Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох

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Gesammelte Werke von Sacher-Masoch - Леопольд фон Захер-Мазох

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wir kennen diese lächerlichen Sentenzen, diese modernen Ideen französischer Philosophen,« erwiderte Pauloff, welcher die Herrschaft über sich vollkommen verlor, »es stünde Ihnen besser an, nicht zu vergessen, was Sie mir, dem Edelmanne und Offiziere, schuldig sind, als mich – und sich selbst – eines gemeinen Soldaten wegen dem Gelächter Preis zu geben.«

      »Glauben Sie?« sagte Frau von Mellin, deren Augen Blitze schossen, welche aber immer ruhig, ja spöttisch blieb. »Ich finde dagegen nichts lächerlicher als Pretentionen, welche sich auf Vorzüge stützen wie Adelsbrief und Offizierspatent, die man jeden Augenblick zerreißen kann. Was bleibt dann übrig, wenn das einzige nicht vorhanden ist, was heutzutage noch geachtet wird, der echte Menschenwert?«

      »Noch bin ich Offizier!« rief Pauloff.

      »Sie sind es nicht mehr,« gab der Oberst im Reifrock keck und schneidend zur Antwort und riß zugleich Pauloff die Epauletten herab.

      »Sie wagen …?« stammelte dieser, nach dem Degen greifend.

      »Ich bin hier an der Zarin Stelle, wer mir ungehorsam ist, verletzt seine Pflichten gegen die Monarchin,« fuhr Frau von Mellin fort, während ihr Samtkleid drohend knisterte; »ich habe strengstens verboten, meine Soldaten mit dem Stocke zu strafen. Sie haben mein Verbot verhöhnt, Ihre Pflicht als Offizier mit Füßen getreten. Sie sind ein Rebell, Sie verdienen exemplarisch gestraft zu werden. Ich degradiere Sie hiermit zum gemeinen Soldaten und Sie, Iwan Nahimoff, ernenne ich zum Kapitän und Kompagniechef.«

      Pauloff war nahe daran umzusinken. Er brachte keinen Ton hervor, Thränen füllten seine Augen, während Iwan, dessen Bande rasch gelöst wurden, vor der schönen Amazone dankend seine Kniee beugte.

      »Darf ich Sie an einem Tage, wo Sie mich so mit Gnaden überschütten«, sagte der neue Kapitän, »noch um eine besondere Gunst bitten, gnädige Frau?«

      »Nun?«

      »Geben Sie mir den Gemeinen Pauloff in meine Kompagnie«, bat Iwan mit feindselig lauerndem Blicke.

      Ein diabolisches Lächeln überflog das schöne erbarmungslose Antlitz der beleidigten Frau. »Es sei, aber unter einer Bedingung –«

      »Sie haben zu befehlen,« sagte Nahimoff.

      »Ich befehle also den Gemeinen Pauloff zu Ihrem persönlichen Dienst, Herr Kapitän,« sagte Frau von Mellin, »und was die lächerlichen philanthropischen Sentenzen der französischen Philosophen betrifft, so suchen Sie dieselben bei dieser Gelegenheit zu vergessen, lieber Nahimoff, und kaufen Sie sich bei Zeiten eine Peitsche, denn Hunde und Diener muß man peitschen!«

      VII.

       Inhaltsverzeichnis

      Wenige Tage nach der Katastrophe, welche Pauloff aus seiner eingebildeten Höhe zu den Füßen seiner Feinde herabstürzte und ihn rettungslos der Willkür und dem Uebermute derselben preisgab, wurde das Regiment Tobolsk in das Lager beordert, welches zur Uebung der Truppen nach preußischem Muster nur eine Stunde von Zarskoje Selo entfernt auf besonderen Befehl Katharina’s, der Verehrerin Friedrichs des Großen, errichtet worden war.

