenburg zeigen zu wollen.
Blitzartig kam Sabine ein Gedanke. Wenn es ihr gelang, sich in die Burg zu schmuggeln, würde man sie nicht finden. Bestimmt würde niemand darauf kommen, sie dort zu suchen. Und da würde sie sich auch nicht so fürchten wie in dem Wald, wenn es dunkel wurde.
Lautlos pirschte sie sich heran. Die schwere Eichentür stand offen. Die Leute waren im Rittersaal. Dumpf klangen die Stimmen nach draußen.
Sabine kannte die Felsenburg jetzt schon sehr gut. Bambi hatte ihr alles genau gezeigt, und sie waren auch in das grüne Gewölbe hinuntergestiegen, in dem man sich leicht verstecken konnte.
Sie huschte durch die Tür und schlich die Treppe hinunter. Dann kauerte sie sich in eine Nische. Ihr Herz schlug bis zum Hals, als die Stimmen deutlicher wurden und näher kamen.
Aber dann hörte sie Magnus von Roth sagen: »Unten ist noch nicht viel zu sehen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis alles hergerichtet ist, und es kostet natürlich auch viel Geld.«
Dann entfernten sich die Stimmen wieder, und Sabine hörte, wie die Tür ins Schloss fiel.
*
»Wo nur das Kind so lange bleibt«, bemerkte Norma. »Es hat doch keinen Sinn, dass wir uns streiten. Es muss alles in Ruhe überlegt werden, das werden Sie doch einsehen, Herr Behrend.«
»Ich will nicht, dass das Kind in Unruhe versetzt wird«, sagte Otto Behrend, »aber Sie werden doch so einsichtig sein, dass niemand Sabines Zukunft besser sichern kann als ich.«
»Es geht doch nicht um Geld!«, erklärte Anschi erregt. »Es geht um die Seele des Kindes! Sie können sich doch nicht hineinversetzen.«
»Wer sagt Ihnen das? Ich betrachte dieses Kind als spätes Vermächtnis meines einzigen Sohnes und möchte noch einmal betonen, dass es nicht so sein müsste wie jetzt, hätte ich von der Existenz des Kindes gewusst. Herrgott, warum ist diese Frau nicht auf den Gedanken verfallen, Sabine zu mir zu schicken?«
»Vielleicht wusste sie, dass es zwei Stefan Behrend gab, und hat sich vorsichtshalber den lebenden ausgesucht«, bemerkte Herbert Kerst deprimiert.
»Ich schaue jetzt jedenfalls, wo Sabine bleibt«, ließ Norma sich vernehmen.
Doch kaum war sie draußen, kam sie schon wieder hereingestürzt.
»Die Tasche mit dem Kuchen ist da, aber Sabine ist fort!«, sagte sie bebend.
Sie sahen sich schweigend an. Schrecken malte sich auf allen Gesichtern.
»Sie muss etwas gehört haben und ist weggelaufen«, flüsterte Anschi. »Oh, Stefan!« Und dann sank sie ihrem Mann weinend in die Arme.
»Da haben wir etwas Schönes angerichtet«, meinte Herbert Kerst zu Otto Behrend. »Jetzt lassen wir den Streit beiseite und suchen das Kind.«
*
Sabine war in den Rittersaal gegangen und hatte sich in einen der schweren Eichensessel gesetzt. Ganz eng hatte sie ihre Arme an sich gepresst, denn es war sehr kühl in dem riesigen Raum.
Anschi darf sich nicht aufregen, dachte sie immer wieder. Sie muss fühlen, dass ich ihr keinen Kummer bereiten will.
Vielleicht teilten sich ihre Gedanken Anschi mit, denn sie war bei weitem nicht so aufgeregt, wie Stefan gefürchtet hatte.
»Sie ist nicht vor uns weggelaufen«, sagte sie leise zu ihrem Mann. »Sie versteckt sich sicher, bis Herr Behrend wieder weg ist.«
»Er wird nicht gehen, Anschi.«