Dr. Norden Jubiläumsbox 5 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Jubiläumsbox 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden Box

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dich in Watte gepackt hat«, konterte Teresa unbarmherzig. Die Zeit der Schonung war ein für alle Mal vorbei. »Er hat dir schon lange nicht mehr die Wahrheit über die Firma erzählt. Papa denkt nämlich, dass du depressiv wirst, wenn du erst begreifen musst, dass es aus ist«, platzte auch noch der letzte Rest der Wahrheit aus ihr heraus.

      Doch Charlotte glaubte ihrer Tochter nicht, wollte es einfachnicht wahrhaben.

      »Blödsinn!«, tat sie Teresas Worte mit einer lapidaren Geste ab. »Das Reisebüro hat immer noch Geld abgeworfen. Ich kenne doch die Zahlen und Bücher.«

      Teresa lachte abfällig. Inzwischen hatte sie sämtliche Zurückhaltung über Bord geworfen.

      »Falls du dich nicht daran erinnerst: Die Bücher hat Papa geführt. Er muss wie ein Wahnsinniger getrickst haben, um die Fassade aufrecht zu erhalten. Und das alles nur für dich. Das muss wahre Liebe sein.« Der letzte Satz klang bitter und brachte Charlotte zum Nachdenken.

      »Na ja, es stimmt schon … große Sprünge konnten wir in letzter Zeit nicht mehr machen …«, wollte sie großmütig einräumen, als Teresa sie unbarmherzig unterbrach.

      »Auch die kleineren wären unbezahlbar gewesen, wenn sich Papa nicht Geld von seinem Bruder geliehen hätte«, entfuhr es ihr. Dabei zitterte ihre Hand so sehr, dass sie Kaffee auf ihre Hose verschüttete. Doch sie bemerkte es noch nicht einmal. »Heimlich, hinter deinem Rücken.«

      Als Charlotte das hörte, wich schlagartig alle Farbe aus ihrem Gesicht.

      »Das ist doch lächerlich!«, wehrte sie sich immer noch gegen die unabänderlichen Tatsachen. Doch ihr Widerstand bröckelte.

      Teresa schüttelte den Kopf und stand auf. Sie ging hinüber zum Sideboard und stellte die benutzte Tasse auf das dafür vorgesehene Tablett. Dann machte sie sich auf den Weg zur Tür. Sie musste raus hier, brauchte Abstand von ihrer Mutter. Sonst hätte sie für nichts mehr garantieren können. Es war ihr unverständlich, wie Charlotte so verbohrt sein konnte. An der Tür angekommen, drehte sie sich noch einmal um.

      »Papa hat seinen Bruder bekniet, ihm das Geld zu geben, damit ihr in den vergangen Monaten überhaupt irgendwie über die Runden kommt«, sagte sie. »Damit du überhaupt noch ein paar Tage länger in deiner kleinen Traumwelt leben konntest.« Mit diesen Worten wandte sie sich ab und verließ den Aufenthaltsraum.

      Charlotte blieb allein zurück und starrte ihrer Tochter fassungslos nach. Unversehens fand sie sich wieder vor den Scherben ihrer beruflichen Existenz und gefangen in der namenlosen Angst um ihren Mann.

      *

      Obwohl Anneka an diesem Morgen später Schule hatte, verließ sie das Haus zur gewohnten Zeit. Inzwischen hatte sie sich ein paar Gedanken gemacht, die sie unbedingt mit Tatjana besprechen wollte. So kam es, dass sie wieder einmal überraschend in der Bäckerei Bärwald auftauchte.

      »Schätzchen, du bist ja schon wieder hier«, stellte Tatjana belustigt fest, als sie die Schwester ihres Freundes erkannte, die sich brav hinter der langen Schlange der Kunden angestellt hatte, die alle Frau Bärwalds leckere Backwaren kaufen wollten. »Schwänzt du etwa Schule?«, fragte sie nebenbei und legte das Geld in die Kasse, das sie eben von einer Kundin abkassiert hatte.

      »Das würde ich nie tun«, entrüstete sich Anneka sofort, als sie an der Reihe war. »So gut solltest du mich inzwischen schon kennen.« Ihre Reaktion war ungewohnt heftig, dass sich Tatjana wunderte.

      »Das tue ich auch, keine Sorge«, versicherte sie. Sie wartete, bis der letzte Kunde die Bäckerei verlassen hatte. Dann schenkte sie zwei Gläser Kakao ein und kam um den Tresen herum. Sie küsste Anneka zur Begrüßung links und rechts auf die Wange und ging dann vor in das kleine Café, das sich an die Bäckerei anschloss. »Was ist denn passiert, dass du dich so aufregst?«

      Vor Scham liefen Annekas Wangen dunkelrot an.

