MATTHEW CORBETT und die Jagd nach Mister Slaughter. Robert Mccammon
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Читать онлайн книгу MATTHEW CORBETT und die Jagd nach Mister Slaughter - Robert Mccammon страница 25
Was konnte Matthew schon sagen? Er schwieg und zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß, dass Ihr das Geld gebrauchen könntet«, sagte Greathouse zu ihm. »Und mir käme Lord Cornburys Wohlwille nicht ungelegen. Aber sagt mir doch, Lillehorne: Habt Ihr ihn jemals in Männerkleidung gesehen?«
»Habe ich. Allerdings sieht er darin genauso … unpassend aus.«
Greathouse nickte und sagte dann: »Die Ketten.«
»Wie meinen?«
»Die Ketten haben besser kein einziges verrostetes Glied.«
Das hatten sie nicht. Die soliden Handschellen und Fußeisen sowie die Ketten lagen in einem Jutesack hinten auf dem Wagen. Matthew lenkte die Pferde auf einen von der Philadelphia-Straße abzweigenden Weg und durch ein Wäldchen. Gleich dahinter befanden sich die drei Gebäude des Tollhauses.
Es war ein friedlicher Ort, an dem die Vögel in den Bäumen sangen und eine leichte Brise wisperte. Greathouse rutschte dennoch unbehaglich auf dem Kutschbock hin und her und vermied es, die Gebäude anzusehen, als wollte er nicht daran denken, was hinter den Mauern lag. Das zweite und größte Gebäude, aus rauem Stein gebaut und einer Scheune oder Versammlungshalle ähnelnd, beherbergte alle Insassen bis auf die wenigen, die im dritten, weiß gestrichenen Haus dem Garten gegenüber wohnten. An manchen der Fenster des zweiten Gebäudes waren die Läden geschlossen. An anderen standen sie offen, die Fenster waren vergittert, und als der Wagen sich näherte, spähten einige Gesichter heraus. Die ländliche Stille wurde von einem Schrei durchrissen, in den eine zweite, noch schrillere Stimme einfiel.
»Anscheinend haben wir unser Ziel erreicht«, bemerkte Greathouse trocken und rieb sich die Hände. Matthew wusste von ihren früheren Besuchen, dass das Tollhaus Greathouse so fahrig werden ließ wie eine Katze auf einem Teppich aus Rasierklingen. Dabei führten die beiden Ärzte die Einrichtung auf effiziente und humane Art.
Vor dem ersten Gebäude, das weiß gestrichen war und wie ein ganz normales Haus aussah, ließ Matthew die Pferde anhalten. Als er vom Kutschbock stieg, um die Gäule am nahegelegenen Trog trinken zu lassen, ging die Tür auf und ein untersetzter Mann in braunem Anzug und Weste kam heraus. Er hob grüßend die Hand und nahm dabei die Tonpfeife aus dem Mund.
»Zum Gruße, Gentlemen«, sagte Dr. Curtis Hulzen. Er hatte graue Haare, und auf seiner Hakennase saß eine Brille. »Der Tag ist also gekommen.«
Greathouse brummelte etwas vor sich hin, das Matthew nicht verstehen konnte und auch nicht wollte.
»Jacob!«, rief Hulzen ins Haus hinein, woraufhin ein in Grau mit brauner Weste gekleideter Mann nach draußen kam. »Kannst du bitte Dr. Ramsendell holen und ihm sagen, dass die Eskorte da ist?«
»Sir«, antwortete Jacob mit einem kurzen Nicken und kam über den vielbenutzten Pfad auf Matthew zu, der diesen Patienten schon bei seinem ersten Besuch kennengelernt hatte. Vor dem Pferdetrog blieb Jacob plötzlich stehen und fragte Matthew in abgehackten Worten: »Seid Ihr gekommen, mich nach Hause zu bringen?« Jacobs linke Schläfe war nach innen eingedellt, und eine alte gezackte Narbe verlief von seiner rechten Wange hoch zu einer eingefallenen Stelle auf seinem Kopf, an der keine Haare mehr wuchsen. Seine hell glänzenden Augen starrten Matthew hoffnungsvoll an. Ramsendell hatte Matthew erklärt, dass sein Zustand durch einen Unfall in der Sägemühle verursacht worden war und dass Jacob nie wieder dort draußen bei seiner Frau und den zwei Kindern würde leben können. Als Matthew merkte, dass Hulzen ihm nicht aus seiner Verlegenheit helfen würde, sagte Matthew so freundlich, wie er konnte: »Nein, ich fürchte nicht.«
Jacob zuckte die Achseln, als hätte er diese Antwort erwartet, aber in seinen Augen lag vielleicht ein Funke Schmerz. »Macht nichts«, meinte er mit einem schiefen Grinsen. »In meinem Kopf spielt Musik.« Dann ging er den Pfad entlang auf das zweite Gebäude zu, holte einen Schlüsselring aus seiner Westentasche, schloss die massive Holztür auf und verschwand im Insassenhaus.
