Im Sonnenwinkel Staffel 5 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»Warum?«, fragte sie.
»Du warst so erregt. Ich habe mir den Kopf zerbrochen, was der Grund dafür sein könnte, und dann rief Jan an und sagte, dass Heinz gekommen sei, er aber vorgezogen hatte, im Hotel zu wohnen.«
»Und was hast du dir noch gedacht?«
»Dass du Heinz lieber als Schwiegersohn gehabt hättest als Jan.«
»Was hat dich auf diesen Gedanken gebracht?«, fragte Gerlinde tonlos.
»Eine Äußerung von Heinz, als er uns in Montreal besuchte. Er hatte etwas zu viel getrunken. Er hat mir auch erzählt, dass er in Athen festgestellt hätte, was für eine charmante Frau meine Mutter sei. War diese Begegnung eigentlich zufällig?«
Gerlinde legte die Hände vor ihr Gesicht.
»Muss ich dir darauf eine Antwort geben, Michael?«
»Nein, natürlich nicht. Du bist erwachsen, Mama, und ich bin es auch.«
»Ich bin nicht nur deine Mutter, sondern auch Großmutter«, bemerkte Gerlinde leise. »Ich war damals fasziniert von Heinz, aber es war nur ein Flirt, wenn auch ein sehr heftiger. Bitte, glaube mir das!«
»Ich verlange keine Rechtfertigung, Mama. Es ist allein deine Angelegenheit, aber Katjas Leben ist nicht dein Leben.«
»Sie hat einen klareren Kopf bewahrt als ich. Sie hat schneller erkannt, wie schäbig er ist. Mir ist es heute bewusst geworden. Und jetzt habe ich Angst um Katja.«
Es war für Michael nicht einfach, seine Mutter zu verstehen, aber er spürte, dass ihre Verzweiflung echt war.
»Beruhige dich jetzt, Mama, und dann reden wir miteinander«, sagte er. »Was kann Heinz Katja schon anhaben? Für sie würde ich beide Hände ins Feuer legen.«
»Er wird nicht ruhen, bis er sie und Jan auseinandergebracht hat. Warum sehe ich nur erst jetzt alles so klar?«
»Weil du in Heinz vernarrt warst und jetzt wieder klar denken kannst. Es ist menschlich.«
Verwundert sah Gerlinde ihren Sohn an. »Du machst mir keine Vorwürfe?«, fragte sie beklommen.
»Dazu habe ich wohl kaum das Recht, Mama. Von einem gewissen Zeitpunkt an beginnen Kinder ihr eigenes Leben, und man sollte wohl auch den Eltern nicht das Recht absprechen, ihres nun anders zu gestalten. Du hattest die Idee, Heinz als Schwiegersohn …, na, wie drückt man das wohl am besten aus …, sagen wir mal, zu ködern.«
Gerlinde stieg das Blut ins Gesicht, aber sie widersprach nicht.
»Darf ich noch mehr sagen, Mama?«, fragte Michael mit einem flüchtigen Lächeln.
»Nur zu«, erwiderte sie verlegen.
»Katja war zu der Zeit noch sehr jung und du eine attraktive Frau, die du heute noch bist. Nehmen wir es mit Humor?« Er sah sie fragend an.
»Ich war wohl immer ziemlich naiv«, erklärte Gerlinde. »Es war sehr töricht von mir. Aber Katja schwärmte für ihn, und ich sah all die Vorteile, die aus solcher Verbindung erwachsen würden. Es schien sich dann ja auch ganz gut anzulassen.«
»Von deinem Standpunkt aus. Aber du warst blind gegen seine Charakterschwächen. Du sahst nur den charmanten, reichen Erben, dem man manches nachsehen musste. Was wollte er von dir? Ich meine, heute Abend«, fügte Michael rasch hinzu.