      »Merkt man mir das so deutlich an?«

      »Ich schon.« Tatjana zwinkerte ihr belustigt zu. »Könnte aber daran liegen, dass ich dich besser kenne, als du denkst. Aber jetzt raus mit der Sprache, was ist los?« Inzwischen hatte sie das Tablett auf einen Tisch gestellt, und Anneka schlüpfte auf die Bank, die allmählich ihr Stammplatz wurde.

      »Ach, es geht mal wieder um Leon«, seufzte sie und erzählte vom Anruf ihres Freundes vom vergangenen Vormittag. »Er denkt, dass es eine ganz tolle Idee ist, wenn ich mit nach Australien komme. Aber erstens hat er überhaupt nicht daran gedacht, dass ich zur Schule muss und noch keine Ferien habe. Und zweitens fühlt es sich irgendwie so komisch an«, schloss sie ihren Bericht nachdenklich.

      Tatjana nippte an ihrem Kakao und dachte nach.

      »An sich finde ich es ja nett, dass er dich eingeladen hat«, zog sie schließlich ihre eigenen Schlüsse aus dem Gehörten. »Nur die Art und Weise ist nicht ganz in Ordnung. Er scheint das Ganze ja über deinen Kopf hinweg entschieden zu haben und denkt nicht darüber nach, dass du auch ein eigenes Leben hast.« Mit ein paar wohldurchdachten Sätzen gelang es Tatjana, das in Worte zu fassen, worüber Anneka einen ganzen Nachmittag lang nachgedacht hatte.

      »Stimmt!«, erklärte die junge Frau überrascht und stellte das Glas wieder auf den Tisch zurück, ohne getrunken zu haben. »Genau das ist es, was mich die ganze Zeit gestört hat. Leon will, dass ich alles mache, was er sich einbildet. Aber so funktioniert das nicht.«

      »Das hast du vollkommen richtig erkannt!«, lobte Tatjana und war sichtlich stolz auf ihre junge Freundin. »Und ich finde es gut, wie du reagiert hast.«

      Dieses Lob war nur ein schwacher Trost für Anneka.

      »Aber was mache ich denn jetzt?«, fragte sie ratlos. »Einerseits will ich natürlich furchtbar gerne mit ihm nach Australien fliegen, damit wir Zeit zusammen verbringen können. Andererseits will ich aber nicht nach seiner Pfeife tanzen. Mal abgesehen davon, dass ich nicht einfach so ein paar Wochen verschwinden kann.«

      »Dann wirst du ihm das so sagen müssen.« Angesichts von Annekas trauriger Miene tat es Tatjana mehr als leid, keine andere Lösung parat zu haben. Während sie sich die ganze Sache noch einmal durch den Kopf gehen ließ, saugte sie an ihrem Strohhalm. Und hatte schließlich eine Idee.

      »Jetzt hab ich’s!«, rief sie so plötzlich, dass Anneka zusammenzuckte. Vor Schreck stieß sie an ihr Kakaoglas, das mit einem lauten Knall auf den Boden fiel und dort in tausend Scherben zersprang.

      »O Mann, heute ist irgendwie nicht mein Tag!«, stöhnte die Arzttochter auf. »Es tut mir wahnsinnig leid.«

      Doch Tatjana war schon aufgesprungen und unterwegs in die Bäckerei. Trotz ihrer Sehbehinderung schlängelte sie sich mit schlafwandlerischer Sicherheit um Stühle und Tische herum, um Lappen, Kehrblech und Schaufel zu holen.

      »Kein Problem«, winkte sie unbeschwert ab, als sie gleich darauf zurückkehrte und die Bescherung rasch beseitigte. »Und jetzt hör mir zu! Deine Eltern wollen doch in den Ferien Urlaub in Thailand machen. Das ist ungefähr zehn Flugstunden von Australien entfernt. Wenn Leon wirklich etwas an dir liegt, kann er es beweisen, indem er dich dort besuchen kommt.« Tatjanas blaue Augen strahlten mit ihrem Lächeln um die Wette, als sie Anneka diesen Vorschlag unterbreitete.

      Zuerst war die junge Frau skeptisch. Doch je länger sie darüber nachdachte, umso besser gefiel ihr diese Idee.

      »Ich glaub, so mache ich es. Du bist einfach die Beste!«, bedankte sie sich bei Tatjana, als es Zeit wurde, sich zu verabschieden. Auf keinen Fall wollte

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