Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman - Christine von Bergen Der Landdoktor Staffel

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warteten in der Stube zusammen auf die Rückkehr von Ludger Pfeifer. Endlich durchschnitten zwei Scheinwerfer die Dunkelheit, ein Wagen hielt an, und Julia stand auf. »Das wird er sein.«

      Sie öffnete dem Gast leise die Haustür, sodass ihre Großmutter nicht aufwachte.

      »Und?«, flüsterte sie, als Ludger Pfeifer den Flur betrat.

      »Gebrochen«, zischte er wie eine Schlange zurück. »Das geht auf Ihr Konto, aber darüber reden wir morgen.« Mit dieser Drohung verschwand er in seinem Zimmer.

      »Oje«, sagte Julia mit einem Seufzer zu Leon, der in der Stubentür stand. »Mit dem werden wir noch Ärger bekommen.«

      »Jetzt gehen wir erst einmal schlafen«, erwiderte Leon, um das Thema abzuwiegeln.

      Er hatte ein unangenehmes Gefühl im Bauch, ein verdammt unangenehmes. Und natürlich konnte er nicht schlafen. Viel zu viele Gedanken wanderten ihm durch den Kopf. Er war sich fast sicher zu wissen, wer die Pfeife war und was sie hier in der Pension vorhatte. Als er gerade eingedämmert war, klingelte sein Handy. Zuerst glaubte er, er würde träumen. Doch dann stellte er fest, dass der Anruf in dieser frühen Morgenstunde harte Wirklichkeit war.

      Er schnellte hoch im Bett, was ihm sofort wieder einen stechenden Schmerz bescherte. Ein Blick aufs Display seines Funktelefons verriet ihm, wer die Anruferin war.

      »Verzeih, dass ich dich aus dem Schlaf reiße, aber Vater ist gerade mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht worden«, teilte ihm seine Mutter mit zitternder Stimme mit. »Deinen Bruder kann ich nicht erreichen. Ich bin völlig verzweifelt. Ein schwerer Infarkt.« Seine Mutter zögerte. »Kannst du morgen zurückkommen?«

      Das wollte er ja ohnehin.

      »Natürlich werde ich kommen, Mutter«, sagte er in beruhigendem Ton, der auf sie jedoch die Wirkung verfehlte. Er hörte sie am anderen Ende der Leitung aufweinen. »Bitte, beruhige dich«, fuhr er fort. »Vater ist in ärztlichen Händen. Du kannst jetzt gar nichts anderes tun, als dich auszuruhen, um Kraft zu schöpfen, damit du ihm morgen wieder beistehen kannst.«

      Wie sollte er seine Mutter über diese Entfernung hinweg anders trösten als mit Worten? Dabei wusste er genau, wie wenig sie bewirkten. Seine Eltern verband eine tiefe Liebe, die für ihn stets ein Vorbild für sein eigenes Liebesleben gewesen war.

      Nachdem er das Gespräch beendet hatte, blieb er am geöffneten Fenster stehen. Er sog die frische Luft, eine berauschende Duftmischung aus feuchtem Laub und Waldboden, tief in sich hinein. Sofort fühlte er sich wacher, lebendiger. Spontan beschloss er, jetzt schon zu fahren. Schlafen würde er ohnehin nicht mehr können.

      Mit ein paar Griffen hatte er seine Reisetasche gepackt. Dann schrieb er Julia eine Nachricht. Wecken wollte er sie nicht nach dem aufregenden Abend. Mit dem Zettel in der einen Hand, in der anderen seine Tasche, sah er sich noch einmal im Zimmer um.

      Der Abschied fiel ihm schwer. Am Himmel hingen noch ein paar Sterne, Reste des großen Wagens. Er sah genau hin, und es kam ihm so vor, als tanzten sie ein letztes Mal für ihn, bevor sie sich im ersten Licht des Morgens auflösen würden.

      Als Leon Ruhweiler hinter sich ließ, zündelte im Osten schon ein schwaches Frührot. Bald schon begann es, über den Tannenhöhen immer stärker zu flammen. Im Wald wachte der Wildtauber auf und rief sein Gruh-Gurruh in den Morgen. Die Höfe lagen noch im blauen Schatten, und der Tau auf den Grashalmen funkelte wie ein Meer aus Tränen, als die Sonne ihre ersten hellen Strahlen über die Berghänge schickte. Die Welt war hier so friedlich, eine einzige Idylle. Leon wusste, dass er wiederkommen würde. Und das so schnell wie möglich.

      Nur eines wusste er nicht, nämlich, dass das Schicksal andere Pläne hatte.