      Der neue Kapitän Iwan Nahimoff war hier der Gegenstand der lebhaftesten Aufmerksamkeit von Seiten der Offiziere wie der Damen des Hofes, welche ihn, wie es damals Sitte war, teils ungeniert vor aller Welt, teils ungenannt mit den kostbarsten Dingen beschenkten. Er saß eben mit einigen Kameraden in seinem Zelte beim Kartenspiel, als ein Lakai in der Livree, wie sie von der Palast-Dienerschaft der Zarin getragen wurde, eintrat, sich verneigte, dem Liebling Fortuna’s ein großes Paket übergab und sofort wieder verschwand.

      »Ein neues Präsent, Du Glückspilz! Was mag das sein!« riefen die jungen Offiziere durcheinander.

      Nahimoff öffnete vorsichtig die Umhüllung, sie enthielt einen jener kostbaren Pelze, mit denen Katharina II. die französischen Philosophen zu beschenken pflegte, wenn sie nach Petersburg sie zu besuchen kamen.

      Ein allgemeiner Ruf der Ueberraschung folgte der Enthüllung.

      Nahimoff hob das wahrhaft kaiserliche Geschenk empor und hielt es auseinander; es war ein großer weiter Pelz von grünem Samt mit dunklen Zobelfellen gefüttert und verschwenderisch ausgeschlagen.

      »Ein Pelz für einen Großfürsten!« schrie einer der Kameraden.

      »Ja, für den Zaren selbst«, beteuerte ein anderer.

      »Aber was mache ich damit?« seufzte Nahimoff, der bereits eitel wie ein kokettes Weib war. »Ich kann ihn doch nicht zu meiner Uniform tragen!«

      »Was fällt Dir ein«, unterbrachen ihn mehrere zugleich, »es ist ja ein Schlafpelz!«

      »Komm, probiere ihn«, sagte ein junger Lieutenant und wollte Iwan hineinhelfen.

      »Nein, nein«, erwiderte dieser, »wozu hätte ich denn meinen Diener? He! Pauloff!«

      Der ehemalige Kapitän trat rasch und gehorsam, aber durchaus nicht demütig herein. Er trug jetzt den gewöhnlichen Soldatenrock, war aber noch immer mit Sorgfalt frisiert.

      »Hilf mir in den Pelz da!« befahl Nahimoff.

      Pauloff gehorchte schweigend.

      »Prachtvoll!« riefen die Offiziere. Nahimoff sah in der That wunderbar schön in dem Schlafpelz aus, beinahe wie ein verkleidetes Weib, eine der kühnen Amazonen Katharina’s.

      »Aber dazu gehören unstreitig türkische Pantalons und Hausstiefeln!« entschied ein junger Graf, der in Paris gewesen war.

      »Glaubst Du?« sagte Nahimoff, »nun, das läßt sich ja machen.« Er setzte sich auf sein Bett und streckte Pauloff den einen Fuß hin. »Verstehst Du nicht?« schrie er auf, als der ehemalige Kapitän sich einen Augenblick besann. »Ausziehen! Du bist jetzt ein gemeiner Soldat, mein Diener, also so gut wie mein Sklave, gehorche, oder –«

      Pauloff gehorchte. Als die Toilette beendet war, trat Nahimoff vor den Spiegel und betrachtete sich in demselben wohlgefällig von allen Seiten.

      »Nun, Deine Schöne ist aber wirklich spendid,« sprach der junge Graf.

      »Wie? Wer?« fragte Iwan erstaunt.

      »Ich denke, unser schöner Oberst, Frau von Mellin!«

      Pauloff erbleichte bis in die Lippen.

      »Frau von Mellin!« staunte Nahimoff, »meinst Du, daß sie –«

      Die Kameraden brachen in ein lautes Lachen aus. Zufällig hatte Nahimoff indes die Hände in die Taschen seines Schlafpelzes gesteckt. »Was ist das?« murmelte er, ein kleines Etui hervorziehend.

      »Noch etwas? Laß sehen«, baten die Kameraden.

      Nahimoff öffnete und blieb mit allen anderen sprachlos, denn das Etui enthielt das Bild der Zarin in Brillanten gefaßt und ein Billet von ihrer Hand. »Dem ausgezeichneten Kapitän Iwan Nahimoff von seiner wohlaffektionierten Kaiserin

      Katharina II.«

      Nahimoff war bis an die Ohren rot geworden, aber nicht, wie

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