Gesammelte Werke. Aristoteles
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154.Vgl. Kap. 2 Anm. 143.
155.Das ist der Vorzug jeder Tugend: eine Art Unverlierbarkeit. Das Gewußte wird vergessen, der gute Wille bleibt, weil er durch Gewöhnung zur zweiten Natur wird.
156.Hier ist von einer weiteren der fünf im 3. K. genannten Mitgiften des Verstandes die Rede, vom Intellekt, νου̃ς. Man vergleiche die Anm. 148 des 3. Kap.
157.Aus dieser angeblichen Dichtung des Homer sind nur noch wenige Verse erhalten. Nach der Art, wie Ar. den betreffenden Mann erwähnt, mag derselbe ein Weiser, wenn auch in praktischen Dingen ungeschickt gewesen sein, wie ja auch Plato bekanntlich den ächten Philosophen schildert.
158.Die Weisheit ist Verstand als Wissen der Prinzipien, Wissenschaft als Wissen der Folgerungen. Sie nimmt im Organismus der Wissenschaften die Stelle des Hauptes ein, weil sie als Wissenschaft des Allgemeinen die Voraussetzungen und Regeln für alle enthält, und alle von ihr wie die Glieder vom Haupte abhängig sind. Sie umfaßt die ehrwürdigsten Objekte, τὰ τιμιώτατα, besonders die Erkenntnis Gottes, des ersten und vorzüglichsten Prinzips, πρώτη καὶ κυριωτάτη αρχή, Met. XI, 7. 1064b 1. Vgl. Met. I, 2. 983a 6: επιστήμη τω̃ν θείων.
159.Die beste, d. i. die höchste Wissenschaft. Die Würde der Wissenschaft richtet sich nach ihrem Objekte, nicht nach ihrem unmittelbaren Nutzen, vgl. den Anfang von de anima. Staatskunst und Klugheit, die es mit dem Besten des einzelnen Menschen oder der Gesamtheit zu tun haben, könnten nur dann die höchste Stelle einnehmen, wenn der Mensch das vornehmste Wesen wäre.
160.Die Klugheit verhält sich bald so bald so, z. B. erträgt sie bald, bald widersteht sie. Die Weisheit verhält sich immer gleich. Die höchsten Ziele sind der unverrückbare Polarstern, auf den sie ihren Blick gerichtet hat. Was aber wechselt, kann nicht den höchsten Gegenstand haben und also auch nicht die höchste Erkenntnis sein. Also hat die Klugheit nicht den höchsten Gegenstand und ist nicht die höchste Erkenntnis, sondern jenen hat und dieses ist die Weisheit.
161.Wie die Klugheit nicht die höchste Erkenntnis ist und somit der Weisheit nicht gleich sein kann, so auch nicht die Politik, diese Klugheit gleichsam im großen. Wie es für die verschiedenen Arten der Lebewesen verschiedene Heilkünste gibt, so gibt es auch viele Arten der Klugheit in privaten und öffentlichen Dingen, während die Weisheit als Wissenschaft der Dinge, die allem Seienden gemeinsam sind, nur eine ist.
162.Ar. sagt nicht schlechthin, daß die himmlischen Bestandteile des Universums am göttlichsten sind, sondern daß sie das Göttlichste von dem sind, was in die Augen fällt. Die Himmelskörper sind nach aristotelischer Auffassung gewissermaßen ein höheres Abbild der aus Leib und Seele zusammengesetzten Menschennatur. Der Himmelskörper ist inkorruptibel und die ihn bewegende Intelligenz, der Sphärengeist, reiner und vollkommener Geist.
163.Man vergleiche das 6. Buch von Platos Staat. – Thales und Anaxagoras werden hier nicht zufällig genannt. Als Thales einst ausgegangen war, um die Sterne zu betrachten, fiel er in eine Grube und wurde von einer Alten verspottet, daß er die Dinge am Himmel wissen wolle und nicht sehen könne, was vor seinen Füßen sei. Und als dem Anaxagoras vorgeworfen wurde, daß er sich um seine Heimat nicht kümmere, antwortete er: »Das tue ich sogar sehr«, und zeigte nach dem Himmel. Diog. Laert. I, 1 u. II, 3.
