Emotional gesund leiten. Peter Scazzero

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Emotional gesund leiten - Peter  Scazzero

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unreife Leiter sind chronisch überfordert. Obwohl sie ohnehin schon viel zu viel zu tun und für alles zu wenig Zeit haben, sagen sie reflexartig Ja zu jeder sich bietenden neuen Gelegenheit, aktiv zu werden. Sie nehmen sich aber nicht die Zeit, im Gebet danach zu fragen, was wohl Gottes Wille in dieser Sache ist. Die Vorstellung, sie könnten ihr geistliches Leben – oder die Art, wie sie führen – entschleunigen, damit das, was sie für Jesus tun, aus einem in Jesus gegründet Sein erwächst, ist ihnen fremd. Zeiten des Alleinseins oder Schweigen gelten ihnen als Luxus, keineswegs als zentrale geistliche Übung und schon gar nicht als unverzichtbar für wirksames Führen. Ihre oberste Priorität ist ihre Führungsaufgabe in ihrer Organisation, ihrem Team oder Dienstbereich in der Gemeinde, denn damit wollen sie ja die Welt für Christus gewinnen. Fragte man solche Leiter nach ihren drei Hauptprioritäten, nach denen sie ihre Zeit einteilen, wäre der Punkt: „eine tiefe, das Leben formende Beziehung zu Jesus zu pflegen“ wohl kaum darunter. Und so verwundert es nicht, dass der Normalzustand in ihrem Leben und ihrem Führungsstil von Abspaltung und Erschöpfung und Substanzverlust gekennzeichnet ist.

      4. Fehlender Rhythmus von Arbeit und Ruhe

      Emotional unreife Leiter kennen keine Sonntagspraxis – keinen Ruhetag: vierundzwanzig Stunden in jeder Woche, die nur dazu da sind, die Arbeit liegen zu lassen, sich zu erholen, Gottes gute Gaben zu genießen und sich an ihm und am Leben überhaupt zu freuen. Das Sabbatgebot, so zentral im Alten Testament, erscheint ihnen irrelevant, nicht verbindlich oder sogar als lästige Gesetzlichkeit, die in längst vergangene Zeiten gehört. Oder sie unterscheiden nicht zwischen dem biblisch gebotenen Sabbatfeiertag und einem „freien Tag“, an dem man Dinge erledigt wie Einkaufen, Überweisungen ausschreiben und die Steuererklärung machen. Für sie steht an erster Stelle, dass sie alle Aufgaben erledigen und hart genug arbeiten, um sich einen freien Tag zu „verdienen“.

      André ist sechsundfünfzig. Er leitet einen Gemeindeverband, zu dem mehr als sechzig Gemeinden gehören, für die er verantwortlich ist. Er hat schon seit etlichen Jahren nicht mehr richtig Urlaub gemacht – einen Urlaub ohne E-Mails oder telefonische Erreichbarkeit. Ein wöchentlicher Ruhetag liegt völlig außerhalb seiner Vorstellungen. Bei einem Treffen mit einem Freund – das er vor der nächsten Sitzung noch in den Terminkalender gequetscht hat – ergibt sich folgendes Gespräch.

      „André, du siehst ein bisschen fertig aus“, sagt Ralf. „Wann hast du zuletzt mal einen Tag nicht gearbeitet?“

      „Ausruhen können wir im Himmel“, erwidert André. „Gott schläft und schlummert doch schließlich auch nicht, oder? Und wir sind seine Mitarbeiter.“

      Aber es ist offensichtlich, dass er zutiefst erschöpft ist.

      „Ich weiß ja, dass du deine Arbeit liebst“, bemerkt Ralf. „Aber gibt es sonst noch etwas in deinem Leben, das dir richtig Freude macht?“

      Es entsteht eine Pause. Schließlich nickt André. „Es ist schon endlos her, dass ich Zeit gehabt habe, darüber auch nur nachzudenken. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Wieder ein langes Schweigen. „Aber was soll ich machen? Alle Kollegen in vergleichbaren Positionen arbeiten genauso viel.“

      „Und das ist eine Entschuldigung?“, hakt Ralf nach.

      „Du hast recht“, antwortet André lächelnd. „Ich werde versuchen, mir den Montag wieder freizuhalten.“

      Eine Stunde später brütet André über seinem Kalender. Fünf von sechs Montagen in den nächsten sechs Wochen sind bereits verplant. Wem will ich eigentlich etwas vormachen?, denkt er. Ein regelmäßiger freier Tag? Das ist nicht zu machen. Ich muss dann einen einlegen, wenn die Termine es erlauben. Aber die Chancen stehen gut, dass die Termine es nie erlauben werden. Und der gelegentliche freie Tag alle paar Wochen reicht nicht aus, um einen gesunden Rhythmus von Arbeit und Ruhe zu etablieren. Den aber braucht André, um seine Leitungsaufgabe effektiv wahrzunehmen und selbst gesund zu bleiben.

