Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen
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Längst hatte die Kirchenglocke von Ruhweiler zwölf Mal geschlagen. Schwester Gertrud hatte sich angeboten, den Rest der Nacht bei ihrer Patientin in der Miniklinik zu verbringen. Nachdem hier wieder das Zepter in ihren Händen lag, schickte sie Christian energisch nach Hause.
»Sie können nichts mehr tun, junger Mann«, sagte sie. »Ihre Verlobte braucht jetzt absolute Ruhe und Schlaf.«
»Nur noch ein paar Minuten«, bat Christian sie mit dem für ihn so typischen Lächeln, das selbst einen so harten Knochen wie die altgediente Helferin nun weich stimmte. So zeigte sich der Praxisdrache, wie Gertrud von manchen Patienten genannt wurde, nachgiebig und täuschte noch Beschäftigung vor.
»Aber nur ein paar Minuten, in denen ich den Untersuchungsraum aufräume«, fügte sie mit strengem Blick hinzu.
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»Bitte, sieh mich an«, sagte Christian zärtlich zu der geliebten Frau. Er saß dicht neben ihr auf dem Rand des Krankenbettes und hielt ihre Hand in seiner. »Ich muss noch eines wissen. Wolltest du dir wirklich nicht das Leben nehmen?«
Diese Frage beschäftigte ihn, seit sie Angela in der Schlucht gefunden hatten.
Da lächelte sie ihn an.
»Nein, das wollte ich nicht«, antwortete sie. »Als ich in den Wald gegangen bin, wollte ich nur allein sein. Ich war so verzweifelt, weil ich dich verloren glaubte und mich von meinen Eltern so getäuscht fühlte. Ich war fest entschlossen, von hier weg zu gehen. Irgendwann wurde es dann dunkel, ich verlor die Zeit aus den Augen, wollte auf keinen Fall zurück nach Hause. Es war ja eine so schöne Nacht, und ich kenne die Gegend gut.« Sie hielt inne, lächelte ihn zärtlich an. Er bemerkte, wie schwer ihr das Sprechen fiel, und wollte sie nicht noch mehr anstrengen. Er wusste jetzt, was ihm wichtig war.
»Ich sah das kleine Kitz dort unten…«
»Ist schon gut«, flüsterte er und küsste sie auf die Wange. »Übrigens, Dr. Brunner sagte, es hätte gute Chancen zu überleben. Er hat ihm in seiner Garage ein Bett gemacht. Es ist nicht das erste Kitz, das er aufziehen wird.«
Da atmete Angela erleichtert aus.
»Jetzt kann ich gut schlafen«, sagte sie leise und schloss die Augen.
»Darf ich dir vorher noch etwas sagen?«, fragte er hastig.
Sie öffnete die Lider. »Alles, was du willst, wenn es nur etwas Schönes ist.«
»Ich möchte, dass wir ganz schnell heiraten. Solche Erlebnisse wie heute, diese Angst, die ich um dich hatte, die Erkenntnis, wie mies ich mich dir gegenüber verhalten habe, als ich dich einfach gehen ließ … All das wiegt Monate des näheren Kennenlernens auf. Ich wusste zwar schon vom ersten Moment an, dass du die Frau bist, die ich will, aber jetzt möchte ich diesem Wissen auch so bald wie möglich Ausdruck verleihen, indem ich dir meinen Namen gebe. Ich will, dass du ganz zu mir gehörst. Und um deine Eltern musst du dir keine Sorgen mehr machen. Auch sie haben heute ihre Fehler erkannt. Und wie ich sie kennengelernt habe, sind sie durchaus in der Lage, ihr Leben allein zu meistern. Sie haben heute Abend ihre eigenen Grenzen gesprengt. Deinen Vater habe ich als energisch handelnden Mann erlebt und deine Mutter als durchaus toughe Frau, die mit ihrem kranken Knie einmal um die Welt gewandert wäre, um dein Leben zu retten.« Er lächelte Angela an und strich ihr mit all der Zärtlichkeit, die er für sie im Herzen empfand, die Tränen weg, die ihr aus den wunderschönen Augen aufs Kopfkissen tropften. »Aber all das werden sie dir bestimmt morgen auch noch einmal selbst sagen. Deshalb habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich dich nach den Tagen hier in der Miniklinik mit zu mir nach Freiburg nehmen werde.«
*
Angela konnte ihr Glück kaum fassen. Obwohl ihr Kopf trotz des Schmerzmittels dröhnte, die genähte Wunde zwickte, die blauen Flecken an ihrem Körper bei jeder leichten Bewegung schmerzten und sie Christians Stimme nur gedämpft wahrnahm, begriff sie, dass diese Nacht eine Wende in ihrem Leben darstellte.
