Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler. Артур Шницлер
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Читать онлайн книгу Die bekanntesten Dramen und Lustspiele von Arthur Schnitzler - Артур Шницлер страница 71
François. Er deklamirt ein wenig.
Henri. Jeder Junge und jeder Alte, jeder, der sie gereizt – und jeder, der sie bezahlt hat, ich denke, jeder der sie wollte, hat sie gehabt – und ich hab' es gewußt!
Séverine. Das kann nicht jeder von sich sagen.
Henri. Und dabei hat sie mich geliebt, meine Freunde, kann das Einer von Euch verstehen? Immer wieder ist sie zu mir zurückgekommen – von überall her wieder zu mir – von den Schönen und den Häßlichen – den Klugen und den Dummen, den Lumpen und den Kavalieren – immer wieder zu mir. –
Séverine zu Rollin. Wenn ihr nur ahntet, daß eben dieses Zurückkommen die Liebe ist.
Henri. Was hab' ich gelitten . . . . Qualen, Qualen!
Rollin. Es ist erschütternd!
Henri. Und gestern hab' ich sie geheiratet. Wir haben einen Traum gehabt. Nein – ich hab' einen Traum gehabt. Ich wollte mit ihr fort von hier. In die Einsamkeit, auf's Land, in den großen Frieden. Wie andere glückliche Ehepaare wollten wir leben – auch von einem Kind haben wir geträumt.
Rollin leise. Séverine!
Séverine. Nun ja, es ist schon gut.
Albin. François, dieser Mensch spricht die Wahrheit.
François. Gewiß, diese Liebesgeschichte ist wahr, aber es handelt sich um die Mordgeschichte.
Henri. Ich hab' mich um einen Tag verspätet . . ., sie hatte noch Einen vergessen, sonst – glaub' ich – hat ihr keiner mehr gefehlt . . . . aber ich hab' sie zusammen erwischt . . . . und er ist hin.
Die Schauspieler. Wer? . . . wer? Wie ist es geschehen? . . . Wo liegt er? – Wirst Du verfolgt . . . Wie ist es geschehen? . . . Wo ist sie?
Henri immer erregter. Ich hab' sie begleitet . . . in's Theater . . . . zum letzten Male sollt' es heute sein . . . ich hab' sie geküßt . . . . an der Thür – und sie ist hinauf in ihre Garderobe und ich bin fortgegangen wie Einer, der nichts zu fürchten hat. – Aber schon nach hundert Schritten hat's begonnen . . . in mir . . . . versteht Ihr mich . . . . eine ungeheure Unruhe . . . und es war, als zwänge mich irgend 'was, umzukehren . . . . und ich bin umgekehrt und hingegangen. Aber da hab ich mich geschämt und bin wieder fort . . . . und wieder war ich hundert Schritt weit vom Theater . . . da hat es mich gepackt . . . . und wieder bin ich zurück. Ihre Scene war zu Ende . . . . sie hat ja nicht viel zu thun, steht nur eine Weile auf der Bühne, halbnackt – und dann ist sie fertig . . . . ich stehe vor ihrer Garderobe, ich lehne mein Ohr an die Thür und höre flüstern. Ich kann kein Wort unterscheiden . . . . das Flüstern verstummt . . . . ich stoße die Thür auf . . . . Er brüllt wie ein wildes Thier. – es war der Herzog von Cadignan und ich hab' ihn ermordet. –
Wirth der es endlich für wahr hält. Wahnsinniger!
Henri schaut auf, sieht den Wirth starr an.
Séverine. Bravo! bravo!
Rollin. Was thun Sie, Marquise? Im Augenblick, wo Sie Bravo! rufen, machen Sie das alles wieder zum Theater – und das angenehme Gruseln ist vorbei.
Marquis. Ich finde das Gruseln nicht so angenehm. Applaudiren wir, meine Freunde, nur so können wir uns von diesem Banne befreien.
Leises Bravo!, das immer lauter wird; alle applaudiren.
Wirth zu Henri, während des Lärms. Rette Dich, flieh, Henri!
Henri. Was? was?
Wirth. Laß es jetzt genug sein und mach', daß Du fortkommst!
François. Ruhe! . . . . Hören wir, was der Wirth sagt!
Wirth nach kurzer Ueberlegung. Ich sag' ihm, daß er fort soll, bevor die Wachen an den Thoren der Stadt verständigt sind. Der schöne Herzog war ein Liebling des Königs – sie rädern Dich! Hättest Du doch lieber die Canaille, Dein Weib, erstochen!
François. Was für ein Zusammenspiel! . . . . Herrlich!
Henri. Prospère, wer von uns ist wahnsinnig, Du oder ich? – Er steht da und versucht, in den Augen des Wirths zu lesen.
Rollin. Es ist wunderbar, wir alle wissen, daß er spielt, und doch, wenn der Herzog von Cadignan jetzt hereinträte, er würde uns erscheinen wie ein Gespenst.
Lärm draußen – immer stärker. Es kommen Leute herein, man hört schreien. Ganz an ihrer Spitze Grasset, Andere, unter ihnen Lebrêt, drängen über die Stiege nach. Man hört Rufe: Freiheit, Freiheit.
Grasset. Hier sind wir, Kinder, da herein!
Albin. Was ist das? Gehört das dazu?
François. Nein.
Marquis. Was soll das bedeuten?
Séverine. Was sind das für Leute?
Grasset. Hier herein! Ich sag' es Euch, mein Freund Prospère hat immer noch ein Faß Wein übrig, und wir haben's uns verdient! Lärm von der Straße. Freund! Bruder! Wir haben sie, wir haben sie!
Rufe draußen. Freiheit! Freiheit!
Séverine. Was giebt's?
Marquis. Entfernen wir uns, entfernen wir uns, der Pöbel rückt an.
Rollin. Wie wollen Sie sich entfernen?
Grasset. Sie ist gefallen, die Bastille ist gefallen!
Wirth. Was sagst Du? – Spricht er die Wahrheit?
Grasset. Hörst Du nicht?
Albin will den Degen ziehen.
François. Laß das jetzt, sonst sind wir alle verloren.
Grasset torkelt über die Stiege herein. Und wenn Ihr Euch beeilt, könnt ihr noch draußen was Lustiges sehn . . . . . auf einer sehr hohen Stange den Kopf unseres theueren Delaunay.
Marquis. Ist der Kerl verrückt?
Rufe. Freiheit! Freiheit!
Grasset. Einem Dutzend haben wir die Köpfe abgeschlagen, die Bastille gehört uns, die Gefangenen sind frei! Paris gehört dem Volke!
Wirth. Hört Ihr! Hört Ihr! Paris gehört uns!
Grasset. Seht, wie er jetzt Muth kriegt. Ja, schrei' nur, Prospère, jetzt kann Dir nichts mehr geschehn.
Wirth zu den Adeligen. Was sagt Ihr dazu? Ihr Gesindel! Der Spaß ist zu Ende.
Albin. Hab' ich's nicht gesagt?
Wirth. Das Volk von Paris hat gesiegt.
Commissär. Ruhe! – Man lacht. Ruhe! . . . . Ich untersage die Fortsetzung der Vorstellung!
Grasset. Wer ist der Tropf?
Commissär.