Dr. Daniel Staffel 4 – Arztroman. Marie-Francoise
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Der Name seiner verstorbenen Frau ließ Dr. Daniel unwillkürlich zusammenzucken.
»Eine Kusine«, wiederholte er leise. »Daher also die Ähnlichkeit.« Er wandte sich seiner Schwester zu. »Irene, stellst du mein Essen bitte warm? Und vielleicht kannst du für Frau Böhnig und mich noch Kaffee machen.«
Irene grummelte etwas Unverständliches, dann verschwand sie in der Küche.
»Es tut mir furchtbar leid, daß ich ausgerechnet beim Essen störe«, erklärte Linda bedauernd. »Ich habe nicht damit gerechnet, daß Sie um acht Uhr noch beim Abendessen sein würden.«
»Die Sprechstunde endet leider nicht immer pünktlich«, entgegnete Dr. Daniel, dann ging er Linda voraus zum Wohnzimmer, ließ sie allerdings zuerst eintreten. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
Linda kam dieser Aufforderung nach, dann bedachte sie Dr. Daniel mit einem zarten Lächeln, das sie anhand des Hochzeitsfotos immer wieder geübt hatte. Zu ihrer Genugtuung stellte sie fest, daß sie damit genau die erwünschte Wirkung erzielte.
»Vielleicht sollten wir dieses dumme ›Sie‹ lassen, Robert«, erklärte sie. »Immerhin sind wir ja verwandt – wenn auch nur um einige Ecken.«
Dr. Daniel nickte. »Gern, Linda.« Dann schüttelte er den Kopf. »Seltsam, Christine hat mir nie von Ihnen… ich meine, von dir erzählt.«
Linda seufzte. »Das glaube ich gern. Als ihr beide geheiratet habt, haben Christines Eltern noch gelebt, und zu jener Zeit waren mein Name und der meiner Eltern im Hause Steiner verpönt. Unsere Mütter waren schwer zerstritten, aber das konnte nichts daran ändern, daß ich mich mit Christine dennoch angefreundet habe. Vor ihrer Heirat haben wir uns regelmäßig getroffen, doch dann lernte sie dich kennen, und von da an hatte sie für mich verständlicherweise nicht mehr viel Zeit. Als kurz darauf auch ich meinen späteren Mann kennenlernte, haben wir uns schließlich ganz aus den Augen verloren.« Sie senkte den Kopf. »Leider habe ich auch von ihrem tragischen Tod erst vor wenigen Monaten erfahren. Seitdem wollte ich dich immer besuchen, aber…« Sie zögerte. »Nun ja, ich wollte mich nicht aufdrängen.«
»Das tust du nicht, Linda«, versicherte Dr. Daniel.
Wieder zeigte sie dieses zarte Lächeln, das Dr. Daniel so sehr an seine verstorbene Frau erinnerte.
»Es ist nett, daß du das sagst, aber ich denke, daß Christines Tod doch ein sehr schwerer Schlag für dich gewesen ist.«
Dr. Daniel nickte. »Ja, Linda, das war er wirklich. Ich brauchte sehr, sehr lange, um einigermaßen dar-über hinwegzukommen, aber obwohl es nun schon sechs Jahre her ist, habe ich es noch immer nicht ganz geschafft.«
»Das glaube ich gern. Christine hat mir kurz nach eurer Hochzeit noch einmal geschrieben. Sie erwartete damals ihr erstes Kind und
schien sehr glücklich zu sein.«
Ein Lächeln huschte über Dr. Daniels Gesicht. »Ja, unser Stefan kam fast genau ein Jahr nach der Hochzeit zur Welt.« Wieder schüttelte er den Kopf. »Ich verstehe gar nicht, warum Christine nie von dir erzählt hat, wenn sie dir sogar noch geschrieben hat.«
»Es war ja nur ein einziger Brief, den ich von ihr noch bekommen habe«, erklärte Linda. »Außerdem war es bei ihr wohl einfach zur Gewohnheit geworden, über unsere Freundschaft Stillschweigen zu bewahren. Ich habe dir vorhin ja schon gesagt, daß unsere Mütter schwer zerstritten waren. Sie hätten die Freundschaft zwischen Christine und mir niemals geduldet. Vielleicht hielt sie das alles aber auch nicht für wichtig genug, um dir davon zu erzählen. Immerhin warst du zur damaligen Zeit ja ziemlich eingespannt.«
Dr. Daniel seufzte. »Das stimmt leider. Als Stefa zur Welt kam, war ich gerade Assistenzarzt, und mein damaliger Chefarzt hat mir wahrlich nichts geschenkt.« Er senkte den Kopf. »In den ersten Jahren nach Christines Tod habe ich mir manchmal gedacht, daß vielleicht alles anders gekommen wäre, wenn ich mir für sie und die Kinder mehr Zeit genommen hätte… wenn mir meine Arbeit nicht ganz so wichtig gewesen wäre.«
»Mach dir deswegen keine Vorwürfe, Robert. Chrstines Tod war Schicksal.«
Dr. Daniel seufzte. »Das hat mein Freund auch gesagt.« Er sah Linda an, und dabei fiel ihm wieder die frappierende Ähnlichkeit mit Christine auf. Wie sich Kusinen doch derart gleichen konnten! Das wunderschöne goldblonde Haar, die Art, wie sie lächelte…
Die Erinnerungen an seine sanfte, liebevolle Frau überfielen Dr. Daniel plötzlich wie eine Sturmflut. Er begann zu erzählen – zusammenhanglos… so, wie ihm die Geschichten und Begebenheiten gerade einfielen, aber vielleicht war das, was er sagte, gerade deshalb so mitreißend, und Linda spürte, daß sie den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Stumm saß sie da und ließ den Arzt in seinen Erinnerungen schwelgen.