»Ihr geht ja freizügig mit Euren Schlüsseln um«, bemerkte Greathouse, der vom Wagen kletterte. »Es würde mich nicht überraschen, wenn Eure Irren eines Tages alle in den Wald davonlaufen würden. Und was wäre dann?«
»Dann würden wir sie wieder zurückholen.« Hulzen hatte sich die Pfeife zurück in den Mund gesteckt und blies den Rauch in Greathouses Richtung. Die beiden waren schon einmal aneinander geraten. »Die, die weglaufen würden – und das wären nur wenige. Ihr scheint nicht zu verstehen, dass die meisten unserer Patienten wie Kinder sind.«
Greathouse zog den versiegelten Umschlag aus der Innentasche seines beigefarbenen Gehrocks und hielt ihn hoch. »Hiernach ist zumindest einer von ihnen nicht wie ein Kind. Wir sollen Euch ein paar dieser Dokumente unterschreiben lassen.«
»Dann tretet bitte ein.«
Matthew schlang die Zügel um einen Anbindebalken, zog die Wagenbremse an und folgte Hulzen und Greathouse in das Haus, in dem die Ärzte ihr Arbeits- und Konferenzzimmer hatten. Zwei Sekretäre, ein großer Konferenztisch mit sechs Stühlen, ein Aktenschrank und Regale voller Bücher befanden sich darin. Auf dem Boden lag ein dunkelgrüner Webteppich. Hulzen schloss die Haustür und schwenkte die Hand in Richtung Tisch, auf dem eine Schreibfeder und ein Tintenfass standen. Hinten im Raum gab es eine Tür, die, wie Matthew bei seinem ersten Besuch gesehen hatte, zu einem Untersuchungszimmer führte, in dem Medikamente und Arztinstrumente aufbewahrt wurden.
»Die Papiere«, sagte Hulzen, woraufhin Greathouse Lord Cornburys Siegel brach. Drei offizielle Dokumente aus Pergamentpapier rutschten heraus, ähnlich denen, die Matthew während seiner Zeit als Gerichtsdiener für Nathaniel Powers jeden Tag zu Gesicht bekommen hatte. Greathouse suchte die von ihnen allen zu unterschreibenden Papiere heraus, Hulzen überflog kurz den Text, unterschrieb und gab das Dokument an Matthew weiter. Greathouse hatte gerade die Feder ins Tintenfass getaucht und seinen Namen daruntergesetzt, als unvermutet die Haustür aufging. Greathouse zuckte zusammen und seine Unterschrift geriet zu einem unleserlichen Krakel.
Der Patient – aus dem mit der vierten Unterschrift ein Gefangener werden würde – schlenderte ins Zimmer, gefolgt von Dr. David Ramsendell und Jacob als Nachhut.
Matthew kam es vor, als sei es plötzlich kalt geworden.
»Hm!«, machte der soeben Eingetretene verachtungsvoll. Er starrte auf den Überführungsbrief, insbesondere auf die drei Unterschriften. »Ihr verfügt also über mich wie über einen gewöhnlichen Kriminellen? Schande über Euch!«
Ernst wie ein Grabstein sah Greathouse dem Mann ins Gesicht. »Ihr seid ein gewöhnlicher Krimineller, Slaughter.«
»Oh nein, Sir«, lautete die Antwort, die mit dem Anflug eines Lächelns und einer leichten, spöttischen Verbeugung gegeben wurde. Der Mann, dessen Handgelenke mit einem Vorhängeschloss in lederne Schellen gefesselt waren, hielt seine Finger geflochten. »An mir ist rein gar nichts Gewöhnliches, Sir. Und ich würde es schätzen, wenn Ihr mir den mir zustehenden Respekt zollen und mich von jetzt an so anreden würdet, wie es sich für einen feinen Gentleman gehört: Mister Slaughter.«
Niemand lachte. Niemand außer Slaughter, der mit seinen hellblauen Augen zwischen Greathouse und Matthew hin- und hersah. Ein langsames, tiefes Lachen begann in seiner Kehle zu schallen wie eine Totenglocke.
Kapitel 7
»Es