Berühmte Briefe. Marcus Tullius Cicero
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Noch im Jahre 61 wollte C. Iulius Caesar, der Ciceros Fähigkeiten durchaus schätzte, diesen für ein Triumvirat (dt.: Dreimännerbündnis) gewinnen. Cicero lehnte wegen verfassungsrechtlicher Bedenken ab. Das Triumvirat wurde im folgenden Jahr zwischen Caesar, Pompeius und Crassus, von welchen die beiden letzteren bis dahin einander eher feindlich gesinnt waren, geschlossen mit dem Ziel, dass im römischen Staat nichts geschehen dürfe, was einem der Triumvirn missfiele. Caesar wurde daraufhin zusammen mit M. Calpurnius Bibulus zum Konsul des Jahres 59 gewählt und zahlte nach Amtsantritt die Veteranen des Pompeius aus. Ab 58 war er Prokonsul in Gallien und Illyrien. Cicero hatte damit Caesars Werbung zurückgewiesen, und auch Pompeius wandte sich von ihm ab und versagte ihm künftig seine Hilfe. Cicero seinerseits war nicht bereit sich zur Durchsetzung seiner Ziele den einflussreichen Optimaten anzuschließen und sich in die Disziplin dieser Gruppe unterzuordnen, da er den Anspruch hatte, eine eigenständige Politik zu betreiben. Da er ja auch die Triumvirn verärgert hatte, manövrierte er sich selbst bis zum Jahre 59 in die völlige Isolation.
Als Caesar nach Gallien aufbrach, war ihm daran gelegen, zuvor seine beiden einflussreichsten Gegner in Rom auszuschalten. M. Porcius Cato wurde daher nach Zypern geschickt, um die Insel für das Imperium Romanum zu annektieren. Cicero, der keine der ihm von Caesar angebotenen Legatenstellen annehmen wollte, musste auf andere Weise politisch ruhiggestellt werden. Im Juli 59 kehrte Cicero nach einem längeren Aufenthalt auf seinen Landgütern nach Rom zurück. Während sich der Zustand der res publica immer mehr verschärfte, schien sich seine eigene Lage eher etwas beruhigt zu haben. Caesar und Pompeius versicherten ihm, nichts gegen ihn unternehmen zu wollen, und so widmete er sich vor allem seiner Anwaltstätigkeit.
Caesars Freund P. Clodius, bei der Durchsetzung seiner Interessen zu allen Mitteln bereit, war inzwischen mit Hilfe des Pontifex Maximus C. Iulius Caesar durch Adoption vom Patrizierstand zum Stand der Plebejer übergetreten und wurde zum Volkstribun für das Jahr 58 gewählt. Zunächst fürchtete Cicero nichts, da ihm die übrigen Volkstribunen wohlgesonnen waren und er auch die Konsuln und Prätoren des nächsten Jahres auf seiner Seite zu haben glaubte.
P. Clodius brachte schon am 3. Januar 58 vier Gesetze in die Volksversammlung ein, die Cicero, wie er später erklärte, ausdrücklich ablehnte, doch hielt er sich, um Clodius nicht unnötig zu reizen, nicht nur selbst zurück, sondern er veranlasste auch den Volkstribunen L. Ninnius Quadratus, sein Interzessionsrecht nicht gegen Clodius’ Maßnahmen geltend zu machen, was diesem als Kollegen durchaus möglich gewesen wäre. Aber Ciceros Hoffnungen, daraufhin selbst in Ruhe gelassen zu werden, durch wen auch immer sie veranlasst worden waren, wurden enttäuscht. Unter den verabschiedeten Gesetzesvorschlägen Clodius’ war eines, das die seit längerer Zeit verbotenen religiösen Vereine wieder erlauben sollte. Unter deren Deckmantel organisierte Clodius seine Schlägerbanden, mit denen er politische Gegner einschüchterte.
