Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох

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Gesammelte Werke von Sacher-Masoch - Леопольд фон Захер-Мазох

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dachte er, denn die Sabbathlampe brennt, und ein reiches Haus, denn es gleicht fast einem Edelhof.« Rebb Abramowitsch trat näher, er suchte die Rolle und fand sie nicht, er blickte in das erleuchtete Fenster, aber er konnte nichts entdecken, da die dichten Vorhänge vollständig zugezogen waren. Noch einmal blickte er um sich und als er sah, daß nur in diesem einen Hause dieser Glanz war, der den Eingang und das Ende des Sabbaths begleitet, so faßte er sich ein Herz und trat durch den Flur und die offene Thür in die erleuchtete Stube mit den Worten: »Der Gott Abrahams, Israels und Jakobs segne Euch.«

      Doch nur zwei Schritte hatte Rebb Abramowitsch« gemacht und schon stand er starr und fast entsetzt da und zu gleicher Zeit blickten alle, die in dem weiten Gemach waren, halb erstaunt und halb ärgerlich auf ihn.

      In der Mitte der Stube stand in einem irdenen Topf ein großer Tannenbaum, welcher Rebb Abramowitsch an den brennenden Busch Mosis erinnerte, er strahlte von kleinen Lichtern, welche ihren zitternden Glanz auf die vergoldeten und versilberten Aepfel, Nüsse und Tannenzapfen warfen, die sich zwischen grünen Nadeln verbargen. Dazwischen sah man Reiter und Thiere aus Lebkuchen, allerhand Spielzeug und hoch oben einen funkelnden Stern, während um den Baum herum verschiedene Dinge, die sorgfältig in Papier gewickelt waren, herumlagen. In einem Lehnstuhl saß eine hochbetagte Frau, mit weißem Haar und einem glücklichen, gütigen Gesicht. An sie hatten sich ihre kleinen Enkel geschmiegt, von jener Scham und jener Furcht beherrscht, welche die höchste Freude erzeugt, während ihre Tochter, die junge, schlanke Herrin des Hauses eben begonnen hatte, die Geschenke zu vertheilen und die Dienstboten mit ihren hohen, schweren Stiefeln und ihren an die asiatischen Steppen mahnenden langen zottigen Röcken sich seitwärts an die Wand drückten.

      Der Hausherr, welcher eben den Kindern die Krippe mit dem Christuskinde zeigte, kam zuerst zur Besinnung.

      »Was willst Du hier?« rief er, »mach, daß Du fortkommst!« Rebb Abramowitsch hatte längst begriffen, daß er am unrechten Orte und zu unrechter Zeit gekommen war, und so setzte es ihn garnicht in Erstaunen, daß man ihn hinauswies. Wenn er über etwas erstaunte, so war es, daß man nicht gleich die Hunde auf ihn hetzte. Er neigte sich demüthig vor der schönen Frau, die ihm in ihrer mit Zobelpelz besetzten Kazabaika aus türkischem Stoff wie eine Czarewna erschien und zog sich dann ängstlich über die Schwelle zurück, indem er Schritt für Schritt unter tiefen Bücklingen nach rückwärts ging. Da eilte ihm ein großer Knabe nach, groß und schön, neun oder zehn Jahre alt, mit blondem Haar, auf dem der goldige Wiederschein des Christbaumes spielte, und großen blauen Augen. Das Kind nahm Rebb Abramowitsch bei der Hand und sah ihn an. Der arme Jude wußte nicht, wie ihm geschah. Er hatte in der Kabbalah von den verschiedenen Heeren der Engel gelesen, welche die Himmel beleben, aber er hatte noch nie einen Engel gesehen. Jetzt aber war es, als stände einer vor ihm. Das Kind sah ihn an, mit diesen überirdischen Augen, in denen der Traum eines Glückes war, das nicht ist, einer Schönheit, die man nicht findet, einer Wahrheit, die man vergebens sucht, einer Liebe, die nicht von dieser Erde ist.

      »Geh' nicht fort,« sagte das Kind leise und schlug jetzt die Augen nieder.

      »Laß ihn doch,« flüsterte die Mutter ärgerlich, als sie die weiße sammtne Hand des Kindes in der wetterbraunen, von Frost gerötheten des Juden sah. Dieser nickte dem Kinde zu, traurig und dankbar zugleich und wollte gehen, aber der Knabe hielt ihn zurück.

      »Warum soll er nicht bei uns bleiben,« fragte er erschreckt, wie wenn sich zum ersten Male der Abgrund des Lebens vor ihm aufthun würde, »was hat er denn Böses gethan? Ist Weihnachten, ist das Christkind nicht für alle!« Große Thränen traten ihm in die Augen und er hielt den armen Juden mit beiden Händen fest.

