Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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als ein Auto auf den Parkplatz gefahren kam. Kurz darauf betrat Julia Winter in Begleitung von Leon Schubert die Praxis. In ihrer Mitte schlich ein dürrer junger Mann daher, der sich sein linkes Handgelenk hielt. Er war kreidebleich. Man sah ihm an, dass er Schmerzen hatte.

      »Ludger Pfeifer«, stellte sich dieser mit hoher Stimme vor.

      »Brunner. Zeigen Sie einmal, was Sie da gemacht haben«, begrüßte der Landarzt seinen Patienten freundlich.

      Auf den ersten Blick erkannte er an der Schwellung und der typischen Fehlstellung des Handgelenks, dass es sich um eine Unterarmfraktur handelte. Von welchem Ausmaß sollte das Röntgengerät feststellen. »Sind Sie bei Ihrem Sturz auf den Kopf gefallen?«, erkundigte er sich.

      »Nein«, erwiderte sein Patient. »Mein Kopf funktioniert bestens.«

      »Das freut mich. Also brauchen wir eine mögliche Gehirnerschütterung nicht in Erwägung ziehen. Oder?« Er sah Ludger Pfeifer eindringlich an.

      »Wenn es so wäre, würde ich es sagen«, erhielt er die unfreundliche Antwort, welche er jedoch nicht persönlich nahm.

      Er kannte die Menschen wie auch ihre vielfältigen und unterschiedlichen Reaktionen in Stresssituationen und hatte dafür Verständnis.

      »Wir gehen jetzt hinüber in die Miniklinik«, sprach er unvermindert freundlich weiter.

      »Klinik?« Ludger Pfeifer sah ihn entsetzt an.

      »Kommen Sie mit mir«, schaltete sich Ulrike mit ihrem warmherzigen Lächeln ein. »Das klingt schlimmer als es ist.«

      Sie schob ihre Hand unter seinen Arm und zog ihn mit sich zu dem Gang, der Miniklinik und Praxis verband.

      Matthias’ Blick wanderte zwischen Julia und Leon hin und her.

      »Wie geht es Ihnen?«, erkundigte er sich bei seinem Patienten.

      »Schon viel besser«, antwortete Leon strahlend.

      Dann schaute der junge Mann Julia an und sie ihn. Nur zwei, drei Lidschläge lang, aber lang genug, um als Außenstehender zu erkennen, das zwischen den beiden ein unsichtbares Band bestand.

      »Wir sehen uns«, verabschiedete er sich, wobei sich seine Freude darüber, dass Julia Winter die Liebe gefunden hatte, auch in seinem warmen Ton niederschlug. »Dann will ich mich mal um Herrn Pfeifer kümmern«, fügte er hinzu.

      »Sollen wir warten?«, fragte Julia.

      Er schüttelte den Kopf. »Dafür ist es schon zu spät. Ich denke, Herr Pfeifer wird sich ein Taxi erlauben können.«

      *

      Sein neuer Patient stellte sich nicht gerade als Held heraus. Bei jeder Berührung schrie er leise auf.

      »Haben Sie auch Schmerzen im Ellbogen?«, erkundigte sich Matthias, während seine Frau die Vorbereitungen fürs Röntgen traf.

      »Nein.«

      »Das ist doch schon einmal die halbe Miete«, meinte der Landarzt betont locker, um Ludger Pfeifer zu beruhigen. »Dann werden wir es wahrscheinlich nur mit einem Speichenbruch des Unterarmes zu tun haben.«

      »Reicht das nicht?«

      »Sie haben recht.« Er lächelte entwaffnend. »Am besten wäre es gewesen, wenn Sie zu dieser Nachtzeit gar nicht zu uns hätten kommen müssen.«

      »Wie lange dauert die Heilung?«

      »Circa sechs Wochen. Sind Sie Rechtshänder?«

      »Ja.«

      »Dann haben Sie Glück im Unglück gehabt.

