Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig Ganghofer

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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer

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Überall an den hübsch getäfelten Wänden waren große Waldschwämme und Rindentrichter mit Blumen- und Gräsersträußen angebracht, und die Ecken waren geziert mit Latschenzweigen, deren kräftiger Harzduft den ganzen Raum erfüllte.

      Ettingens Augen blieben an dem Knaben haften, der sich bescheiden in die Ecke neben dem Herd zurückgezogen hatte. »Das ist Ihr Brüderchen, Fräulein? Das Studenterl, das vorige Woche in Ihrem Haus erwartet wurde?«

      »Ja, Herr Fürst.«

      »Na, schönen guten Abend, kleiner Mann! Und da du der Herr im Hause bist, bedank ich mich für die gastliche Aufnahme unter deinem Dach.«

      Der Junge trat stramm auf den Fürsten zu, reichte ihm die Hand und machte ein tiefes Kompliment.

      »Wie heißt du denn?«

      »Gustl.«

      »Augustus? Oh! Das ist ein Name, der verpflichtet. Wer Augustus divinus war, das weißt du doch sicher schon?«

      »Natürlich! Wir sind zwar heuer in der römischen Geschichte erst bis zur Verschwörung des Catilina gekommen. Aber wer die Kaiser waren, das weiß man doch!«

      Mit wachsendem Wohlgefallen betrachtete Ettingen den Jungen. »Das ist eine Antwort, aus der ich errate, daß du ein fleißiger Student bis. Hab ich recht?«

      »Ja, das darf ich bestätigen«, sagte Lo, deren Blick mit zärtlichem Stolz auf dem Bruder ruhte, »er hat ein Zeugnis heimgebracht, das sich sehen lassen darf.«

      Die Genugtuung, mit welcher Gustl dieses Lob zu hören schien, vertrug sich nicht mit seiner Gewissenhaftigkeit. Seine Wangen färbten sich, während er sagte: »Aber Lo! Die Betragensnote hätte doch wirklich besser sein können.«

      Ettingen lachte. »Warum? Ist die nicht so gut ausgefallen wie die Note für römische Geschichte? Na, da tröste dich mit mir, kleiner Mann! Mein Betragen war auch nicht immer das beste. Junges Blut muß das Recht haben, daß es flinker läuft als Professorenwürde.« Ettingen zog den Knaben in den Schein der Lampe. »Es ist überraschend, Fräulein, wie sich in diesem schmalen Gesichtl schon die kräftigeren Züge Ihres Vaters erkennen lassen: die Form der Stirne, hier die Linie von der Wange gegen das Kinn, der Schnitt der Augen und der Nase. Nur in der sanften Zeichnung des Mundes – da gleicht er Ihnen! Und schlägt wohl der Mutter nach?« Er strich mit der Hand über Gustls Haar. »Ja, kleiner Mann, du gleichst deinem Vater. Da mußt du ihm auch in allem übrigen ähnlich werden. Aus dir muß sich im Leben was Tüchtiges auswachsen. Du trägst einen Namen, dem du Ehre machen mußt. Es ist der Name deines Vaters!«

      Gustls Augen blitzten.

      Dann war's eine Weile still in der kleinen Stube. Draußen trommelte der Regen, und unaufhörlich rollte der Donner. Weil der Sturm die Traufe gegen das Fenster peitschte, schloß Gustl auf einen Wink der Schwester die Läden. Sie selbst bestellte den Tisch mit einer Freude, die aus ihrem ganzen Wesen sprach.

      Ettingen hatte sich behaglich auf einen Holzstuhl niedergelassen. »Wenn Sie wüßten, Fräulein, wie wohl mir ist! Ich habe den Wunsch, hier immer so zu sitzen und nicht mehr aufzustehen. Das macht nicht der trockene Unterstand, den ich nach unbehaglichem Marsch in der Finsternis und unter gießendem Regen hier gefunden habe. Das macht Ihre Nähe. Die zufriedene Lebensfreude, die ruhige Heiterkeit, die in Ihnen wohnt, geht auch auf andere über. Das fühlt man, wie man Licht und Wärme fühlt.«

