Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох

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Gesammelte Werke von Sacher-Masoch - Леопольд фон Захер-Мазох

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Schulen in unserer russischen Sprache, und die Gemeinden bauen selbst die Schulhäuser und geben, was nötig ist.

      Ja, was da alles geredet wird und geschrieben, es ist bereits ungesund. Auch von der Eisenbahn. Waren Sie nur dabei gewesen, wie die Bahn nach Lemberg eröffnet wurde Man sagte, die Bauern nennen das ein Höllenwerk Das war aber unwahr.

      Auf allen Stationen waren die Gemeinden mit Richtern, Geschworenen, Musik und begrüßten den ersten Zug. Viele fielen auf die Knie, hoben die Hände zum Himmel. Glauben Sie solche Sachen nicht .Es wird noch weit anders werden, weit anders, Sie werden es wohl erleben, man soll nur der Gemeinde mehr Freiheit geben. Es war bei uns von alten Zeiten her, daß die Gemeinde alles war, und sie ist es jetzt auch, wenn auch die Regierung sie nicht so anerkennt. Es konnten weniger Beamten sein, es wäre uns besser und dem Reiche.«

      »Freund«, warf ich ein, »ich bin auch für die freie Gemeinde, aber es ist noch nicht an der Zeit.«

      »Ich beschwöre Sie«, entgegnete der Bauer, »warum denn nicht? Da hatten z. B. die Dominien die Steuern einzuheben für den Staat und hatten uns bedrückt. Darauf haben die Bauern nicht erst gefragt, sondern die Steuern selbst gesammelt durch die Gemeinderichter. Im Jahre 1827 kamen die kaiserlichen Steuerämter. Sehen Sie, da hat es gleich sehr viel gekostet, und früher nichts, und was die Rückstände betrifft, so waren es nur wenige, als die Gemeinden die Steuern einhoben, und als die Beamten – bald mehrere Millionen. Es scheint also, daß die Gemeinden manches besser machen als die Beamten. Kein Vogel kann gleich fliegen.

      Wenn aber die Störche wollen, daß ihre Jungen es lernen, tragen sie dieselben auf ihren Flügeln in die Luft empor. Aber es scheint, die Regierung will nicht, daß wir fliegen lernen« –

      Um den Weißdornstrauch hatte sich indes eine Gruppe von Weibern und jungen Burschen gebildet, aus der plötzlich ein gellendes Geschrei herüber tönte. Mein alter Bauer richtete sich auf, um hinzusehen. Zugleich kam ein halbgewachsener Knabe mit bloßen Füßen, wirren blonden Haaren, in vollem Laufe gegen den Tartarenhügel. Er schrie von weitem schon halb atemlos: »Großvater! Großvater! – die alten Weiber – wollen der Jewa – nicht – den Erntekranz geben.« –

      »Warum nicht?« fragte der Bauer. »Sie sagen, daß sie leichte Sitten hat!« »Was kümmert das die alten Weiber, aber sie sind wie die Hennen, wenn eine junge unter sie kommt, beißen sie sie. Da sehen Sie aber den Jungen an, wie der kleine Hahn schon sein Hühnchen zu beschützen weiß. Kommen Sie, Herr! Sie selbst sollen bestimmen, welche den Erntekranz tragen soll. Es sind schöne Mädchen da, die Wahl ist schwer.«

      Wir gingen den Hügel hinab, vorbei an den Erntewagen, die geladen wurden, an Schnittern, die ihre Sense dengelten.

      Die Sonne sank, von kleinen Wolken umgeben, welche sie mit feurigem Rot übergoß. Ein lauer Abendwind strich durch die Stoppelfelder. Auf einem Heuschober saß eine Amsel und sang, Sperlinge flatterten an den Sträuchern, und schrieen pöbelhaft in ihr melodisch elegisches Lied.

      Unter dem Weißdornstrauch saßen fünf junge Frauen und wanden den Erntekranz. Zwei hatten den Schoß voll gelber Getreideähren, die dritte hielt blaue Kornblumen in der Schürze und schob von Zeit zu Zeit einzelne in das Geflechte, eine sang munter ein Lied und hielt in den braunen Händen ein duftiges, rosenfarbiges Band.

      Noch eine saß zur Seite, den Kopf in beide Hände gestützt, wie versunken, ihre Wimpern fielen gleich schwarzen Schatten in das Gesicht. Ein Schwarm von Weibern und Burschen keifte, schrie und lachte um sie. Sie blickte nicht auf.

      Wir traten hinzu. Es wurde ganz stille; sie regte sich nicht. Der alte Bauer, die Hände flach auf die Knie gestemmt, bückte sich zu ihr.