      Wer Ihnen beim Stichwort „emotional unreifer Führungsstil“ einfällt, habe ich anfangs gefragt. Treffen die vier genannten Kennzeichen das, was Ihnen da zuerst durch den Kopf ging? Oder haben Sie sich vielleicht sogar selbst wiedererkannt? Ja, das meiste davon leuchtet mir ein, denken Sie vielleicht. Oder auch: Das bringen Führungspositionen eben so mit sich. Ich kenne Leute, die noch viel mehr Defizite haben und trotzdem gute Führungsleute sind. Es stimmt: Nichts von dem, was ich genannt habe, klingt übermäßig dramatisch. Aber im Lauf der Zeit werden Leiter mit den genannten Defiziten nicht nur persönlich einen hohen Preis zahlen, wenn sie nichts dagegen unternehmen; auch ihre Organisationen werden leiden.

      Die Langzeitfolgen einer unreifen Leitung sind eine Bedrohung für die Gesundheit der Leiter und für die Wirksamkeit der Gemeinde und Kirche. Wenn wir uns darauf einigen können, müssen wir als Nächstes fragen: Warum halten wir so beharrlich an ungesunden Mustern fest? Man sollte doch erwarten, dass jeder, der in der Kirche mitarbeitet, eine gesunde Führungskultur befürwortet und alles dafür einsetzt, eine solche zu etablieren. Aber in der Realität ist es anders. Ja, man muss sogar sagen: Es gibt Aspekte in der Führungskultur in Kirche und Gemeinden, die diesem Ziel aktiv entgegenwirken. Wenn Sie sich entschließen, ganz bewusst emotional gesunde Strukturen in Ihrem Führungsstil zu etablieren, müssen Sie mit einigem Widerstand aus den eigenen Reihen rechnen. Sie werden mit dem zu kämpfen haben, was ich die „Vier giftigen Gesetze für Gemeindeleiter“ genannt habe.

      Emotionale Unreife bei Leitern ist keine Frage von ganz oder gar nicht; es gibt auch hier Abstufungen und in unterschiedlichen Situationen auch Veränderungen. Die Liste der folgenden Aussagen gibt Ihnen eine Vorstellung davon, wo Sie momentan selbst stehen. Notieren Sie neben jeder Aussage unten Ihre Einschätzung für sich selbst nach folgendem Schema.

      5 – Trifft immer zu

      4 – Trifft häufig zu

      3 – Trifft gelegentlich zu

      2 – Trifft selten zu

      1 – Trifft nie zu

      _____ 1. Ich nehme mir ausreichend Zeit, um schwierige Gefühle wie Ärger, Angst und Traurigkeit zuzulassen, zu spüren und zu bearbeiten.

      _____ 2. Ich kann sehen, wie Verhaltensmuster aus meiner Ursprungsfamilie meine Beziehungen heute und mein Führungsverhalten beeinflussen – sowohl positiv wie negativ.

      _____ 3. (Für Ehepartner) In der Weise, wie ich meine Kraft und meine Zeit einsetze, zeigt sich, dass meine Ehe – nicht meine Führungsaufgabe – für mich oberste Priorität hat.

      _____ (Für Singles) In der Weise, wie ich meine Kraft und meine Zeit einsetze, zeigt sich, dass ein gesundes Leben als Single – nicht meine Führungsaufgabe – für mich oberste Priorität hat.

      _____ 4. (Für Ehepartner) Ich erlebe einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Einssein mit Jesus und dem Einssein mit meinem Partner/meiner Partnerin.

      _____ (Für Singles) Ich erlebe einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Einssein mit Jesus und einer engen Verbundenheit mit Freunden und mit meiner Familie.

      _____ 5. Egal, wie viel ich zu tun habe, ich nehme mir regelmäßig Zeiten des Alleinseins und Schweigens. Das gehört zu meiner normalen Glaubenspraxis.

      _____ 6. Ich nehme mir regelmäßig Zeit zum Bibellesen und Beten, um selbst Gemeinschaft mit Gott zu erleben – nicht nur, um einen Einsatz für andere vorzubereiten.

      _____ 7. Ich halte wöchentlich einen Ruhetag – vierundzwanzig Stunden, in denen ich nicht arbeite, mich

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