Dr. Norden Staffel 7 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Langsam drehte Lilli den Kopf mit den blonden Haaren, die ihr glatt über die Schulter fielen. Beim besten Willen konnte Felix kein Lächeln auf ihren breiten Lippen entdecken.
»Der perfekte Mann hält vorm ersten Kaffee den Mund«, ließ sie ihn ungerührt auflaufen.
Doch mit dem, was dann passierte, hatte sie nicht gerechnet.
Mit großen Augen starrte Felix sie an und schnappte nach Luft. Gleichzeitig presste er beide Hände auf den Magen und ging keuchend in die Knie.
Sein Plan ging auf. Sofort wich der herablassende Ausdruck in Lillis Gesicht einer echten Sorge. Sie sprang auf und kniete sich neben ihn.
»Was ist denn jetzt los?«
Nur mit Mühe konnte sich Felix ein Lachen verkneifen.
»Du hast mir einen Magenschwinger erster Güte verabreicht. Ich weiß nicht, ob ich dich in diesem Zustand noch beim Ausflug begleiten kann.«
Lilli konnte nicht anders: Sie musste lachen.
»O Mann, du bist ja echt mit allen Wassern gewaschen«, bemerkte sie kopfschüttelnd und nahm die Brille ab. An dem Leuchten in ihren steingrauen Augen konnte Felix erkennen, dass er gewonnen hatte.
Er richtete sich auf und sah sie mit einem Blick an, der einen Eisberg zum Schmelzen gebracht hätte. »Bevor ich jetzt noch ein Wort sage, lade ich dich zu einem Kaffee ein und schweige, bis du ihn getrunken hast.«
»Das schaffst du so oder so nicht«, winkte sie ab und ließ sich von ihm aufhelfen. »Für mich bitte Filterkaffee mit Milch und Zucker«, nahm sie sein Angebot trotzdem an. Sie sah ihm nach, als er davonging, und griff nach ihrem Handy. »Wir haben noch eine halbe Stunde Zeit«, rief sie ihm nach.
Ganz Gentleman, aber immer noch schweigend kehrte Felix mit einem Tablett zurück.
»Das ist wirklich sehr aufmerksam von dir«, bedankte sich Lilli. »Was hast du denn für heute geplant?«, erkundigte sie sich und löffelte Zucker in ihren Kaffee.
Doch Felix schüttelte nur den Kopf und deutete auf ihre Tasse. Lilli verstand, gab lachend nach und trank einen Schluck.
»Also gut, ich revidiere meine Aussage. Ein Mann ist dann ein perfekter Mann, wenn er bis zum ersten Schluck Kaffee schweigt.«
Felix atmete auf.
»Danke, Prinzessin. Du hast mich von einem schweren Schicksal erlöst«, erwiderte er und wollte ihr eben seine Pläne unterbreiten, als er die Stimme seiner Mutter hörte.
»Guten Morgen, Felix!«
Auch Lilli blickte auf. Fee war nicht allein.
»O nein!« Schnell griff sie wieder nach ihrer Sonnenbrille. »Nichts gegen deine Mum. Aber auf meine Mutter bin ich gerade nicht besonders gut zu sprechen.«
Ehe Felix eine Frage stellen konnte, hatte Fee schon ihren Tisch erreicht. Nele Forberg folgte ihr in gebührendem Abstand. Das Lächeln auf ihrem Gesicht wirkte wie angeklebt.
»Hallo, ihr beiden!«, begrüßte die Ärztin die beiden jungen Leute.
Lilli lächelte pflichtschuldig. Felix hingegen stand auf und küsste seine Mutter rechts und links auf die Wange. Im Gegensatz zu seiner Begleiterin hatte er ein ausgesprochen gutes Verhältnis zu seinen Eltern und freute sich immer, sie zu sehen. Und auch Nele Forberg reichte er lächelnd die Hand.
»Wenn ich heute nicht schon eine Begleiterin hätte, würde ich mich glatt von euch beiden in die Mitte nehmen lassen«, versuchte er, die unangenehme Situation mit einem seiner Scherze zu überspielen.
