Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Das tat Otto Behrend nicht. Schließlich gab es den Gasthof Seeblick. Doch vorerst hatte er keinen anderen Gedanken, als Sabine zu finden.
Wieder war er ganz einsam, dazu noch in einer Gegend, die er nicht kannte. Sein ganzes freudloses, einsames Leben stand vor seinen Augen, als er am See entlangging, während Herbert und Norma den Wald absuchten und Stefan sich anschickte, Auerbachs aufzusuchen. Vielleicht hatte Sabine sich zu ihnen geflüchtet.
Es war zwar recht peinlich, andere Menschen hineinzuziehen, aber Sabine war wichtiger als solche Erwägungen.
*
Bambi hatte heute gar nichts zu erzählen gewusst, als sie heimkam, und darüber wunderte sich Inge Auerbach sehr.
»Fühlst du dich nicht wohl, Bambi?«, fragte sie, als die Kleine so gedankenvoll vor sich hin blickte.
»Ich schon, Mami, aber Frau Behrend fehlt etwas. Sie hat geweint, als sie ihren Mann abgeholt hat.«
Da wird es doch nicht etwa Differenzen mit den Eltern geben, dachte Inge, die selbst solche Konflikte zwar nicht kannte, aber bei anderen schon miterlebt hatte.
Nicht immer ging es zwischen den Alten und den Jungen so harmonisch zu wie in ihrer Familie. Allerdings mischten sich ihre Eltern auch niemals ein. Sie waren außerordentlich diplomatisch und auch sehr kluge Großeltern.
»Warum mag sie wohl geweint haben?«, überlegte Bambi. »Sabine macht ihr bestimmt keinen Ärger. Aber sie haben noch mal Besuch gekriegt, und das wird ihr vielleicht ein bisschen viel.«
Den Grund für Anschis Tränen erfuhren sie zwar nicht, als Stefan Behrend kam, aber es versetzte auch sie in Aufregung, dass Sabine unauffindbar war.
Bambi schaute ängstlich drein.
»Wir haben sie noch getroffen, als sie zum Bäcker ging und Kuchen holte. Sie hat gesagt, dass sie jetzt schnell machen muss, weil der Bus kam. Ob sie vielleicht das Geld verloren hat? Darum laufen manche Kinder auch weg.«
Nein, das war es gewiss nicht, Stefan konnte die Einzelheiten doch nicht preisgeben.
Bambi meinte, dass sie vielleicht bei den Höllerings sein könnte oder bei den Riedels. Sie machte sich gleich auf den Weg, um nachzuforschen, und nahm ihren Jonny mit.
Inge Auerbach hielt Stefan noch zurück.
»Ich will mich gewiss nicht einmischen, Herr Behrend, aber hatte Sabine vielleicht doch einen triftigen Grund wegzulaufen? Ich habe sie beobachtet. Manchmal ist sie mit ihren Gedanken ganz weit entfernt.«
»Doch, es gibt einen Grund«, erwiderte er. »Sie werden es sicher später einmal erfahren, wenn wir Sabine gefunden haben. Sie hat keine Eltern mehr. Wir wollen sie gern bei uns behalten, doch nun – warum sollen Sie es nicht wissen ist ihr Großvater aufgetaucht. Es ist eine scheußliche Situation, vor allem für meine Frau, die sehr an Sabine hängt.«
Mehr sagte er nicht darüber, doch es genügte Inge Auerbach, sich in die seelische Verfassung des Kindes zu versetzen.
Bambi trabte indessen von Haus zu Haus, doch ohne Ergebnis. Nur Jonny zerrte und wollte anscheinend zum Wald.
»Zur Felsenburg gehen wir heute nicht«, sagte Bambi. »Wir müssen Sabine suchen, hörst du! Such, Jonny!«
*
Otto Behrends Schritte wurden immer müder. Er fühlte sich unsagbar elend.
Warum hatte Stefan ausgerechnet nach Göttingen gehen müssen? Warum war er eigentlich gegangen, wo er doch zu Hause alles gehabt hatte.