      »Sehr witzig.«

      »Alles bereit«, machte Ulrike diesem Zwiegespräch nun ein Ende.

      *

      Das Röntgenbild zeigte einen einfachen Bruch. Unter Betäubung richtete Matthias diesen ein und legte den Unterarm zur Ruhigstellung in eine Gipsschiene. Nachdem Ludger Pfeifer die Behandlung hinter sich hatte, kam wieder mehr Leben in ihn.

      »Diesen Fall werde ich melden«, schimpfte er, als er neben dem Landarzt durch den Gang zurück zur Praxis ging. »Eine Pension, in der es morsche Treppenstufen gibt, muss geschlossen werden. Ich hätte mir das Genick brechen können.«

      »Was haben Sie denn zu dieser Stunde überhaupt im Keller gemacht?«, fragte Matthias betont harmlos.

      »Fotografiert«, lautete die schnippisch klingende Antwort.

      Der Landarzt blieb stehen. »Fotografiert?«, wiederholte er verdutzt.

      »Die Missstände fotografiert.«

      Nun erzählte Ludger Pfeifer ihm, warum er sich in der Pension Winter eingemietet hatte. Matthias hörte ihm mit wachsendem Unbehagen zu. Er wusste doch nur allzu gut, wie sehr die Pension Julia und ihrer Großmutter am Herzen lag. Und wie sehr die beiden Frauen auf die Einnahmen angewiesen waren. Ludger Pfeifer würde jetzt das Todesurteil über das Lebenswerk von Hilde Winter fällen. Wie konnte er helfen?

      *

      Nachdem Ludger Pfeifer mit dem Taxi abgefahren war, konnten Matthias und Ulrike noch nicht ins Bett gehen, obwohl es bereits zwei Uhr morgens war. Sie setzten sich noch einmal auf die Terrasse unters Sternenzelt und tranken ein Glas Wein.

      »Ich freue mich für Julia«, sagte Ulrike mit versonnenem Lächeln. »Hoffentlich ist es für Herrn Schubert nicht nur eine Urlaubsliebe.«

      »Diesen Eindruck hatte ich nicht«, erwiderte Matthias. »Bekanntlich kommt es weniger darauf an, was die Menschen sagen, sondern wie sich zueinander verhalten. Leons Blicke und Gesten drückten mehr als alle Worte aus.«

      »Du hattest mir gesagt, dass er aus Düsseldorf stammt. Das liegt nicht gerade um die Ecke.«

      »Als er vorgestern zur Nachkontrolle bei mir war, hat er mir ein bisschen über sich erzählt. Er bricht beruflich gerade zu neuen Ufern auf.« Er zwinkerte seiner Frau zu. »Es könnte doch sein, dass er sie hier an der Steinache gefunden hat.«

      »Das wäre schön.« Ulrike legte ihre Hand auf die ihres Mannes. Eine Weile saßen die beiden schweigend nebeneinander und schauten in die Nacht hinaus.

      Unten im Tal lagen die Häuser im Finsteren. Kein Licht brannte mehr. Der kreisrunde Mond am Himmel versilberte den Wiesenhügel. Von Zeit zu Zeit drang der Ruf eines Käuzchens durch die schwarze Stille.

      »Im Fernsehen habe ich einmal eine Sendung über Hotel- und Restauranttester gesehen«, sagte Ulrike in nachdenklichem Ton.

      »Hat Herr Pfeifer gesagt, für welchen Reiseveranstalter er arbeitet?«

      »Nein.«

      »Wir sollten Julia und Oma Winter darüber informieren. Sie haben sozusagen einen Spion im Haus.«

      »Hilde Winter hat bei ihrem Besuch ihr Rezept vergessen«, sagte Matthias mit nachdenklicher Miene. »Sie hat zwar noch genug Blutdruckpillen, aber ich könnte es ihr vorbeibringen.«

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