»Tut mir leid, junger Mann.« Felicitas ahnte nichts von seinen wahren Beweggründen und ordnete seinen flapsigen Spruch wieder einmal in die Kategorie Überheblichkeit ein. »Wir beide sind ganz froh, heute mal ohne Männer unterwegs zu sein.« Demonstrativ hängte sie sich bei Nele ein, die nicht wusste, wo sie hinsehen sollte. Sie spürte Lillis Abneigung wie eine körperliche Wunde und war froh, dass Fee gleich fortfuhr. »Wir werden es uns heute nämlich so richtig gut gehen lassen, schwimmen gehen, uns am Strand von freundlichen Kellnern verwöhnen und im Übrigen den lieben Herrgott einen guten Mann sein lassen.«
Felix grinste.
»Dann kommt ihr ja doch nicht so ganz ohne Männer aus«, wies er seine Mutter auf die Tatsachen hin. »Sei mir nicht böse, aber das wär mir echt zu langweilig. In diesem Fall bin ich froh, dass ich mir eine junge, temperamentvolle Begleiterin ausgesucht habe.« Er drehte sich zu Lilli um, die demonstrativ in die andere Richtung starrte. Schnell wandte er sich wieder den beiden Frauen zu. »Im Reiseführer hab ich gelesen, dass man in der Blue Lagoon mit Delfinen schwimmen kann. Und danach gehen wir zum Parasailing. Mal sehen, wer als erster wieder im Wasser landet.«
Als Nele das hörte, konnte sie ihre Sorge nicht länger für sich behalten.
»Du liebe Zeit, Lilli, hast du dir das auch gut überlegt?«, platzte sie heraus und musste sofort erfahren, dass ihre Fürsorge unerwünscht war.
»Ich wüsste nicht, was dich das angeht.«
Felix hatte bereits eine Kostprobe von Lillis Ablehnung bekommen. Es hatte ihn ein paar Tage hartnäckiger Überredungskünste gekostet, bis sie bereit gewesen war, wenigstens ein paar normale Sätze mit ihm zu sprechen geschweige denn einen Ausflug mit ihm zu machen. Doch diese Schärfe in der Stimme hätte er dieser zarten, langgliedrigen Person trotzdem nicht zugetraut. Er fuhr zu ihr herum und sah, wie sie den Kopf in den Nacken warf und Nele herausfordernd anfunkelte.
»Mal abgesehen davon, dass ich es satt habe, in Watte gepackt zu werden. Das geht jetzt schon mein halbes Leben so. Mir reicht’s! Endgültig.« In einem Anfall plötzlicher Entschlossenheit stand Lilli auf. »Komm, Felix, wir gehen.« Ehe er es sich versah, hatte sie ihn an der Hand genommen und zog ihn mit sich.
Während seine geheimnisvolle Begleiterin unbeirrt vorwärts strebte, drehte sich Felix noch einmal zu den beiden Frauen um und zuckte mit den Schultern. Besonders die betretene Miene von Nele tat ihm in die Seele hinein weh, und er nahm sich vor, noch an diesem Tag herauszufinden, was zwischen Mutter und Tochter passiert war.
*
Wir haben eine Tochter! Seit er diesen Satz vor ein paar Tagen zum ersten Mal gehört hatte, hallte er unaufhörlich im Kopf des Anwalts Bernd Schäfer wider.
»Wissen Sie, ich hab mir immer ein eigenes Kind gewünscht«, erzählte er, als er Dr. Danny Norden in dessen Sprechzimmer gegenübersaß. »Aber nachdem Rebecca mich verlassen hatte, war es für mich lange Zeit unvorstellbar, wieder eine Beziehung einzugehen. Ich habe die Welt nicht mehr verstanden.« Mit gesenktem Kopf saß er vor dem Schreibtisch und starrte auf seine ineinander verschlungenen Hände. »Für mich stand fest, dass Becky und ich uns zusammen ein Leben aufbauen würden. Und dann hat sie sich Knall auf Fall von mir getrennt.«
»Das war sicher ein herber Schlag für sie«, mutmaßte der junge Arzt.
Bernd nickte düster.
»Nach der Trennung war ich zwei Jahre lang Single. Die Frauenwelt war gestorben für mich.«
Selbst wenn Danny kein Psychologe war, waren die Informationen des