Tränen der Erleichterung und Dankbarkeit, dass das Leben sie so reich beschenkte, liefen ihr aus den Augenwinkeln, obwohl sie gar nicht weinen wollte. Sie drückte Christians Hand, hielt sie fest.
»Ich kann noch gar nicht glauben, dass du da bist. Dass du und ich uns wiedergefunden haben. Dass sich auch dieser Traum für mich erfüllt hat.«
»Es ist aber so.« Sein verschmitztes Lächeln ließ sie leise lachen.
Da war sie wieder, seine knappe trockene Art, die sie so mochte. Er rückte noch ein Stück näher an sie heran, beugte sich zu ihr hinunter und fragte: »Darf ich dich in die Arme nehmen?«
Da schlang sie ihre um seinen Nacken und zog den geliebten Mann zu sich herunter.
Ganz vorsichtig, als könnte sie unter ihm zerbrechen, legte Christian seinen Oberkörper auf ihren. Wange an Wange, Herz an Herz lagen sie so eine Weile zusammen, genossen die Wärme des anderen.
Da war Angela zumute, als wäre sie nach einer langen Odyssee endlich in einem sicheren Hafen angekommen, in dem sie für immer vor Anker gehen konnte. Christian streichelte ihr übers Haar und verteilte zärtliche Küsse auf ihren Lidern, bevor sich ihre Lippen fanden und miteinander verschmolzen.
»Danke für das neue Leben«, flüsterte sie zwischen ihren Küssen.
»Dafür danke ich auch dir«, erwiderte er ernst. »Es wird unser gemeinsames Leben sein. Und das bis ans Ende aller Zeiten.«
An dem sonnigen Sommertag klang ein feierliches Geläut durch das Ruhweiler Tal, das alle Dorfbewohner zusammenrief. Die kleine weiße Kirche konnte die Gäste und Zuschauer kaum fassen. Niemals zuvor war die Kapelle so üppig geschmückt gewesen. In allen Leuchtern brannten Kerzen. Der feierliche Duft von Weihrauch durchströmte das kleine Kirchenschiff, und die Sonnenstrahlen ließen das Gold am Altar besonders leuchtend schimmern. Ein Murmeln und Raunen hing in der Luft.
Was mochte die Braut tragen?, fragten sich die Frauen. Und die Männer rätselten über das Festessen im Gartenlokal der Rottwälder Brauerei, wo die Feier stattfinden sollte.
Christian Kofler stand vor dem Altar und wartete mit den Gästen zusammen auf seine Braut. Er trat von einem Fuß auf den anderen, zog die weiße Seidenweste glatt, strich sich immer wieder übers Haar.
Wie würde Angela gekleidet sein?, fragte er sich aufgeregt.
Selbst wenn sie in Lumpen käme, würde sie die schönste Braut sein, die die Leute je gesehen hatten.
Endlich öffnete sich knarrend das Kirchenportal, das Raunen verstummte. Christian straffte sich. Als er seine zukünftige Frau sah, wurde ihm der Hals eng.
Angela trug ein bodenlanges schlichtes weißes Seidenkleid, das ihre zarte Figur modellierte. Ihre langen blonden Locken, die ihr bis tief in den Rücken rieselten, waren ihr schönster Schmuck. Auf ihnen saß ein geflochtener Kranz aus weißen Rosen. Am Arm ihres Vaters, der vor Stolz ein paar Zentimeter gewachsen zu sein schien, schritt sie durch den Mittelgang auf ihn zu. Ihre Wangen waren gerötet, ihre wunderschönen nebelgrauen Augen leuchteten wie zwei Sterne, und in ihrem Lächeln lag alles Glück dieser Welt.
Mit verschleiertem Blick legte Axel Häferle die Hand seiner Tochter in seine. Ein paar Atemzüge lang ließ er seine auf ihren beiden