Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig Ganghofer

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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer

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in allem das Gute suchen und Freude an der Natur und an den Menschen haben, so, wie sie nun einmal sind; für hundert bittere Stunden sich mit einer einzigen trösten, die schön ist; und aus Herz und Können immer sein Bestes geben, auch wenn es keinen Dank erfährt – wer das lernte, der ist ein Glücklicher! Frei und stolz! Sein Leben ist immer schön und reich. Und nichts kann ihm geschehen. Er kann nur sterben und lächeln dabei.«

      In tiefer Bewegung legte sie den Arm um den Hals des Bruders. »Und weißt du, wer solch ein Glücklicher war?«

      Heiße Röte flammte über das Gesicht des Knaben. »Ja, Lo, ich weiß es! – Unser Vater!«

      Die Schwester nickte nur. Dann saßen sie schweigend und blickten zu den leis tönenden Wipfeln des Harfenbaumes auf. Doch jäh verwandelte sich dieses sanfte Klingen. Ein starker Windstoß kam über den Wald gebraust und schüttelte die Zirbe, daß die Glocken wirr durcheinander klirrten. Mit ernsten Augen sah Lo zum Himmel und zu den Bergen auf. »Sieh nur, der Wind hat gewechselt!« sagte sie zögernd. »Ich fürchte, wir bekommen heute noch böses Wetter.«

      »Aber Lo!« Gustl versuchte zu lachen. »Du? Und fürchten?«

      » Du bist bei mir!« sagte sie und strich dem Bruder das Haar aus der Stirn.

      Da klang ein gellender Jauchzer aus dem Wald.

      »Das ist der Loisli!« rief Gustl und ließ zur Antwort seine Stimme schrillen.

      Der Hüterbub kam zum Gartenzaun gesprungen, so atemlos, daß er den Gruß kaum herausbrachte. Während er nach Luft schnappte, tauschte er schon mit Gustl einen wichtigen Blick und blinzelte zum See hinunter.

      »Aber Bub«, sagte Lo, »weswegen hast du denn wieder so rennen müssen?«

      »Daß ich – gschwinder da bin – und länger bleiben kann!«

      »So? Na also, dann bleib halt!« Sie nahm den Proviant, den er gebracht hatte, und stellte das Geschirr in den Schatten der Hütte.

      Diesen Augenblick benützte der Bub, um Gustl zuzuflüstern: »Heut beißen s', d' Fisch! A Wetter kommt!«

      Gustl rannte mit heißem Eifer hinter die Hütte und brachte die Angelrute.

      »Ach so? Ihr wollt fischen?«

      »Ja, Lo! Gelt, ich darf? Weißt du, der Loisli kann's so gut.«

      Wieder fuhr ein Windstoß über den Wald, und wieder blickte das Mädchen in Unruhe zum Himmel auf. »Kind! Ich glaube fast, es wäre klüger, wenn wir heimgingen.«

      »Schon heute, Lo?« dem Knaben schossen Tränen in die Augen.

      »Ein schweres Wetter wird kommen.«

      »Aber Lo! Es ist doch der ganze Himmel blau.«

      »Jetzt, ja! In ein paar Stunden wird's anders aussehen.«

      »Ja, Fräuln«, fiel Loisl höchst undiplomatisch ein, während er an der sonnigen Hüttenwand eine Fliege nach der anderen fing, um Köder für die Angel zu sammeln, »heut wird's grob auf d' Nacht.«

      »Hörst du? Und denk nur, wie Muttl sich wieder sorgen wird.«

      »Aber schau, Lo, sie weiß doch, ich bin bei dir. Da bin ich gut aufgehoben. Auf dich kann Muttl sich doch verlassen. Ich bitt dich, Lo!«

      Es wurde ihr schwer, dieser Stimme und diesen nassen Augen zu widerstehen.