      In diesem Augenblick vergaßen die Menschen, die hier um den Christbaum vereint waren, die Vorurtheile, die sie aus ihren Büchern geschöpft hatten, die Großmutter winkte dem Juden zu bleiben, die schöne, junge Frau lächelte ihm zu, und Rebb Abramowitsch dachte an alles, nur nicht an das Gesetz, das ihm verbot, bei einem Christen zu genießen, was nicht koscher war.

      Er ließ sein Bündel zur Erde gleiten, stellte den Stock in die Ecke und folgte dem schönen Knaben zu dem flimmernden Baum, wo ihn dieser mit vergoldeten Aepfeln und Nüssen, mit Lebkuchen und verschiedene hübschen Kleinigkeiten beschenkte.

      Rebb Abramowitsch dankte, lächelte und wehrte ab, aber das Kind ließ es sich nicht nehmen, auch noch selbst die tiefen Taschen seines Kaftans zu füllen. Nachdem ein jeder erhalten hatte, was ihm bestimmt war, ging man in das Nebenzimmer, wo der Tisch gedeckt war, und der arme Jude saß jetzt mitten unter der adeligen Familie, und es fiel ihm gar nicht ein, daß er das Gesetz verletzt hatte und bei Christen aß. Der schöne Knabe saß neben ihm und freute sich, daß er ihm vorlegen durfte, und Rebb Abramowitsch hielt es für seine heilige Pflicht, alles aufzuessen, was der kleine Engel auf seinen Teller legte, und das Merkwürdigste war, daß er nicht daran erstickte, obwohl es nicht koscher war. Nach dem feierlichen Mahl versammelten sich alle vor der erleuchteten Krippe, und sangen zusammen die Kolendy, die uralten Weihnachtslieder. Rebb Abromowitsch lauschte, seltsam bewegt, der hellen, süßen Stimme des Knaben, welche auf silbernen Flügeln über dem Chor der anderen zu schweben schien und vergaß mehr und mehr sich, die Welt und vor allem den Talmud mit seinen strengen Gesetzen. Als der Gesang zu Ende war, erwachte er wie aus einem Traume, besann sich und ergriff rasch sein Bündel und seinen Stock, um bei Glaubensgenossen, ein Obdach für die Nacht zu suchen. Der Knabe reichte ihm die Hand und sah ihn noch einmal an, mit diesen Augen, die jedes Herz bewegen mußten, während der Jude seine braune Hand auf dessen Scheitel legte und ihn segnete. Dann ging er rasch hinaus.

      Draußen war die flimmernde Winternacht und der funkelnde Sternenhimmel. Aus der Ferne ertönte Gesang, und es war, als ob die Engel in der heiligen Nacht hoch oben in den Lüften schweben und singen würden: »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden.«

      So kam es, daß Rebb Abramowitsch Weihnachten feierte und sich zum ersten Male der Geburt unsres Heilands Jesus Christus freute.

      Die Kunst geliebt zu werden

       Inhaltsverzeichnis

      In einem mit grüner Seide tapezierten kleinen Boudoir, das einer großen Gartenlaube glich, saß ein junger Mann von außerordentlicher Schönheit einer jungen reizenden Frau gegenüber und hielt ihr die Seide, welche sie auf eine kleine Rolle von Elfenbein wickelte.

      »Wieder verknüpft,« rief die Dame, welche in einem wogenden Duft von Mousselin und Spitzen dasaß, und stampfte dabei mit dem kleinen Fuße ungeduldig auf, so daß der goldgestickte Samtpantoffel und der durchbrochene Strumpf sichtbar wurde. »Sehen Sie mich nicht so verliebt an, Lanskoi, Sie sind schuld mit Ihren schmachtenden Augen, Sie allein!«

      »Wie soll ich Sie aber ansehen?« fragte der schöne Lanskoi naiv, »ich kann nicht verbergen, was ich für Sie fühle, Gräfin Branischa, ich kann es nicht!«

      »Bah! Sie fangen mir an langweilig zu werden mit Ihrer schwärmerischen Anbetung. Unsere Herren am Hofe haben insgesamt keine Gefühle mehr, sie empfinden nur noch Wallungen des Blutes, aber zu viel Liebe ermüdet auch.«

      »Ermüde ich Sie, Gräfin?«

      »Mehr als das,« rief die lebhafte kleine Frau, ihm die Seide entreißend, »Sie fangen an mir unausstehlich zu werden.«

      »Weshalb dulden Sie mich dann um sich?« fragte Lanskoi mit dem Erstaunen eines Kindes.

      »Weil ich eben ein viel zu gutes Herz habe.« sprudelte die Gräfin Branischa hervor, »dieses Herz bringt mich beinahe täglich zu Schaden, ich hätte Ihnen längst den Abschied geben müssen, aber ich fühle noch immer Mitleid mit Ihnen und Ihrer Verzückung; jetzt ist es

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