Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten. Sven Elvestad

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Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten - Sven Elvestad

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der See vorkommen kann. Sie kamen erst, nachdem er fort war. Und ich hatte vergessen, ihn zu fragen, wie viele tot waren und wie viele noch am Leben.«

      »Um Himmels willen, wovon redest du eigentlich?« fragte der Segelmacher.

      »Von den Toten. Ich kann ja nicht wissen, wie viele tot sind. Davon hat er nichts gesagt.«

      »Welche Toten meinst du?«

      »Die von der ›Glücksprobe‹.«

      Der Segelmacher fuhr zusammen. War der Lotsenälteste übergeschnappt? Wäre es nicht am besten, die Alte zu wecken?

      Der Lotsenälteste sagte leise und ernst, so ernst, daß seine Stimme zitterte:

       »So sollte sich am zwanzigsten Jahrestag doch etwas begeben.«

      »Aber was hat sich denn begeben, Lotsenältester?«

      »Ja, was hat sich begeben? Was hat sich ereignet?«

      Der Lotsenälteste sprach nun halb zu sich selbst und strich sich gedankenvoll den Bart:

      »Ich habe keinen Eid geschworen«, sagte er. »Ich bin nicht meineidig. Ich habe ihm mein Versprechen gegeben. Aber er hat mir keinen Schwur abgenommen.«

      Plötzlich rief er laut:

      »Er ist zurückgekommen! Einer von ihnen ist zurückgekommen.«

      *

      Der Segelmacher sah ihn erschrocken an, aber von dem Lotsenältesten ging ein so eindringlicher Ernst aus, daß der Segelmacher unwillkürlich unter seinen Bann geriet. Der Lotsenälteste fuhr fort:

      »Ich hatte heute abend den Besuch von Andreas von der ›Glücksprobe‹.«

       Als der alte Segelmacher diesen Namen hörte, begann er zu zittern.

      »Gestern ... das Wirtshaus«, murmelte er, aber er beendete den Satz nicht. Sein Blick sprach deutlich genug. Gestern im Wirtshaus hatte doch gerade der Lotsenälteste alle davor gewarnt, noch weiter an die alte Brigg zu denken. Er hatte den Fluch an die Wand gemalt. Und nun ... so stand es im offenen Blick des Segelmachers zu lesen ... nun hatte sich der Lotsenälteste selbst im Netz des Fluchs verstrickt.

      »Von diesem Schiffe kommen wir nie los, Lotsenältester«, flüsterte der Segelmacher. »Wir können dagegen ankämpfen soviel wir wollen, wir werden nie damit fertig.«

      Der Lotsenälteste stand auf. Er wankte, und der Segelmacher eilte herbei, um ihn mit seiner schiefen Schulter zu stützen.

      »Das ist eine häßliche, drückende Luft hier«, sagte der Lotsenälteste. »Das Atmen fällt mir schwer.«

      Um den Hals hatte er ein wollenes Tuch, das er löste. Er ging mühsam zu dem kleinen Fenster hin und riß es auf. Dann sah er hinaus. »Wie ich es mir gedacht habe. Der Himmel ist so dick wie ein Polster.«

      Er suchte die Dunkelheit mit seinen scharfen Lotsenaugen zu durchdringen.

      »Mir scheint, dort drüben am andern Flußufer bewegt sich etwas. Ist das nicht ein Boot drüben im Schilf?«

      Der Segelmacher konnte nichts sehen.

      »Ich habe bessere Augen als du,« sagte der Lotse, »vielleicht ist wer da, vielleicht auch nicht. Möglicherweise ist jemand von den anderen gekommen. Mach das Fenster zu!«

      Der Segelmacher führte ihn an den Tisch zurück und bemühte sich eifrig um ihn, um ihn zu beruhigen. Dann wischte er den Holzsessel mit dem Rockärmel ab. Aber der Lotsenälteste wollte sich nicht mehr setzen.

      »Wir müssen jetzt gehen«, sagte er,

      »Ich auch?«

      »Ja, du auch. Ich will dich mithaben. Darum bin ich hergekommen.«

      »Wo sollen wir hin?«

      »Ins Wirtshaus.«

       »Zu der alten Hexe? So spät! Sie wird schon zugesperrt haben.«

      »Macht nichts. Man wird uns schon aufmachen. Ich muß mit Andreas reden.«

      »Andreas!« Dem alten Segelmacher gab es wieder einen Ruck, und er drehte langsam den Kopf über die Schulter zurück, als ob er fürchtete, ein Gespenst aus der Dunkelheit hervortreten zu sehen. Er beeilte sich, die Gläser zu füllen, und trank hastig.

      »Andreas ist gekommen. Hast du nicht verstanden?« rief der Lotsenälteste unwirsch. »Ich wollte ihm ja mein Wort halten. Aber dann kam diese furchtbare Ahnung über mich, daß noch andere Gäste in der Stube sein könnten. Die ganze Luft war von Hast und Ungeduld erfüllt. Und diese Ungeduld drang mir ins Herz und setzte sich hier fest.«

      Er zog den Rock über der Brust zusammen.

      »Und dann kam es mir zum Bewußtsein, daß ich auch gegen die anderen Pflichten habe. Ich hörte jemanden rufen. Wir Seeleute hören oft einen solchen Ruf ohne Worte.«

       »Aber wann ist er denn gekommen, dieser Andreas?«

      Der Lotsenälteste lächelte ungeduldig über die Begriffsstutzigkeit des anderen.

      »Du hast ihn ja selber gesehen«, sagte er. »Er kam gestern abend. Der fremde Mann in dem großen Mantel.«

      Der Segelmacher riß die Augen auf. Zum erstenmal wurde es ihm klar, daß, was der Lotsenälteste da sprach, nicht einfach das leere Gerede eines Trunkenen war. Immerhin blieb der Segelmacher noch von Zweifeln erfüllt. Aber er war glücklich in seinem Zweifel. Innerhalb der Grenzen der Möglichkeit war eine große Freude aufgetaucht. Aber durfte er es wagen, an diese Freude zu glauben?

      »Nein, der war es?« sagte er langsam und staunend.

      »Das war Andreas. Er kam mir gleich so sonderbar vor, so bekannt. Und als er heute abend zu mir hereintrat und mir erzählte, wer er ist, erkannte ich ihn gleich. Fandest du nicht auch, daß er etwas Merkwürdiges an sich hatte, wie er dort drüben im Wirtshaus saß?«

       Der Segelmacher, der die Hoffnung nie ganz aufgegeben hatte und oft grübelnd über seiner Arbeit gesessen hatte: Kommt keiner zurück ... sollen wir nie mehr etwas hören ... der Segelmacher gab zur Antwort:

      »Doch, ich finde auch, daß er aussah, als brächte er eine Botschaft.«

      Und nun wurde auch der Segelmacher von Unruhe gepackt, sie einigten sich darüber, durch den rückwärtigen Ausgang zu gehen, um die Frau des Segelmachers nicht zu wecken. Als sie draußen auf dem Hofe standen, hörten sie hoch oben vom Bergrücken Harmonikatöne. Sie entfernten sich und kamen näher, das war die Jugend, die an Wald und Bergen vorbei über offene Fluren heimwärts zog.

      XIV. Signe sieht den Fremden

       Inhaltsverzeichnis

       Auf dem Tisch der Wirtsstube stand eine hohe, gelbe, brennende Kerze. Das Feuer im Kamin war ausgegangen, nur eine schwache Röte in der Dunkelheit ließ ahnen, daß noch Glut unter der Asche war.

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