Wie ich Livingstone fand. Henry M. Stanley
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Das nun folgende Zwiegespräch, welches so stattfand, wie es hier aufgezeichnet, wird dazu beitragen, den Charakter der Leute zu kennzeichnen, mit denen ich ungefähr ein Jahr lang im Verkehr stehen sollte.
Weißer: »Seid Ihr der große Häuptling von Kingaru?«
Kingaru: »Huh-uh. Ja.«
Weißer: »Der große, große Häuptling?«
Kingaru: »Huh-uh. Ja.«
Weißer: »Wie viele Soldaten habt Ihr?«
Kingaru: »Wieso?«
Weißer: »Wie viele Kriegsleute habt Ihr?«
Kingaru: »Gar keine.«
Weißer: »Nun, ich dachte, Ihr würdet tausend Mann bei Euch haben, da Ihr einem so starken Weißen, der viele Gewehre und Soldaten hat, eine Strafe von zwei Doti für das Begraben eines toten Pferdes auferlegt.«
Kingaru (etwas verwirrt): »Nein, ich habe keine Soldaten. Ich habe bloß ein paar junge Leute.«
Weißer: »Warum kommt Ihr denn und macht uns diese Unruhe?«
Kingaru: »Ich habe es nicht getan, sondern meine Brüder, die mir sagten: ›Komm her, komm her, Kingaru, sieh, was der weiße Mann getan hat. Hat er nicht von deinem Grund und Boden Besitz ergriffen dadurch, dass er sein Pferd ohne deine Erlaubnis in deinem Erdreich begraben hat? Komm, geh hin und sieh, mit welchem Recht er das getan.‹ Daher bin ich hergekommen, um Euch zu fragen, wer Euch die Erlaubnis gegeben hat, meinen Boden als Begräbnisplatz zu benutzen.«
Weißer: »Ich bedarf keines Menschen Erlaubnis, um das zu tun, was recht ist. Mein Pferd ist krepiert. Hätte ich es in Euerm Tal liegen lassen, dass es dortselbst verfaule und die Luft verpeste, so hätte Krankheit Euer Dorf heimgesucht, Euer Wasser wäre ungesund geworden, und die Karawanen würden hier nicht anhalten, um Handel zu treiben, denn sie würden sagen: ›Dies ist ein unglücklicher Ort, lasst uns fortziehen.‹ Aber genug davon; ich höre, Ihr wollt nicht, dass das Pferd in Eurem Boden beerdigt sei. Der Fehler, den ich begangen, lässt sich leicht wieder gutmachen. Im Augenblick sollen meine Soldaten es wieder ausgraben und den Boden so zudecken, wie er früher war, und das Pferd soll da liegen bleiben, wo es gestorben ist.« (Bombay laut zurufend): »Heda, Bombay, nimm Soldaten mit Hacken, um mein Pferd aus der Erde herauszugraben. Schleppt es dahin, wo es gestorben ist, und macht alles bereit für unseren morgen früh stattfindenden Marsch.«
Kingaru schreit nun mit bedeutend erhobener Stimme und vor Erregung wackelndem Kopf: »Akuna, akuna, Bana! Nein, nein, Herr! Möge der weiße Mann nicht zornig werden. Das Pferd ist tot und liegt jetzt begraben. Mag es da liegen bleiben, weil es schon da ist, und lasst uns wieder gute Freunde sein.«
Nachdem der Scheikh von Kingaru auf diese Weise zur Vernunft gebracht war, boten wir einander ein freundschaftliches Quahary, und ich blieb allein, um über meinen Verlust nachzudenken. Kaum war eine halbe Stunde verstrichen – es war neun Uhr abends geworden und das Lager schon halb im Schlummer, als ich ein tiefes, von einem der Tiere herrührendes Gestöhne vernahm. Als ich mich danach erkundigte, welches Tier leidend war, war ich erstaunt zu erfahren, dass es mein Brauner sei. Mit einer Stallglaslaterne besuchte ich dasselbe und bemerkte, dass der Schmerz im Magen saß, aber ob er von irgendeiner giftigen Pflanze, die es auf der Weide gefressen, oder von einer sonstigen Krankheit herrühre, konnte ich nicht ermitteln. Das Pferd gab reichliche Mengen einer dünnflüssigen Substanz von sich, die aber in ihrer Farbe nichts Eigentümliches hatte. Seine Schmerzen waren offenbar sehr groß, denn es stöhnte wahrhaft kläglich und sträubte sich heftig. Ich blieb die ganze Nacht auf in der Hoffnung, dass es nur die vorübergehende Wirkung einer unbekannten schädlichen Pflanze sei, aber nach einem kurzen, schweren Todeskampfe krepierte auch dieses Pferd am nächsten Morgen um sechs Uhr, genau fünfzehn Stunden nach dem anderen. Als wir den Magen öffneten, stellte sich heraus, dass der Tod durch das nach innen erfolgte Aufplatzen eines Krebsgeschwürs bedingt war, das den größten Teil der Magenwand ergriffen und sich 1–2 Zoll nach dem Mageneingang hinauf erstreckt hatte. Der Inhalt des Magens und der Gedärme war von dem gelben schleimigen Ausfluss des Geschwürs geradezu überschwemmt. So hatte ich meine beiden Pferde verloren, und zwar innerhalb des kurzen Zeitraums von fünfzehn Stunden.