»Er wollte wissen, wie die Ehe zustande gekommen ist. Vielleicht dachte er auch, eine Verbündete in mir zu finden. Er hat es nicht gerade geschickt angefangen, möchte ich sagen.«
»Ihm sitzt die Angst im Nacken. Er hat munter in den Tag hineingelebt und fühlte sich unheimlich sicher. In Jan sah er nie eine Gefahr. Aber jetzt ist Katja Jans Frau, und das wird ihm doch einen gehörigen Schock versetzt haben. Was hast du ihm erwidert?«
»Ich habe gesagt, es soll gehen. Es war eine abscheuliche Situation. Er hat sich so sehr verändert.«
»Das bezweifle ich. Er hat wohl nur die Maske fallen lassen. Nun, wir werden ihm ja wohl morgen begegnen.«
»Ich möchte nicht mit auf die Beerdigung kommen«, flüsterte sie.
»Doch, das wirst du. Du wirst ihm zeigen, dass du auf Katjas und Jans Seite stehst. Du kannst dich jetzt als Mutter beweisen.«
»Ist es dazu nicht zu spät?«, fragte Gerlinde deprimiert.
»Es ist nie zu spät, wenn man die Chance bekommt, etwas gutzumachen. Und vielleicht entschließt du dich dann, mit mir für ein paar Wochen nach Kanada zu kommen, um Daisy und deine Enkel kennenzulernen. Du brauchst nicht in Sack und Asche zu gehen, weil du Großmutter bist.«
Sie brachte ein klägliches Lächeln zustande.
»Du bist sehr nett, Michael«, sagte sie leise. »Vielen Dank. Ich fühle mich plötzlich uralt.«
»Liebe Güte, damit tust du uns nun wahrhaftig keinen Gefallen. Schlaf gut.«
*
Für kurze Zeit war Katja in einen Halbschlummer gesunken, aber die quälenden Gedanken ließen ihr keine Ruhe. Sie stöhnte leise.
»Warum schläfst du nicht, Kleinchen?«, fragte Jan.
»Warum schläfst du nicht?«, fragte sie.
Jeder wich einer Antwort aus. Katja hätte Jan so gern gesagt, was sie bedrückte. Aber sollte sie das ausgerechnet am Vorabend der Beerdigung tun? Jan hatte wahrhaftig genügend Sorgen.
»Den morgigen Tag werden wir auch noch überstehen«, meinte Jan. »Ich weiß, wie dir ums Herz ist, mein Liebes.«
Er ist so gut, viel zu gut, dachte Katja. Er hatte ihre Hand genommen, Wärme durchströmte sie.
»Ich habe dir so viel zu sagen, Jan«, flüsterte sie.
»Wir haben uns viel zu sagen, aber dazu haben wir auch noch viel Zeit. Wenn alles vorüber ist, werden wir verreisen, Abstand gewinnen und füreinander dasein.«
Er hielt ihre Hand, bis sie einschlief. Die Nacht ging zu Ende, und ein trüber Tag erwachte. Schwere Regentropfen, die an die Jalousien pochten, weckten Katja auf.
Heinz wird neben uns am Grab des Vaters stehen, dachte sie, ahnungslos, welche Bestimmungen er getroffen hat. Mit dem heutigen Tag ist nicht alles zu Ende. Es fängt erst an. Er wird es nicht hinnehmen, dass er enterbt ist.
Ob Jan das überhaupt weiß? Mit keinem Wort hatte er erwähnt, wie sich sein Verhältnis zu Heinz künftig gestalten würde.
Stumm saßen sie sich am Frühstückstisch gegenüber. Auch Malwine sagte nichts, bis sie sich zur Abfahrt bereit machten.
»Hoffentlich erkältest du dich nicht, Katja«, meinte sie. »Du zitterst ja jetzt schon.«
Katja fror innerlich, und die feuchtkalte Witterung trug das ihre dazu bei. Sie wirkte zerbrechlich in dem schwarzen Persianermantel und der passenden Kappe, unter der das Haar silbrig schimmernd hervorquoll.
Die