Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen
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Dabei hielt sie seinem Blick stand und spürte, dass sie unter diesem ganz weich, ja, geradezu willenlos wurde, dass die harte Schale ihres kühlen, überlegenen Äußeren, mit der sie sich umgab, wie eine Eierschale zu bröckeln drohte. Je länger ihre Blicke einander berührten, umso stärker empfand sie den Wunsch, sich einfach fallen zu lassen. Einmal in diesen kräftigen gebräunten Armen liegen, einmal diese schönen Männerhände spüren, die von Tatkraft und Geborgenheit erzählten, einmal ihren Mund auf diese Lippen legen …
»Und warum lächelst du jetzt?«, hörte sie Thomas nun fragen.
Das konnte sie ihm wirklich nicht sagen.
»Nur so«, lautete ihre Antwort.
»Das ist unfair«, beschwerte er sich. »Ich habe dir eben auch gesagt, warum ich gelacht habe.«
Sie wand sich verlegen. »Geht aber nicht«, beharrte sie.
Da schenkte er ihr wieder dieses einzigartige Lächeln. Dabei hob er den Finger. »Du hast bestimmt gerade gedacht, was ist das für ein netter Typ. Stimmt’s?«
Sie musste schallend lachen. »Stimmt.«
Er zuckte zurück. »Echt?«
»Echt«, bestätigte sie ihm ernst. Sie war fest entschlossen, keinen Rückzieher zu machen. »Freu dich aber nicht zu früh«, warnte sie ihn. »Mit jemandem wie dir könnte ich mich nie länger unterhalten. Wir würden unweigerlich immer an den Punkt kommen, in dem wir uns unterscheiden.«
»Natur und Chemie?«
»Genau.«
Mit nachdenklicher Miene biss er sich auf die Lippen. »Könnte sein.«
Sie schluckte, ein wenig enttäuscht darüber, dass er dies so offen zugab. Wie viel lieber wäre ihr eine Antwort gewesen in dem Sinne: »Vielleicht nähern wir uns diesbezüglich ja noch einander an.«
»Obwohl …« Er veränderte seine Sitzhaltung und streckte auch das unverletzte Bein aus. »Obwohl man sich vielleicht ja aneinander annähern könnte. Also ich …« Er hob die breiten Schultern. Seine unverschämt blauen Augen lachten sie an. »Ich könnte mir zum Beispiel gut vorstellen, dass ich deine Salbe, sollte sie bei mir wirken, in mein Sortiment aufnehmen würde. Auf einem Sonderstand, vielleicht kombiniert mit einigen Kräuterseifen oder Ölen oder Tees.«
*
Thomas meinte seine Worte ernst. Todernst. Er wollte dieser wunderbaren Frau helfen. Dabei fiel ihm kein Zacken aus der Krone.
Zu der Erkenntnis war er während des Laufens gekommen. Er ging davon aus, dass sie mit ihrer Geschäftsidee kein Bein auf den Boden bekommen würde, aber wenn er, als Apotheker des Ortes, hinter ihren Naturheilmitteln stand, würden sich auch Kunden für diese finden. Das Bild, das sie auf dem Bauernmarkt heute abgegeben hatte, tat ihm immer noch weh.
»Na?« Aufmunternd nickte er ihr zu. »Was hältst du von meiner Idee?«
Sie musste husten, mehrmals hintereinander. Dann verschloss sich ihr Gesicht. Und wider Erwarten stand sie auf.
»Danke, das ist sehr freundlich, aber ich will keine Almosen. Entweder schaffe ich es allein oder gar nicht. Du und ich, das passt nicht. Wahrscheinlich würdest du meine Produkte deinen Kunden mit einem amüsierten Augenzwinkern anbieten.«
Ihre Worte empörten ihn. Nun war er schon über seinen Schatten gesprungen, und sie unterstellte ihm so etwas.
»Was denkst du eigentlich von mir?«, fragte er entrüstet.