Der 1., 2. und 3. April gingen vorüber, und wir hörten und sahen nichts von der stets zurückbleibenden vierten Karawane. Mittlerweile vermehrte sich die Zahl unserer Unfälle. Außer dem Verlust der kostbaren Zeit infolge der Verkehrtheit des Führers der anderen Karawane und dem Verlust meiner beiden Pferde, benutzte ein mit Bootgerätschaften beladener Pagazi die Gelegenheit und desertierte. Ferner wurde mein Dolmetscher Selim von einem heftigen Anfall von Wechselfieber befallen. Ihm folgte alsbald der Koch, dann der Hilfskoch und Schneider Abdul Kader, schließlich, ehe der dritte Tag vorbei war, hatte Bombay Rheumatismus, Uledi (der frühere Diener Grants) Halsentzündung, Zaidi den Fluss, Kingaru das Mukunguru, Khamisi, ein Pagazi, litt an Schwäche der Lenden, Fardschallah bekam ein Gallenfieber, und ehe die Nacht einbrach, hatte Makoviga Durchfall. So schien mein beabsichtigter Sturmlauf nach Unyanyembé und rasches Durchschreiten der furchtbaren Seegegend dazu bestimmt, ziemlich ähnlich wie der rasche Lauf auf Magdala zu endigen, den Dr. Austin, von der Londoner »Times«, dem Sir Robert Napier in Abessinien so dringend anriet. Von einer Truppe von fünfundzwanzig Mann war einer desertiert, zehn befanden sich auf der Krankenliste, und es wurde somit die Vorahnung, dass die übel aussehende Umgegend von Kingaru uns Unglück bringen werde, zur vollen Wahrheit.
Am 4. April erschienen Maganga und seine Leute, nachdem sie sich uns durch Musketenschüsse und Hornsignale, den in diesem Land gewöhnlichen Zeichen der Annäherung einer Karawane, angemeldet hatten. Seine Kranken waren bedeutend besser, aber sie brauchten noch einen Tag Ruhe in Kingaru. Nachmittags kam er, um Angriffe auf meine Freigebigkeit zu machen, indem er mir Einzelheiten über die herzlosen Betrügereien erzählte, welche Sur Hadschi Pallu gegen ihn verübt hätte; aber ich sagte ihm, ich könne, seit ich Bagamoyo verlassen, nicht mehr freigebig sein. Wir wären jetzt in einem Land, wo das Tuch viel mehr wert sei; auch hätte ich nicht mehr Zeug, als ich für meinen und meiner Leute Unterhalt brauchte, und er und seine Karawane hätten mich mehr Geld und Mühe gekostet als die drei übrigen – was auch der Fall war. Mit dieser Entgegnung musste er sich zufriedengeben, aber ich löste wieder seine Zweifel über die Geldangelegenheit, indem ich ihm versprach, dass er, wenn er rasch mit seiner Karawane nach Unyanyembé weiterzöge, keine Ursache haben solle, sich zu beklagen.
Am 5. April hatten wir die Genugtuung, die vierte Karawane vor uns her verschwinden zu sehen mit dem erwünschten Versprechen, dass wir sie diesseits von Simbamwenni gewiss nicht wieder erblicken sollten, wenn wir auch noch so rasch folgten.
Am folgenden Morgen schlug ich, um meine Leute aus ihrer krankhaften Stumpfheit aufzurütteln, einen ermunternden Alarm mit einem eisernen Kochlöffel auf einer Zinnpfanne, wodurch ich anzeigte, dass wir im Begriff standen, eine Sofari zu unternehmen. Nach der außerordentlichen Heiterkeit zu urteilen, mit der meinem Aufruf entsprochen wurde, hatte dies eine sehr gute Wirkung. Schon vor Sonnenaufgang waren wir in der Lage, aufbrechen zu können. Nach unserem Abzug stürzten die Dorfbewohner