      *

      Julia hielt den Zettel in der Hand, den Leon ihr zu früher Morgenstunde unter ihre Zimmertür geschoben hatte. Eine unendliche Enttäuschung machte sich in ihr breit. Mehrmals las sie seine kurzen Zeilen, und mit jedem neuen Mal schoben sich für sie dunklere Wolken vor die Sonne, die an diesem Morgen durch ihr Fenster schien.

      Warum hatte er es so eilig gehabt, warum war er mitten in der Nacht losgefahren? Sein Vater befand sich im Krankenhaus, in ärztlicher Obhut. Es bestand keine akute Lebensgefahr, wie sie lesen konnte. Hätte er nicht bis sechs Uhr warten können, um sich wenigstens noch von ihr zu verabschieden?

      Seine jähe Abreise hinterließ in ihr ein seltsames Gefühl. Sie konnte diese Empfindung noch nicht greifen, schon einmal gar nicht beschreiben. War es das Gefühl von Verlassenwerden? Von Angst? Zweifel an Leons Liebe? Fast kam ihr sein Verhalten vor wie eine Flucht. Eine Flucht vor ihr?

      Ich rufe Dich an, stand unter seinem Ich liebe Dich.

      An diesen beiden Versprechungen hielt sich Julia fest, während sie die Kühe molk, den Stall ausmistete und danach duschte. Auch Oma Winter zeigte sich erstaunt.

      »Dann hat er ja gar nicht geschlafen«, sagte sie mit besorgter Miene. »Schwebt sein Vater denn in Lebensgefahr?«

      »Ein Herzinfarkt. Der Notarzt hat ihn ins Krankenhaus gebracht.«

      Hilde schwieg und bereitete das Frühstück für Ludger Pfeifer, während Julia in der Stube den Tisch für den nunmehr einzigen Gast deckte. Sie faltete gerade die Serviette, als sich die Stubentür öffnete und Herr Pfeifer im Rahmen stand. Blass, unrasiert, sichtlich unausgeschlafen. Sein Unterarm lag in einer Schlinge, die er aus einem signalroten Schal gedreht hatte.

      »Guten Morgen«, begrüßte Julia ihn freundlich. »Wie geht es Ihnen?«

      »Ich habe Schmerzen«, erhielt sie die knappe Antwort.

      Ludger Pfeifer blieb vor ihr stehen. Seine Augen schienen sie durchbohren zu wollen. »Ich muss mit Ihnen reden«, begann er in einem so eiskalten Ton, der sie frieren ließ. »Machen Sie mir die Rechnung fertig. Die Arztrechnung und etwaige Folgezahlungen werde ich an Sie weiterleiten.«

      Sie schluckte. »Sind Sie denn nicht krankenversichert?«, fragte sie erstaunt.

      »Ich sehe nicht ein, die Kasse zu belasten, wenn mein Unfall eindeutig durch Ihre Missstände hier verursacht worden ist«, schnappte er zurück.

      Sie griff sich an die Stirn, als könnte sie durch diese Geste die vielen Gedanken festhalten, die ihr durch den Kopf schossen.

      »Verzeihen Sie«, fuhr sie dann fort. »Was wollten Sie überhaupt bei uns im Keller? Sie hatten wieder Ihre Kamera bei sich.« Ihre Stimme schraubte sich vor Erregung höher. »Kann es sein, dass Sie hier herumspionieren? Wenn ja, wüsste ich gern den Grund dafür.«

      »Den kann ich Ihnen sagen, meine Gnädigste«, gab die Pfeife mit ironischem Lächeln zurück. »Mein Chef hat mich zu Ihnen geschickt. Sagt Ihnen der Reiseveranstalter Brandt und Söhne aus Düsseldorf etwas? Sie haben Ihre Pension dort angeboten. Die ›Oase der Ruhe‹.« Ludger Pfeifer drehte seinen Zeigefinger an der Stirn. »Klingelt da was bei Ihnen?«

      Seine Worte machten Julia einen Moment sprachlos. Dann schoss die Wut wie eine Stichflamme in ihr hoch.

      »Sie haben sich hier eingeschlichen als Hoteltester? Als ein Spion? Das ist ja eine Unverschämtheit.« Sie schnappte nach Luft, konnte nicht mehr weiterreden.

      »So geht das in dieser Branche«, erwiderte die Pfeife mit aufreizender Gelassenheit. »Ich muss Ihnen wohl nicht sagen, wie die Beurteilung ausgefallen ist, oder?« Mit wölfischem

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