»Dass du mich nicht ernst nimmst«, erwiderte sie ruhig. »Musst du auch nicht«, fügte sie gleich hinzu. »Ich stehe hinter meiner Sache. Und das ist wichtig. Natürlich hat ein Apotheker in der Bevölkerung ein anderes Ansehen als eine Kräuterpädagogin. Die meisten wissen ja gar nicht, was das ist, aber ich bin stolz auf das, was ich geschafft habe. So, und jetzt …« Sie lächelte kühl. »Gute Besserung.«
Sie wollte gehen.
»Gibst du mir eine Chance?«, fragte er hastig.
»Wofür?«
»Deine Salbe. Ich meine es ernst.«
Er meinte es wirklich ernst. So ernst, dass er sich fragte, ob sie ihn bereits verhext hatte.
Sie zögerte sichtlich. Dann schien sie zu überlegen und sagte schließlich: »Meinetwegen. Du kannst sie ja wegwerfen, wenn sie dir nichts bringt. Ich habe genug davon.«
Mit diesen Worten drehte sie sich um und trat auf den breiten Waldweg hinaus, auf dem sie mit schnellen Schritten aus seinem Blickfeld verschwand.
Wie betäubt blieb er sitzen. Sein Bein hatte aufgehört zu bluten. Die Gerinnung hatte eingesetzt. Dennoch blieb er noch sitzen und ließ das Gespräch mit Claudia in Erinnerung Revue passieren lassen. Welch eine besondere Frau …
*
Am Montagmorgen staunte der Landdoktor nicht schlecht, als Claudia seine erste Patientin war.
»Meine Frau und ich sind gestern mit unserem Hund bei Ihnen vorbeigegangen«, erzählte er ihr. »Ulrike hat geklopft, aber Sie haben nicht aufgemacht.«
»Ich war in Freiburg auf einem Sonntagnachmittagskaffee eingeladen«, erwiderte Claudia.
Matthias bot ihr den Platz auf dem Patientenstuhl vor seinem Schreibtisch an. »Es tut uns leid, dass Ihr Auftritt auf dem Bauernmarkt nicht den erhofften Erfolg gehabt hat«, sagte er mit bedauerndem Lächeln. »Ulrike und ich haben gestern den ganzen Tag überlegt, wie wir Ihnen helfen könnten.«
»Das ist sehr nett von Ihnen.« Die junge Frau senkte kurz den Kopf und sah ihm dann offen ins Gesicht. »Was meinen Sie, Herr Doktor? Soll ich mein Projekt fallen lassen, nach Freiburg zurückgehen und mich nach einer neuen Stelle umsehen? Sie kennen doch die Menschen hier im Tal und ihre Bedürfnisse.«
»Na ja, das kann ich schlecht sagen«, antwortete er. »Der Verkauf von Naturprodukten ist bei uns natürlich nichts Neues. In vielen Familien, wo noch die Großmutter oder gar Urgroßmutter lebt, werden sie selbst hergestellt. Diese Leute fallen als Kunden für Sie schon mal weg.« Unschlüssig hob er die Schultern. »Ich denke, Ihr Erfolg hängt auch viel von der Vermarktungsstrategie ab. Deshalb dachten meine Frau und ich ja an Herrn Dr. Brandler …«
»Den können Sie vergessen«, fiel ihm da seine Patientin ins Wort. »Herr Brandler ist Chemiker durch und durch. Außerdem muss ich das aus eigener Kraft schaffen.«
»Nun mal langsam mit den jungen Pferden«, gebot er ihr Einhalt. »Als ich vor vielen Jahren meine Praxis hier aufbaute, war ich auch angewiesen auf andere Leute, auf Mund-zu-Mund-Propaganda.«
»Aber nicht in der Apotheke«, beharrte Claudia Koch. Dabei sah sie aus dem Praxisfenster hinaus.
Dass sie und Thomas Brandler sich kannten, hatte er vorgestern auf dem Bauernmarkt gesehen. Waren die beiden in ihren Ansichten derart weit voneinander entfernt, dass keine Zusammenarbeit stattfinden konnte? Oder verband sie sogar etwas miteinander, was einer solchen rein fachlichen Kooperation im Weg stand?
»Wie dem auch sei«, fuhr die junge Frau jetzt fort und fing seinen Blick wieder