Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох

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Gesammelte Werke von Sacher-Masoch - Леопольд фон Захер-Мазох

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style="font-size:15px;">      »Die Arbeit ist unser Tribut an das Dasein: wer leben und genießen will, muß arbeiten. Und in der Arbeit und in dem Streben liegt überhaupt alles das, was uns vom Glück gegönnt ist. Nur im männlichen, muthigen Kampfe um das Dasein kann man es überwinden, Jener, der nicht arbeitet, und sich dessen freut, ist doch zuletzt der Betrogene, denn über ihn kommt jene nagende Unzufriedenheit, welche gerade in den Palästen der Vornehmen und Reichen am meisten zu Hause ist, jener tiefe Ekel am Leben, dem die qualvollste Todesangst beigesellt ist.

      »Ja! der Tod ist es, welcher alle Unzufriedenen, alle Unglücklichen, und sogar die meisten von denen, welche die Richtigkeit des Daseins erkannt haben, in dasselbe zurückschreckt – der Tod mit seinen bösen folternden Genossen, dem Zweifel und der Furcht.

      »Kaum einer erinnert sich, will sich der Zeit, der unendlichen erinnern, da er noch nicht war. Jeder zittert vor jener zweiten Unendlichkeit, in der er nicht mehr sein soll. Warum das fürchten, was wir einst waren, und so lange waren, einen Zustand, mit dem wir uns so vertraut gemacht haben, während unser jetziger uns nur durch seine Kürze ängstiget, durch tausend grausame Räthsel quält.

      »Ueberall ist der Tod um uns, er mag uns im Augenblicke der Geburt, oder später, plötzlich, gewaltsam oder nach langer Pein und Krankheit, oder in einem allgemeinen großen Sterben treffen, und doch denkt und müht sich jeder unausgesetzt, ihm auszuweichen, sein Dasein zu verlängern, das früher oder später genau so erbärmlich, ja lächerlich enden muß.

      »Wie wenige begreifen, daß der Tod es ist, der uns allein vollkommene Erlösung, Freiheit, Frieden bringt, wie wenige haben den Muth, vom Leben bedrängt, ihn freiwillig und heiter aufzusuchen. Besser freilich ist nie geboren zu werden, und wenn man schon geboren wurde, den Traum ruhig, mit lächelnder Verachtung seiner schimmernden, lügnerischen Bilder auszuträumen, um für immer im Schooße der Natur unterzutauchen.«

      Der Alte legte die braunen, verwitterten Hände über das von tiefen, traurigen Runzeln bedeckte Gesicht, und schien selbst zu träumen.

      »Du hast mir gesagt, was dir im Leben an Erkenntniß geworden,« sprach ich hierauf zu ihm, »willst du mir nicht auch von den ewigen Wahrheiten sprechen, welche du daraus abgeleitet hast, von der Lehre, der du nachfolgst?«

      »Ich sah die Wahrheit,« rief der Greis, »und sah, daß das Glück nur in der Erkenntniß liegt und sah, daß es besser ist, dies Geschlecht Kains stirbt aus, ich sah, daß dem Mann besser ist zu darben, als zu arbeiten, und sprach: ich will nicht mehr das Blut meiner Brüder vergießen und sie nicht mehr berauben, und ich verließ mein Haus und mein Weib, und ergriff den Wanderstab. Der Satan hat die Herrschaft über die Welt, und so ist es eine Sünde an der Kirche, oder dem Gottesdienste, oder an dem Staate theilzunehmen. Und auch die Ehe ist eine Todsünde.

      »Und diese sechs: die Liebe, das Eigenthum, der Staat, der Krieg, die Arbeit und der Tod sind das Vermächtniß Kains, der seinen Bruder schlug und seines Bruders Blut schrie gegen Himmel, und der Herr sprach zu Kain: »Du sollst verflucht sein auf der Erde, und unstät und flüchtig.«

      »Der Gerechte verlangt nichts von diesem fluchwürdigen Vermächtniß, nichts von den Söhnen, den Töchtern Kains. Der Gerechte hat keine Heimath, er ist auf der Flucht von der Welt, den Menschen, er muß wandern, wandern, wandern.

      »Wie lange,« fragte ich. Ich erschrak vor meiner eigenen Stimme.

      »Wie lange? wer weiß das! erwiederte der Greis. Und wenn ihm sein Freund naht, der Tod, dann muß er ihn heiter erwarten, unter freiem Himmel, im Felde oder im Walde, damit er sterbe, wie er gelebt auf der Flucht.