      In Verwirrung suchte Lo nach Worten. Da kam Pepperl über die Schwelle gestolpert. »Teufi, Teufi, Teufi!«, lachte er und riegelte hurtig hinter sich die Tür zu, »jetzt bin ich froh, daß ich ins Trückene komm. Ich hab 's Büchsl gschwind noch aber bißl sauber gmacht und hab die Mändel ausgwunden.« Er streckte die Arme und guckte an sich hinunter. »Oben tut's es. Aber 's Untergstell! Saxen noch amal, meine Kurzlederne, die schaut gut aus! Aber no: die is ans Wasser gwöhnt.« Er dachte an die gründliche Taufe, die seine »Kurzlederne« in der Sennhütte empfangen hatte. »Gelten S', Duhrlaucht, heut haben wir's nobel troffen!« Lachend stellte er sich an den Herd und ließ sich von der Wärme anstrahlen. »Jetzt kann ich's ehrlich sagen: wie wir da droben im Nebel umanand krabbelt sind, und wie d' Nacht und so a Wetter eingfallen is, da hat mir graust!«

      »Haben Sie denn das Wetter nicht kommen sehen?« fragte Gustl.

      »No, da wär ich a sauberer Jager! Aber wissen S'«, wandte Pepperl sich an Lo, welche die kochenden Eier überwachte, »gegen Mittag, wie's wetterig worden is, waren wir droben auf der Schneid, wo's von die Sebenberg nuntergeht ins Prantlkar. Gleich hab ich gsagt: Duhrlaucht, jetzt müssen wir heim! Durchs Prantlkar wären wir leicht zur Schutzhütten nunterkommen bis auf'n Abend. Aber der Herr Fürst hat positiv übern Sebensee heim wollen. No ja, und wie der Nebel eingfallen is, sind wir dagstanden wie der Schuster, wann er an Kittel machen soll.«

      Ettingen lachte.

      »Ja, gelten S', jetzt können S' lachen? Aber da droben hat's schiech ausgschaut! Ich sag Ihnen, Fräuln, aufgschnauft hab ich, wie ich dös gottsliebe Lichtl von Ihrem Hüttl gsehen hab!«

      »Siehst du, Lo!« fuhr Gustl in Erregung auf. »Siehst du, es hat geholfen! Ja, Pepperl, Lo hatte die Läden schon geschlossen und hat sie wieder aufgemacht, damit das Licht hinausleuchtet.«

      »Fräulein?« fragte Ettingen. »Sie haben vermutet, daß wir kommen?«

      »Ich hatte Ihren Schuß gehört.«

      »Da müssen wir Ihnen doppelt dankbar sein!« Er nahm ihre Hand und sah ihr in die Augen. »Wie geborgen müssen sich die Ihrigen fühlen, da Ihre Sorge schon so warm für fremde Menschen redet!«

      Sie erwiderte lächelnd: »Fremde Menschen? Menschen, die man in Gefahr weiß, stehen uns immer nah. Und Sie, Herr Fürst? Nach allem, was Sie mir von meinem Vater sagten? Sie sind kein Fremder für mich und die Meinen.« Aufatmend löste sie ihre Hand und ging zum Herd. »Haben Sie Erfolg auf der Jagd gehabt?«

      Pepperl kicherte. »So, Duhrlaucht, jetzt können S' Ihnen sauber schenieren vor'm Fräuln! Auf fufzig Schritt is ihm der Gamsbock dagstanden. Und nobel hat er ihn gfehlt! So a Schütz, wie der Herr Fürst! An was S' da denkt haben, Duhrlaucht, dös weiß der heilige Peterl droben. Und der net gwiß!«

      »Ja, Pepperl«, versicherte Ettingen mit herzlichem Lachen, »An Ihren Gemsbock hab ich nicht gedacht. Das stimmt!«

      Der Tee duftete aus der Kanne, Lo brachte die in eine Serviette gehüllten Eier zum gedeckten Tisch, und das Mahl konnte beginnen. Da ergab sich eine Schwierigkeit: vier Tischgäste und nur zwei Sessel! Pepperl zog für sich die Truhe zum Tisch, und auf ihr saß er so tief, daß er gerade noch mit dem Kinn über die Tischplatte reichte. Lolo wollte den Platz auf ihrem Sessel mit dem Bruder teilen, aber Gustl holte sich zwei Holzscheite vom Herd, stellte das eine senkrecht, legte das andere quer darüber, und so hatte er den »schönsten Schaukelstuhl«, mit dem er freilich bei jeder leisen Bewegung umzukippen drohte. Die glückliche Lösung der Platznot leitete den Schmaus mit Heiterkeit ein, und während draußen der Regen prasselte, der Donner krachte und der Sturmwind rüttelnd um die Holzwände fuhr, wurde im Schutze des kleinen Daches mit Lachen geplaudert und gespeist.

      Zwölftes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Ein Glück war's, daß Loisli am Morgen frischen Vorrat an Butter und Ehrwalder Weizenbrot gebracht hatte. Sonst würde sich das kleine Seehaus

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