Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох

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Gesammelte Werke von Sacher-Masoch - Леопольд фон Захер-Мазох

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lange dient er?«

      »Kaum vierzehn Tage.«

      »Um so mehr Nachsicht darf er für sich in Anspruch nehmen«, erwiderte der weibliche Oberst, »ich wünsche, daß Sie diesen prächtigen Rekruten nicht den rohen Händen und Stöcken der Korporale überlassen, sondern sich selbst mit seiner Ausbildung befassen!«

      »Ich?«

      »Ja, Sie.« Frau von Mellin nickte dem schönen Grenadier, der von dem Ganzen nicht viel verstand, gnädig zu und wendete sich nach einer anderen Abteilung ihres Regimentes.

      »Also ich soll persönlich das Vergnügen haben, Dein Exerziermeister zu sein?« murmelte Pauloff, als seine Tyrannin ihm den Rücken gedreht hatte. »Wohl nur deshalb, weil Du ein bißchen länger und hübscher bist als die anderen! – Meinetwegen. Aber nimm Dich zusammen, Bursche, denn ich habe noch weniger Geduld als der alte Schnauzbart mit seinem Kolben. Also: Habt Acht! Marsch! Einundzwanzig, zweiundzwanzig!«

      Der Kapitän nahm den schönen Grenadier tüchtig in die Arbeit. Anfangs war alles ganz gut, wie es aber an die Gewehrgriffe beim Laden ging, welche damals, nach preußischem Muster, sehr stramm und rasch eingeübt wurden, wollte es durchaus nicht klappen, und plötzlich pfiff das spanische Rohr Pauloff’s, das er gleich jedem Offizier der Rokokozeit trug, über Iwan’s Rücken. Zu seinem Unglücke hatte sich sein schöner Oberst ihm eben wieder unbemerkt genähert.

      »Pfui!« rief Frau von Mellin zornig, »habe ich meinen Offizieren nicht befohlen, ihre Soldaten gut zu behandeln? Ist dies das gute Beispiel, das Sie Ihren Unteroffizieren geben?«

      »Vergeben Sie, gnädige Frau,« erwiderte Pauloff, dessen Antlitz flammende Röte bedeckte, »aber der Mann ist ungeschickt und faßt schwer auf.«

      »Das wollen wir doch gleich sehen«, sprach Frau von Mellin. »Man muß eben Geduld haben und ein wenig Philanthropie.«

      Sie nahm das Gewehr aus Iwan’s Händen und zeigte ihm die Griffe, einen nach dem andern, indem sie jeden für sich von ihm wiederholen ließ.

      »Gut – sehr gut – sehen Sie, wie das geht – Sie haben keine Geduld – Sie haben Ihre Damen im Kopfe, anstatt Ihre Soldaten«, fielen inzwischen die Worthiebe auf Pauloff.

      »So – jetzt – alles zusammen«, befahl der weibliche Oberst. Iwan machte die Tempo’s.

      »Halt, Du hast vergessen, die Patrone abzubeißen«, rief Frau von Mellin. »Noch einmal!«

      Iwan schulterte und begann das Laden von vorne.

      »Halt, Du mußt den Ladestock aufsetzen«, unterbrach sie ihn, »so – kräftig – kräftiger – noch einmal!«

      Der schöne Grenadier schulterte und fing wieder mit der Wendung halblinks und dem Beifuß des Gewehres an.

      »Aber, Iwan«, rief Frau von Mellin schon ein wenig minder sanft, »Du hast wieder die Patrone nicht abgebissen.«

      Der Adonis machte ein unbeschreiblich dummes Gesicht; er begriff offenbar nicht, welche Bedeutung es für sein russisches Vaterland und sein Mütterchen, die Zarin, haben könne, ob er eine Patrone, die nur in der Einbildung seines Korporals, seines Kapitäns und seines Obersten existierte, abbeiße oder nicht.

      »Also noch einmal!«

      Wieder die unglückselige Patrone.

      »Beiß sie doch ab«, fuhr der weibliche Exerziermeister auf.

      Jetzt war es vollends aus; sobald Iwan sah, daß man mit ihm die Geduld verlor, stieg ihm das Blut zu Kopfe und er sah und hörte nichts mehr.

      »Hörst Du, die Patrone –«

      Iwan starrte vor sich hin in das Leere.

      »So beiß doch!« schrie Frau von Mellin.

      Der Rekrut machte ein rundes Maul wie ein Karpfen.

      »Hörst Du nicht? –«

      Iwan hörte in der That nichts mehr. Da klatschte eine tüchtige Ohrfeige auf seine Wange, welche ihn zur Besinnung brachte.

      Pauloff, der sich bis jetzt heroisch bezwungen, brach in ein schallendes Gelächter aus. –

      »Sie lachen,« stammelte der weibliche Oberst wütend, »Sie wagen zu lachen? – Das ist Insubordination; – das ist ein Akt der Widersetzlichkeit gegen Ihren Vorgesetzten.«

      »Aber, Madame –«

      »Kein Wort mehr –«

      Pauloff lachte fort.

      »Sie lachen noch immer?« sagte Frau von Mellin bleich vor Zorn. »Gehen Sie sofort zum Profoßen.«

      Pauloff verneigte sich und verließ, sich noch immer vor Lachen schüttelnd, den Exerzierplatz.

      Der weibliche Oberst ging hierauf, die Hände auf dem Rücken, schweigend vor dem schönen Grenadier auf und ab, dann in einiger Entfernung vor ihm stehen bleibend, begann er: »Bist Du wirklich so ein Tölpel, Iwan Nahimoff, oder ist es mehr Trotz und Eigensinn bei Dir?«

      Der Adonis gab keinen Laut von sich.

      »Nun, antworte doch, kannst Du Dir nicht merken, daß Du die Patrone abzubeißen hast?«

      »Nein«, sagte der Rekrut.

      »Und weshalb nicht? Weshalb merkst Du Dir, daß Du den Ladestock in den Lauf zu stoßen hast?«

      »Weil ich den Ladestock in Händen halte, die Patrone aber nicht«, entgegnete der Grenadier, »und überhaupt nicht weiß, wie eine Patrone aussieht.«

      »Es ist Logik in dem, was Du sagst«, meinte Frau von Mellin. Dann rief sie den alten Korporal und befahl eine scharfe Patrone zu bringen.

      Die Patrone in der Hand, machte sie jetzt das Exercitium noch einmal durch und reichte sie dann Iwan.

      »Wirst Du es jetzt treffen?«

      »Ja.«

      »Also – gieb Acht auf das Kommando!«

      Es ging vortrefflich.

      »Sehr gut, noch einmal.«

      Wieder lief die Sache ohne Anstand ab.

      »Ah! ich merke, Du bist ein Sohn der Natur«, rief Frau von Mellin, »Dir taugt das Abstrakte nicht. Du mußt sehen, hören oder in Händen halten, was Du auffassen sollst. Kannst Du lesen?«

      »Nein.«

      »Möchtest Du es erlernen?« fragte sie.

      »O! für mein Leben gern«, antwortete der schöne Grenadier.

      »Warte nur, wir wollen gleich einen Versuch machen.« Frau von Mellin zog ein kleines Buch aus der Tasche ihres grünen Samtüberrockes und begann, die kleine Hand auf die Schulter des Soldaten legend, ihm die Buchstaben zu zeigen und zu erklären.

      »Aber dies sind keine russischen

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