      »Und schau, Lo, ein Gewitter ist doch wirklich nichts Böses. Das ist halt auch, wie es sein muß. Und wir haben doch fünf Stunden bis hinaus. Da könnten wir doch erst recht ins Wetter kommen.«

      Sie lächelte. »Du kleiner Schlaukopf, du! Na, meinetwegen, geh fischen! Ich will ein paar Zeilen heimschreiben. Der Sebener Senn trägt heute ab, und dem geb ich sie mit. Dann hat Muttl den Brief vor Abend, und wenn es zu gießen anfängt, weiß sie, wir sind unter Dach.«

      Ein stürmischer Kuß. Und mit lachender Freude tollten die beiden Jungen zum See hinunter.

      Lolo setzte sich an den Tisch. Die Hände im Schoß und den Kopf an den Baum gelehnt, blickte sie in Gedanken zu den wehenden Zweigen auf. Sie schien das Schwanken und Neigen der vom Wind bewegten Äste nicht zu sehen, die tönende Stimmen der Wipfel nicht zu hören. Plötzlich, wie aus einem Traum erwachend, strich sie mit der Hand über die Stirn und begann mit raschen, kräftigen Zügen zu schreiben.

      Sie hatte den Brief noch nicht vollendet, als vom See herauf ein jubelnder Schrei tönte. »Lo! Lo! Wir haben eine riesige Forelle gefangen.« Und Gustl jauchzte, daß es weit hinaufhallte über die steilen Berge.

      Als Lolo den Brief an die Mutter geschlossen hatte, ging sie zum See hinunter.

      Gustl kam ihr entgegengesprungen, mit der Forelle in den erhobenen Händen. »Schau nur, Lo! Und drei andere haben gebissen. Aber die ist schön, gelt? Die ist schön?«

      Gar so »riesig« war die Forelle nun freilich nicht, aber ein Pfund mochte sie immerhin wiegen.

      »Ja, die ist schön. Ich nehme sie dann gleich mit hinauf. Die koch ich dir heut zu Mittag.«

      »Aber Lo! Ich habe die Forelle doch für dich gefangen.«

      Lächelnd sah sie dem Knaben in das vor Freude glühende Gesicht. »Wie gut du bist! Aber wir teilen, gelt?« Sie wandte sich an den Hüterbuben. »Loisli! Du wirst heim müssen. Jetzt warst du schon über eine Stunde da, und der Vater wird dich bei der Arbeit brauchen. Magst du mir noch einen Gefallen erweisen?«

      Der Bub legte die Angelrute nieder.

      »So trag mir diesen Brief zum Sebener Senn hinunter. Er soll ihn mit hinausnehmen nach Leutasch, für meine Mutter.«

      Zwei Stunden später wurde im Schatten des Harfenbaumes Tafel gehalten. Nach der blauen Forelle gab's noch einen Pfannkuchen, von welchem Gustl meinte, daß er den Pfauenzungen des Lukullus unbedingt vorzuziehen wäre. Und in den Gläsern funkelte » vinum sacrum Sebenianum«, heiliger Sebenwein, wie Gustl das klare Quellwasser getauft hatte. Fast aber wäre die ganze schöne Bescherung dieses Mahls auf der Erde gelegen, denn ein Windstoß blähte das Tischtuch wie ein Segel auf. Das war für Gustl eine lustige Würze des Schmauses, und lachend trocknete er den vinum sacrum von seiner Lederhose, auf die das umgeschleuderte Glas gefallen war.

      Als er der Schwester bei Abdecken des Tisches half, rollte ein dumpfer Hall über die Berge hin.

      »War das Donner, Lo?«

      »Nein.«

      Hoch droben in einem der Felsenkare, in stundenweiter Ferne, war ein Schuß gefallen.

      Schweigend spähte Lo zu dem Felsgewirr hinauf, dessen Konturen in weißlichem Dunst verschwammen. Während zarte Röte ihre Wangen färbte, sprach es wie Sorge aus ihrem Blick. Wenn Jäger dort oben waren, dann durften sie sich eilen mit der Heimkehr!

      »Wenn nicht Donner, was war es dann?«

      Lo überhörte die Frage des Bruders, und nach einer Weile sagte sie: »Das Wetter kommt. Hinter der Sonnenspitze ziehen schon die ersten Wolken herauf. Eine Stunde, und der ganze Himmel wird grau sein!«

      Wohl

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