Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох

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Gesammelte Werke von Sacher-Masoch - Леопольд фон Захер-Мазох

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immer wachen Hoffnung auf ein Glück, das nie kommt, nie kommen kann! Und was ist dieses Glück, das immer nah und greifbar, und doch ewig fern und unerreichbar uns vorschwebt von der Wiege bis zum Grabe? Antworte mir, wenn du kannst.«

      Ich schüttelte den Kopf und fand keine Antwort.

      »Was ist das Glück,« fuhr der Alte fort, »ich habe es gesucht beim Weibe, im Eigenthum, in meinem Volke, überall wo nur Athem und Leben weht – und sah mich überall betrogen und genarrt.

      »Ja das Glück? vielleicht ist es der Friede, den wir hier vergebens suchen, wo es nur Kampf gibt, und seine Erfüllung der Tod, den wir so sehr fürchten. Das Glück! wer hat es nicht vor Allem in der Liebe gesucht, und wer hat nicht in ihr die bittersten Täuschungen erfahren? Wer war nicht in dem Wahne befangen, die Befriedigung dieser übermenschlichen Sehnsucht, die ihn erfüllt, der Besitz des geliebten Weibes müsse ihm vollkommenes Genügen, namenlose Seligkeit bringen, und wer hat nicht zuletzt trübselig über seine eingebildeten Freuden gelacht? Es ist eine beschämende Erkenntniß für uns, daß die Natur diese Sehnsucht in uns gelegt, nur um uns zu ihrem blinden, willigen Werkzeug zu machen, denn was fragt sie um uns? Sie will unser Geschlecht fortpflanzen! wir können zu Grunde gehen, wenn wir nur ihre Absicht erfüllt, für die Unsterblichkeit unserer Gattung gesorgt haben, und sie hat das Weib mit so viel Reiz ausgestattet, nur damit es uns zu sich zwingen, uns sein Joch aufladen und uns sagen kann: arbeite für mich und meine Kinder.

      »Die Liebe ist der Krieg der Geschlechter, in dem sie darum ringen, eines das andere zu unterwerfen, zu seinem Sklaven, seinem Lastthier zu machen, denn Mann und Weib sind Feinde von Natur, wie alle Lebendigen, für kurze Zeit durch die Begier, den Trieb sich fortzupflanzen, in süßer Wollust gleichsam zu einem einzigen Wesen vereinigt, um dann in noch ärgerer Feindschaft zu entbrennen, und noch heftiger und noch rücksichtsloser um die Herrschaft zu streiten. Hast du je größeren Haß gesehen, als zwischen Menschen, welche einst die Liebe verband? Hast du irgendwo mehr Grausamkeit und weniger Erbarmen gefunden als zwischen Mann und Weib?

      »Ihr Verblendeten! Ihr aberwitzigen Thoren. Ihr habt einen ewigen Bund gestiftet zwischen Mann und Weib, als wäret ihr im Stande, die Natur zu verändern, nach euren Gedanken und Einbildungen, zu der Pflanze zu sagen: blühe, aber verblühe nie und trage keine Frucht.«

      Der alte Wanderer lächelte, aber in diesem sonnigen Lächeln lag weder Bosheit noch Geringschätzung, noch Spott, nichts als die heitere Klarheit der Erkenntniß.

      »Ich habe auch den Fluch kennen gelernt,« sprach er weiter, »der im Eigenthum, in jeder Art von Besitz liegt. Durch Raub und Mord, durch Diebstahl und Betrug entstanden, fordert er zu demselben heraus, und zeugt Haß und Streit, Raub und Mord, Diebstahl und Betrug weiter fort ohne Ende! Als stände nicht das Korn auf dem Felde, als wäre nicht die Frucht auf dem Baume, die Milch der Thiere für Jedermann. Aber in den Kindern Kains ist eine dämonische Gier nach dem Eigenthum, eine Grausamkeit, Alles an sich zu reißen, und wäre es auch nur, damit Andere es nicht erlangen können. Und nicht genug, daß der Einzelne durch Gewalt oder List für sich allein von dem Besitz ergreift, wovon Hunderte, ja oft Tausende leben könnten, es ist als wollte sich Jeder für die Ewigkeit da einrichten, sich und seine Brut, und so vererbt er es noch auf seine Kinder, seine Enkel, die ihren Unrath auf seidene Polster leeren, während die Kinder dessen, der nichts hat, erbärmlich verderben. Der Eine sucht zu erringen, der Andere, was er hat, festzuhalten. Der Besitzlose führt Krieg gegen den Besitzenden, ein Ringen ohne Ende, der Eine steigt, der Andere fällt und beginnt von Neuem emporzuklimmen. Und nie ein Ausgleich, eine Gerechtigkeit, täglich wird Joseph von seinen Brüdern verkauft, täglich vergießt Kain das Blut seiner Brüder, das gegen ihn zum Himmel schreit.«

      Der Greis streckte die Hände wie abwehrend in erhabener Empörung von sich.