Dr. Daniel vergaß Zeit und Raum. Plötzlich war er wieder der junge Student, der sich in das zauberhafte blonde Mädchen verliebt hatte, das Christine einst gewesen war. Die Jahre der Ehe, die Geburten seiner beiden Kinder – alles stand vor ihm auf, als wäre es erst gestern gewesen.
Die hereintretende Irene unterbrach seinen Redefluß. Sie wollte wissen, wie lange sie das Essen noch warmhalten sollte. Es war ja nun schon gleich halb elf.
Dr. Daniel gab ihr nur eine kurze Antwort, dann wandte er sich Linda wieder zu.
»Meine Güte, ich muß dich mit diesen Geschichten ja entsetzlich langweilen«, erklärte er.
»Aber ganz und gar nicht, Robert«, entgegnete sie rasch. »Ich höre dir doch gern zu. Wenn du erzählst, dann ist es, als würde ich Christine leibhaftig vor mir sehen.« Sie senkte für einen Moment den Blick. »Ich bereue zutiefst, daß ich mich nicht ein einziges Mal mehr bei ihr gemeldet habe, aber…« Sie zuckte die Schultern. »Du weißt ja selbst, wie das ist. Man lebt sein eigenes Leben und vergißt nur allzu schnell, was einem früher einmal sehr wichtig gewesen ist.«
»Da hast du wohl recht«, stimmte Dr. Daniel zu, dann lächelte er Linda an. »Ich hoffe aber, daß wir uns jetzt nicht mehr völlig aus den Augen verlieren werden. Weißt du, seit Christines Tod habe ich zu ihrer Verwandtschaft nicht mehr allzuviel Kontakt. Mein Schwager ruft hin und wieder mal an, aber…« Er seufzte. »Es war für uns alle schwer zu begreifen, daß Christine uns so früh verlassen mußte.« Dann stand er plötzlich auf. »Meine Güte, heute bin ich aber wirklich ein schlechter Gastgeber. Nun sitzt du seit über zwei Stunden bei mir, und ich habe dir außer eine Tasse Kaffee nichts zu trinken angeboten. Darf ich dir ein Glas Wein einschenken?«
Die Versuchung war groß, doch dann sagte sich Linda, daß in diesem Falle weniger vielleicht mehr sein würde.
»Nein, danke, Robert«, lehnte sie daher ab. »Ich habe dich schon viel zu lange belästigt.« Sie erhob sich und reichte ihm die Hand. »Ich werde bestimmt noch ein paar Tage hier in Steinhausen sein. Schließlich möchte ich ja auch Christines Grab besuchen. Da werden wir uns sicher noch mal sehen, oder?«
Sehr herzlich drückte Dr. Daniel Lindas schmale, äußerst gepflegte Hand.
»Das wünsche ich mir von ganzem Herzen, Linda«, meinte er warm.
Er begleitete sie hinaus, reichte ihr nochmals die Hand und sah ihr noch nach, als sie zu ihrem schnittigen Wagen ging, einstieg und dann langsam den Kreuzbergweg hinunterfuhr. Seine Gedanken folgten ihr dabei – es waren sehnsuchtsvolle, romantische Gedanken, die er sich kaum erklären konnte. Seit Christines Tod hatte er nichts Derartiges mehr