      »Nun Jewa, sie wollen Dir den Kranz nicht geben?« Jetzt riß es sie einen Augenblick empor, ich blickte in ein Antlitz vom edelsten Oval, mit dem göttlichen Schnitt eines hellenischen Marmorbildes, bleich, sehr bleich, zwei Augen flammten empor, der unverhüllte Busen hob sich langsam, wie ein schlafender Schwan die weißen Flügel regt. Wieder sanken die Wimpern herab. Teilnahmslos blickte sie auf den Kranz.

      Ich sah sie noch einmal an und sagte lebhaft: »Ihr gehört der Kranz.« Der alte Bauer nickte. Die Schnitter liefen herbei, schwangen die Hüte und schrieen: »Jewa trägt den Kranz!« Sie stand auf und blickte mich an, kaum dankbar. Mit stolzer Bewegung des Kopfes warf sie die langen, dicken Zöpfe nach vorne über die Schultern und begann den einen aufzumachen.

      »Wählt die Kranzmädchen«, rief sie mit verächtlichem Lächeln den Schnittern zu, welche sie betrachteten, kehrte ihnen den Rücken, löste rasch die Zöpfe und breitete dann die langen, weichen Haare wie einen dunklen Mantel um sich.

      Niemand sprach ein Wort, nur ein altes, zahnloses Weib stellte sich neben mich und sagte halblaut: »Die Faulenzerin kann leicht weiß sein und lange Haare haben, was tut sie denn? Singen, träumen, lieben, lachen!«

      »Wo ist die Handza?« fragte schüchtern, die Augen zu Boden geschlagen, ein junger Schnitter.

      »Komm’! komm’ hervor!« sprach der alte Bauer und zog das hübsche Mädchen am Hemdärmel zu sich, das sich täppisch wehrte und die rote Schürze vor das rote Gesicht hielt, »weißt Du doch, daß Du Kranzmädchen wirst, wenn es noch eine Gerechtigkeit gibt auf Erden«, fuhr der Alte fort, »ist sie Euch nicht recht?«

      »Es ist gut!« riefen viele, »wählt die andere.« Ein halbes Dutzend weiblicher Namen schwirrte nun auf einmal in der Luft: »Basja!« tönte am kräftigsten. »Basja! Basja!«

      Der Alte hob die Hand. »Es ist gut«, versicherte er, »die Mehrzahl ruft Basja, so soll es Basja sein!«

      Die Schnitter stimmten bei.

      Basja, ein kleines rundes Ding, trug den Kopf mit dem Stumpfnäschen und den blitzenden Augen ziemlich hoch.

      »So macht Euch bereit!« sagte der Alte, »die Sonne ist unter.«

      Die beiden Kranzmädchen nahmen den Kranz, hoben ihn hoch empor über Jewas Haupt und ließen ihn dann leicht auf dasselbe fallen. Jewa faßte ihn gleich mit beiden Händen und setzte sich ihn zurecht, dann stand sie mit verschränkten Armen da, die goldene Ährenkrone auf dem offenen, wogenden Haare, das Auge gleichgültig auf uns gerichtet, die Erntekönigin.

      Die Kranzmädchen hatten sich gleichfalls mit Blumen geschmückt. Von verschiedenen Seiten waren Scharen von Schnittern herbeigekommen, Bauern aus dem Dorfe, zuletzt die Musikanten. Sie stimmten die Instrumente, das Volk trieb durcheinander, Geschrei, Lachen, der alte Bauer ordnete den Zug. Andere Grundwirte standen zur Seite und sprachen angelegentlich von der Landtagswahl.

      Endlich setzten wir uns in Bewegung, voraus die Musikanten, ein schmucker Geselle in schwarzer Lammfellmütze mit der Geige, sekundiert von einem ausgemästeten Pächter in dunkler Tuchhose und Tuchrock, der Gemeindehirt die Flöte blasend, während ein brauner Kerl in Hemd und Leinwandhosen den Cymbal schlug, die Baßgeige spielte der kleine Kirchensänger mit priesterlicher Würde. Nach ihnen schritt, übermütig durch Sieg und Schönheit, die Erntekönigin, begleitet von den beiden Kranzmädchen, dann kamen die Bauern, die Schnitter, der in Leinwand, jener den zottigen Tuchrock um die Schulter, bloßfüßig, mit Strohhüten oder in schweren Stiefeln, die Frauen grellrote Tücher wie Turbane um den Kopf gewunden, Mädchen mit langen Zöpfen, große gelbe Malven im Scheitel, dicke Korallenschnüre um den Hals, alle fröhlich. Die Musikanten stimmten an, und von mehreren hundert Stirnmen erklang das altheidnische, bacchantisch feierliche, jauchzend wehmütige Erntelied.

      Langsam wälzten sich, von den kleinen Pferden gezogen, auf dem versunkenen Feldwege die Erntewagen nach.

      So zieht wie

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