      »Mir war es heute Abend, als sei er an meiner Seite – ernst, freundlich und tröstlich, aber er ist mir vorübergegangen, so will ich meinen Stab ergreifen, und ihm nachfolgen, und ich werde ihn finden.«

      Der Wanderer erhob sich und ergriff seinen Stab.

      »Dem Leben entfliehen ist das Eine,« sprach er, und eine allerbarmende Güte glänzte in seinen Augen, »– den Tod wünschen und suchen das Zweite.« Und er hob den Stock und wanderte weiter. In Kurzem hatte ihn das Dickicht verschlungen.

      Ich blieb allein in tiefer Waldeinsamkeit, und es ward Nacht um mich.

      Vor mir lag ein faulender Baumstamm. Sein morsches Holz begann zu leuchten, und eine ganze unruhige und thätige Welt von Pflanzen, Moosen und Insekten wurde auf ihm sichtbar.

      Ich versank in mich. Die Bilder des Tages rauschten an mir vorbei wie Wellen, Blasen, die das Wasser wirft und wieder verschlingt; ich sah sie ohne Sorge, ohne Angst, aber auch ohne Freude.

      Ich begann die Schöpfung zu begreifen, ich sah wie Tod und Leben nicht so sehr Feinde als freundliche Genossen sind, nicht Gegensätze, die sich aufheben, als vielmehr eines aus dem andern fließend Wandlungen des Daseins. Ich fühlte mich losgelöst von der Welt, der Tod erschien mir nicht mehr schrecklich, ja minder schrecklich als das Leben. Und jemehr ich in mir gleichsam untergehe, um so mehr wird Alles um mich her lebendig und gesprächig und greift in meine Seele.

      Bäume, Stauden, Halme, ja Stein und Erde strecken ihre Arme nach mir aus.

      »Du willst uns entfliehen, Thor? vergebens, du kannst es nicht. Du bist wie wir und wir sind wie du. Dein Pulsschlag schlägt nur im Pulsschlag der Natur. Du mußt entstehen, wachsen und vergehen wie wir, leben, sterben und im Tode neues Leben geben, das ist dein Loos Sonnenkind, wehre dich nicht dagegen, es hilft dir nichts.«

      Ein tiefes, feierliches Rauschen ging durch den Wald, über mir brannten die ewigen Flammen erhaben und ruhig.

      Und mir war als stände ich der finsteren, schweigenden, ewig schaffenden und verschlingenden Göttin gegenüber und sie begann zu mir zu reden:

      »Du willst dich mir gegenüberstellen als ein Wesen für sich, trauriger Thor! Ueberhebt sich die Welle vom Mondlicht beglänzt, weil sie einen Augenblick lebhafter schimmert? Eine Welle ist wie die andere. Alle kommen von mir und kehren zu mir zurück. Lerne bescheiden sein im Kreise deiner Brüder, geduldig und demüthig. Wenn dein Tag dir länger scheint als jener der Eintagsfliege, in mir, die keinen Anfang hat und kein Ende, ist er doch nur ein Augenblick.

      »Sohn Kains! du mußt leben! du mußt tödten, du mußt tödten um zu leben, und tödten, wenn du nicht leben willst, denn nur der Selbstmord kann dich befreien.

      »Lerne also dich fügen meinen strengen Gesetzen. Sträube dich nicht zu rauben, zu morden wie alle meine Kinder. Begreife, daß du ein Sklave bist, ein Thier, das im Joche gehen muß; daß du dein Brod essen mußt im Schweiße deines Angesichts. Ueberwinde diese kindische Furcht vor dem Tode, diese Schauer, die dich bei meinem Anblick fassen.

      »Ich bin deine Mutter, ewig, unendlich, unveränderlich, wie du selbst durch den Raum begränzt, der Zeit hingegeben bist, sterblich, wandelbar.

      »Ich bin die Wahrheit, ich bin das Leben. Ich weiß nichts von deiner Angst und dein Tod oder dein Leben sind mir gleichgültig. Nenne mich deßhalb nicht grausam, weil ich dich, das was du für dein wahres Wesen hältst, dein Leben dem Zufall preisgegeben, wie jenes deiner Brüder. Du – wie sie alle, ihr kommt von mir und kehrt zu mir zurück, früher oder später.

      »Weßhalb sollte ich es hindern, oder Euch davor schützen, oder um Euch trauern. Ihr seid ich und ich bin in Euch, das, um was Ihr zittert, ist nur ein flüchtiger Schatten, den ich werfe. Euer wahres Wesen kann nicht vergehen durch den Tod, sowie es nicht entstanden ist bei Eurer Geburt.

      »Sieh deinen Brüdern zu, wie sie sich im Herbste einpuppen, wie sie nur bekümmert sind, ihre Eier sicher

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