164.Worte des Odysseus aus dem Prolog des Philoktet von Euripides.
165.Mit der Sorge für das eigene liebe Ich ist es nicht getan. Die Wohlfahrt des Einzelnen gedeiht nur im Ganzen. Aber die Sorge für das eigene Wohl bleibt dabei eine selbstständige Aufgabe, da es sich hier um das Einzelne und Konkrete handelt, das in praktischen Dingen nicht sofort mit dem Allgemeinen gegeben ist.
166.Das Gesagte ist der Inhalt des 2. Absatzes im vor. K. Die Bemerkung ist aber veranlaßt durch das im letzten Satz über die Besorgung der eigenen Dinge und die Schwierigkeit dieser Aufgabe Gesagte.
167.Die Klugheit wird hier mit der Wissenschaft und mit dem Verstande verglichen. Sie ist nicht Wissenschaft. Denn diese geht auf das Allgemeine, sie auf das Einzelne. Ihr Verhältnis zum Verstande, νου̃ς, ist teils das der Analogie, teils das des Gegensatzes. Sie ist dem Verstande analog. Denn er geht auf die letzten Begriffe, die nicht wieder auf andere zurückgeführt und darum nicht definiert werden können. Vgl. Kap. 3, Anm. 148. Sie geht auf das Letzte, was unmittelbar zu tun ist und als Einzelnes unter den Sinn fällt. Dieser Sinn ist nicht Gesicht oder Gehör, sondern innerer Sinn. Vgl. II, Kap. 9, Anm. 55. Er ist mit dem Sinne zu vergleichen, der uns lehrt, daß das letzte Mathematische das Dreieck ist, d. h. daß es keine gradlinige Figur von weniger als drei Seiten gibt. Das lehrt uns die Anschauung. Zwei Seiten können nie eine geschlossene Figur bilden. Das ist also die Analogie zwischen Klugheit und Verstand. Der Unterschied zwischen beiden aber wird angegeben im ersten Satze des folgenden Kapitels, der noch zu unserem Kapitel gehört. Das Verständnis dieses kleinen Satzes wird einerseits erschwert durch den Ausdruck: τὸ ζητει̃ν διαφέρει, wo ζητειν Akkusativ der Beziehung, nicht Subjektsnominativ ist. Das zu ergänzende Subjekt ist vielmehr φρόνησις. Anderseits wird das Verständnis dadurch erleichtert und der richtige Sinn dadurch bestätigt, daß vorher, Zeile 25, die Partikel μὲν steht, dem einzig das δὲ unseres Satzes entspricht: αντίκειται μὲν τω̃ νω̃, τὸ ζητει̃ν δὲ καὶ τὸ βουλεύεσθαι διαφέρει. – Der Anfang des hat die Übersetzer, die ihn wohl falsch verstanden haben, in Verlegenheit gebracht. Susemihl im Anschluß an Rassow meint, das ursprüngliche Ende des 9. und der Anfang des 10. K. sei in unserem Texte ausgefallen, wie unsere Auslegung ergeben möchte, mit Unrecht. – Bezüglich des Satzes: Das Überlegen ein Suchen, verweisen wir noch auf III, 5Abs. 4.
168.S. Anm. 168
169.Nach der Erörterung der dianoëtischen Tugenden der Klugheit und der Weisheit und verwandter Vorzüge und Gaben des Geistes steht hier zunächst eine Erörterung dreier mit der Klugheit verbundenen Tugenden, der ευβουλία, σύνεσις und γνώμη.
170.Meinung, δόξα, ist die Annahme eines bestimmten Satzes als wahr, wenn auch mit der Besorgnis, daß man irre. Bei der Überlegung aber fehlt auch das Stillestehn bei einem festen Entschluß, und so kann gute Überlegung keinerlei Meinung sein.
171.Was aber hier unterbleiben kann, weil es bereits geschehen. Dies ist hier stillschweigend gesagt,