      »Aber der Einzelne ist zu schwach Krieg zu führen gegen die Zahl seiner Brüder,« fuhr er fort, »so haben sich die Kinder Kains vereint zu Plünderung und Mord, in Gemeinden, Völkern und Staaten. Wohl wird da die Selbstsucht des Einzelnen in Vielem beschränkt, seine Raub-und Mordlust eingedämmt, aber dieselben Gesetzbücher, welche gegen neue Verbrechen schützen sollten, verleihen zu gleicher Zeit erst den Verbrechern früherer Geschlechter und Zeiten Weihe und Kraft. Auch wird im Staate nicht der Selbstsucht allein Zwang angethan. Es wird uns – je nach den Zwecken, welche die Regierenden verfolgen – ein fremder Glaube, eine fremde Sprache, eine fremde Ueberzeugung aufgedrungen, oder doch die unsere bedrängt und verkümmert; wir werden Absichten dienstbar gemacht, die wir verabscheuen, und in unserem Streben gehemmt; unser Schweiß, ja unser Blut wird gemünzt zu Geld, um die Launen Jener zu bezahlen, welche den Staat lenken, diese Launen mögen Pracht und Ueppigkeit, Jagd und Weiber, Soldaten, Wissenschaften, oder schöne Künste heißen. Nichts ist heilig, Verträge aller Art werden geschlossen und gebrochen ohne Vernunft, ohne Scham. Wie oft wurde schon die Zukunft eines ganzen Volkes der fürstlichen Verlockung eines Augenblicks geopfert! Spione schleichen sich in die Familien und lösen alle Bande des Gemüthes, der Sittlichkeit, die Frau verkauft den Mann, der Sohn den Vater, der Freund den Freund, das Recht wird gefälscht, die Bildung des Volkes, das einzige Mittel eines allgemeinen Umschwunges, mit einem schnöden Almosen abgefertigt, und so das Wissen, die Erkenntniß in enge Kreise gebannt. Jene, die das Volk mit Wort und Feder vertreten, werden verfolgt, mit Ketten beladen, ausgerottet oder bestochen und zu Aposteln der Lüge gemacht. Jene aber, die ihm dienen, suchen unter dem Deckmantel des Staats nur ihren Vortheil, und bestehlen ihn sogar, den sie ihren Gott nennen, und hat zuletzt das Volk seine Knechtschaft, seine Schande, seine Verdummung mit dem Bankerott bezahlt, und macht es verzweifelt aus den Werkzeugen des Friedens Waffen gegen seine Unterdrücker, so entfesselt der Aufstand – mag Sieg oder Niederlage sein Ende sein – nur die Leidenschaften, die Bestialität der Massen, und beantwortet Blut mit Blut, Plünderung mit Plünderung. Was uns als Liebe zum Volke, ja dem Vaterlande so hoch gepriesen wird, ist es etwas anderes als Selbstsucht?

      »Die Völker, die Staaten sind große Menschen, und gleich den kleinen beutelustig und blutgierig. Freilich – wer kein Leben schädigen will – kann ja nicht leben. Die Natur hat uns Alle angewiesen vom Tode Anderer zu leben, sobald aber nur das Recht auf Ausnützung niederer Organismen durch die Nothwendigkeit, den Trieb der Selbsterhaltung gegeben ist, darf nicht allein der Mensch das Thier in den Pflug spannen oder tödten, sondern auch der Stärkere den Schwächeren, der Begabtere den minder Begabten, die stärkere weiße Race die Farbigen, das fähigere, gebildetere, oder durch günstige Fügungen mehr entwickelte Volk das weniger entwickelte.

      »So ist es auch in der That.

      »Was innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft mit Kerker oder Schaffot bestraft wird, das thut ein Volk, ein Staat dem anderen, ohne daß man darin ein Verbrechen oder eine Verworfenheit sieht, sie morden sich im Großen um Land und Besitz, und ein Volk sucht das andere zu übervortheilen, zu unterwerfen, zu knechten, auszunutzen oder auszurotten, wie ein Mensch den anderen.

      »Was ist der Krieg – in den nicht selten, durch lügnerische Vorspiegelungen und eine betrogene Begeisterung verfährt, die Besten eines Volkes ziehen – als der Kampf um das Dasein im Großen, Länderraub und Völkermord, begleitet von der Sklaverei des Fahnendienstes, Spionage, Verrath, Brandlegung, Nothzucht, Plünderung gefolgt von Seuchen und von Hungersnoth!

      »Wirkt hier nicht in Millionen jener unselige Trieb fort, der in dem Einzelnen unablässig rege das ganze Menschendasein unterwühlt?«

      Der Alte schwieg einige Zeit.

      »Das große Geheimniß des Daseins,« sprach er dann mit feierlicher Ruhe, »soll ich dir es offenbaren?«

      »Nenne es mir.«

      »Das Geheimniß ist, ein Jeder will leben durch Andere, durch Raub und Mord, und soll leben durch sich selbst, durch seine Arbeit. Die Arbeit allein befreit uns von allem Elende. So lange Jeder darnach strebt, Andere für sich arbeiten zu lassen, mühlos die Früchte fremder Anstrengung zu genießen,

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