Bereits Ende Januar trat Clodius mit einem weiteren Gesetzesvorschlag auf, nach welchem, wer einen römischen Bürger ohne rechtmäßiges Gerichtsverfahren töte – wie es der Senat unter Ciceros Konsulat mit den Catilinariern getan hatte – geächtet werden solle. Das Gesetz sollte auch rückwirkend Geltung haben. Auf wen es gemünzt war, war offensichtlich, auch wenn der Name Ciceros darin nicht auftauchte. Cicero hatte jedoch bei der Verurteilung der Verschwörer im Dezember 63 keineswegs eigenmächtig gehandelt, sondern den Senat abstimmen lassen; darauf hätte er sich im Falle einer Anklage ohne weiteres zurückziehen und daher den Gang der Dinge in Ruhe abwarten können. Da jedoch Cicero wie so oft auch hier seine Person im Mittelpunkt des Geschehens sah, reagierte er heftig. Er legte seine senatorische Kleidung ab und ließ sich die Haare wachsen, womit er freilich in der Hoffnung, der Senat und das ganze Volk würden sich hinter ihn stellen, alle Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Ritterschaft und Senat taten es ihm nach, um ihre Solidarität und die Abneigung gegen Clodius’ Banden zu bezeugen. Bei dieser kleinen Demonstration blieb es allerdings, und die Konsuln befahlen schon bald den Senatoren, wieder ihre Amtstracht anzulegen. Und nun verweigerten der eingeschüchterte Senat, die amtierenden Konsuln L. Calpurnius Piso Caesoninus und A. Gabinius sowie Pompeius, der sich, um persönliche Stellungnahme zur Sache zu vermeiden, auf sein Landgut begab, Cicero jede Unterstützung. Seine Freunde rieten ihm mehrheitlich, einem Prozess auszuweichen, darunter T. Pomponius Atticus und M. Porcius Cato, anders allerdings Q. Hortensius Hortalus und C. Licinius Lucullus, und so verließ Cicero die Stadt noch in den ersten Märztagen, in der Nacht vor Einbringung des Gesetzes, vor dessen Annahme durch die Volksversammlung und erst recht vor einer Anklage und Verurteilung. Immerhin hoffte er zunächst, bald zurückkehren zu können.
An die Umstände seines Aufbruchs aus Rom erinnerte sich Cicero gleich nach seiner Rückkehr in der Rede Pro domo sua an die römischen pontifices:
»(97) Ich habe, ihr Priester, einen großen und unsterblichen Schmerz erlitten, ich leugne es nicht. Und ich beanspruche für mich auch nicht jene Weisheit, die einige bei mir suchten, welche sagten, dass ich mit zu sehr gebrochenem und verletztem Herzen [gegangen sei]. Konnte ich denn, als ich mich von einer so vielfältigen Art von Dingen losriss, die ich deswegen übergehe, weil ich sie nicht einmal jetzt ohne Tränen erwähnen kann, dass ich ein Mensch bin, verleugnen oder das uns von Natur aus gemeinsame Empfinden? Dann allerdings würde ich weder meine Tat lobenswert nennen noch behaupten, dass jemals irgendeine Wohltat für die res publica von mir ausging, wenn ich um dieser res publica willen nur das verlassen hätte, was ich leichten Herzens entbehren konnte, und jene Härte im Herzen und an einem Körper, der, obwohl er brennt, es nicht spürt, eher für Starrheit als für Tüchtigkeit halten. (98) Solche Leiden des Herzens auf sich zu nehmen und das, was allen Besiegten in einer eroberten Stadt geschieht, in einer unversehrten Stadt alleine zu erdulden und zu erleben, wie man weggerissen wird aus der Umarmung der Angehörigen, wie das Haus zerstört wird, der Besitz zerstreut, das Vaterland schließlich um des Vaterlandes willen zu verlieren, der höchsten Ehrungen des römischen Volkes beraubt zu sein, aus dem höchsten Stand der Würde hinabzustürzen, zu sehen, wie die Feinde in Amtstracht, noch bevor der eigene Tod betrauert ist, die Bestattungsgebühren einfordern – das alles um der Rettung der Bürger willen auf sich zu nehmen, und zwar so, dass man, weil man es mit Trauer hinnimmt, nicht so weise ist wie die, denen alles egal ist, vielmehr die Seinen liebend wie es die gemeinsame Menschlichkeit fordert, das ist herausragendes, göttliches Verdienst.«
Am Tag nach seiner Abreise wurde das Gesetz angenommen, und Ciceros Haus auf dem Palatin geplündert und in Brand gesteckt. Ebenfalls ausgeraubt und zerstört wurde seine Villa in Tusculum. Wenige Wochen später brachte Clodius, um eine langfristige Abwesenheit Ciceros sicherzustellen, ein weiteres Gesetz in die Volksversammlung ein, das regelte, dass Cicero unter das erstgenannte Gesetz falle, da er die Senatsprotokolle gefälscht habe. Damit wurde dieser innerhalb eines Kreises von 600 km um Rom herum sowie in allen übrigen Teilen Italiens für geächtet erklärt. Sein Vermögen wurde eingezogen. Den Paragraphen, der verbot, eine Aufhebung dieses Gesetzes zu betreiben, ließ Clodius noch einmal gesondert veröffentlichen und an den Torpfosten der Kurie schlagen. Eine Rückkehr Ciceros war damit vorerst ausgeschlossen.
Im Exil
Den ausziehenden Cicero begleiteten mehrere Freunde ein Stück des Weges. Zunächst hielt er sich in der Erwartung baldiger Rückkehr wohl noch in der Umgebung Roms auf. Im weiteren Verlauf der Entwicklung hoffte