Um sich selbst zu bestätigen? Um seinem Vater zu beweisen, dass er auf eigenen Füßen stehen konnte? Solche Beweise hatte er doch gar nicht verlangt. Er wäre doch froh gewesen, wenn sein einziger Sohn in seinem Geschäft geblieben wäre.
Vielleicht war es nicht gut gewesen, dass er von seiner Mutter so verhätschelt worden und buchstäblich in einem Glaskasten aufgewachsen war.
Nie hatte er auf der Straße spielen dürfen. Immer wurde er mit Ermahnungen, sich ja warm anzuziehen, nicht herumzutollen, in die Schule geschickt.
Kein Freund, den er mitbrachte, fand Gnade vor den Augen seiner Mutter. Niemals brachte er später, als er erwachsen wurde, ein Mädchen mit.
Otto Behrend wünschte sich sehr, zu wissen, wie Sabines Mutter gewesen war, wie sie zu seinem Sohn gestanden und was Stefan wirklich für sie gefühlt hatte.
Hatte er Angst gehabt, seinen Eltern von ihr zu erzählen? Dann haben wir restlos versagt, sagte sich der einsame Mann. Auch ich.
Stefan war an den Folgen einer schweren Lungenentzündung gestorben, die er sich bei einem Urlaub in den Dolomiten, den sie gemeinsam verbracht hatten, geholt hatte.
Er war bei einer Bergwanderung in ein Gewitter geraten und hatte sich verirrt. Er war allein gewesen, und ungern erinnerte sich Otto Behrend daran, dass diesem Ausflug ein Streit zwischen Stefan und seiner Mutter vorangegangen war, dessen Grund er nicht wusste.
Er wusste nur, dass seine Frau sich schwere Vorwürfe machte, an dem Tod ihres Sohnes mitschuldig zu sein, dass sie schwermütig wurde und keinen Lebenswillen mehr aufbrachte.
Es kam ihm jetzt aber auch in den Sinn, dass er noch nicht erfahren hatte, was Erika Messner ihrem Kind hinterlassen hatte. Vielleicht war doch etwas vorhanden, was Aufschluss gab über die Beziehung zu Sabines Vater.
Herrgott, du kannst mich doch nicht noch mehr strafen, dachte er. Ich darf doch nicht schuld sein, wenn diesem Kind etwas geschieht!
*
Inge Auerbach war um Bambi jetzt ebenso besorgt wie die Behrends um Sabine. Sie hielt allein Ausschau nach ihr, da ihr Mann und Hannes immer noch nicht aus der Stadt zurück waren. Sie hatten beide zum Zahnarzt gemusst.
Bambi kam allein, ohne Jonny, die Straße heruntergelaufen. Sie war ganz außer Atem.
»Jonny ist ganz narrisch«, sagte sie. »Er geht nicht von der Felsenburg weg, Mami. Aber da kann Sabine doch gar nicht sein! Wo ist denn Opi eigentlich?«
»Mit seinen Bekannten und Omi nach Hohenborn gefahren, Bambi.«
»Hat er den Schlüssel von der Felsenburg mit? Sie waren doch droben. Irgendwas muss sein, dass Jonny sich so aufführt.«
Inge ging mit Bambi in das Haus der Großeltern, aber der Schlüssel hing nicht an seinem gewohnten Platz.
»Und ausgerechnet heute sind Fabian und Ricky bei den Rückerts«, bemerkte Inge Auerbach.
Ihre Tochter Ricky, die mit dem jungen Studienrat Dr. Rückert verheiratet war, verbrachte den Mittwoch Nachmittag immer mit Mann und Kind bei den Schwiegereltern.
»Es ist wie verhext«, sagte Bambi. »Ruf doch lieber mal an, Mami. Wenn Opi in den Tessiner Stuben ist, kann Fabian ihn doch mal wegen dem Schlüssel fragen.«
Bambi wusste immer irgendeinen Rat, und Inge Auerbach fand diesen besonders gut. Sie rief bei den Rückerts in Hohenborn an.
*
Sabine