Dr. Norden Staffel 7 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Nachdenklich wiegte Bernd den Kopf mit den kurzgeschorenen Haaren. Sie waren alles, was von seiner blonden Pracht übrig geblieben war.
»Ehrlich gesagt habe ich ihre Krankheit damals gar nicht so wahrgenommen«, gestand er. »Sicher, Becky hatte diese Schmerzattacken, sie war oft müde und melancholisch. Aber das hab ich auf ihr Temperament geschoben. Dafür konnte man sich fantastisch mit ihr unterhalten. Sie war nicht so oberflächlich wie die anderen Mädchen in ihrem Alter.« Unversehens geriet Bernd wieder ins Schwärmen.
Danny, der sich von diesem Gespräch mehr Aufschluss über Rebecca Salomons rätselhafte Krankheit erhofft hatte, musste einsehen, dass seine Hoffnungen enttäuscht wurden. Er legte den Kugelschreiber beiseite, mit dem er sich Notizen gemacht hatte, und sah den Anwalt an. Trotz allem war er an der menschlichen Seite der Geschichte interessiert. Und Bernd machte den Eindruck auf ihn, als bräuchte er einen Zuhörer.
»Und was geschah, nachdem sie nach Äthiopien gegangen war?«, erkundigte er sich.
»Danach habe ich mich auf mein Studium gestürzt. Man könnte sagen, dass Becky mir das Herz gebrochen, gleichzeitig aber einen besseren Anwalt aus mir gemacht hat. Ich habe ihr so viel zu verdanken …«
Ein Lächeln huschte über Dannys Gesicht.
»Haben Sie je versucht, sie ausfindig zu machen?«
Bernd lachte auf.
»Wo denken Sie hin? Ich bin ein ganzer Kerl. Ich laufe doch einer Frau nicht nach, die mir den Laufpass gegeben hat.« Das Funkeln in seinen Augen verriet, dass er sich selbst auf den Arm nahm. Bevor Dr. Norden Junior darauf etwas erwidern konnte, wurde Bernd wieder ernst. »Vielleicht hätte ich über meinen Schatten springen und sie zurückhalten sollen. Vielleicht wären wir zusammen geblieben und unsere Tochter wäre in ihrer Familie groß geworden«, kam er zurück auf das Thema, das ihn unablässig beschäftigte.
Obwohl er Anwalt mit Leib und Seele war, fiel es ihm seither sogar schwer, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren.
Danny beugte sich vor.
»Sie wussten nichts von der Schwangerschaft?«
»Ich hatte keine Ahnung«, seufzte Bernd. »Becky hat das alles mit sich allein ausgemacht. Ausgerechnet sie, die doch ihr letztes Hemd für andere hergibt.« Er schüttelte den Kopf. »Nicht auszudenken, wie sehr sie gelitten haben muss in all den Jahren.«
Danny Norden konnte nicht anders, als diesen Mann aus tiefstem Herzen zu bewundern. Statt der Frau, die ihm sein Kind genommen hatte, zu grollen, versuchte er, sich in sie hineinzuversetzen, mit ihr zu fühlen.
»Dann sind Sie ihr nicht böse?«
»Im ersten Moment hätte ich sie am liebsten erwürgt«, gestand Bernd offenherzig. Es fiel ihm nicht schwer, dem sympathischen Arzt zu vertrauen. »Zum Glück hatte ich einen Gerichtstermin. Dort konnte ich mich abreagieren.« Dieser Gedanke ließ ihn schmunzeln. »Der Kollege von der Gegenseite hat sich ziemlich gewundert. So offensiv hat er mich nie zuvor erlebt.«
Auch Danny lachte.
»Und? Haben Sie den Prozess gewonnen?«
»Natürlich.« Bernd streckte den Daumen der rechten Hand hoch. »Das hab ich als gute Omen genommen und ich bin zurück in die Klinik gefahren. Becky und ich haben geredet.« Seine Miene wurde versonnen. »Die ganze Nacht hindurch. Sie hat mir alles noch einmal erzählt. Von ihrer Kindheit mit der klammernden Mutter, ihrem Wunsch, unserem Kind dieses Schicksal zu ersparen, von ihrer Überforderung.« Er hielt inne und sah Danny nachdenklich an. »Wenn ich so drüber nachdenke, haben Sie mit der Krankheit wahrscheinlich sogar recht. Wahrscheinlich hat Becky instinktiv gespürt, dass sie nicht die Kraft dazu hat, ein Kind großzuziehen. Und ich war blind dafür. Ach«, er winkte ab, »es ist wirklich viel zusammen gekommen.«
»Und wie soll es jetzt weitergehen?«
»Das ist einer der Gründe, warum ich hier bin«, gestand Bernd Schaller. »Becky hat sich damals für eine geschlossene Adoption entschieden. Die wenigen Informationen, die sie über das Ehepaar hatte, sind verloren gegangen. Nachdem sich Becky damals Ihrem Vater anvertraut hat, hatte ich die Hoffnung, dass er vielleicht mehr wüsste.«
Dannys Herz wurde schwer.
»Mein Vater befindet sich derzeit im Urlaub«, teilte er dem Anwalt mit. »Aber natürlich habe ich schon mit ihm telefoniert. Auch zu ihm hatte Frau Salomon den Kontakt abgebrochen. Er wusste noch nicht einmal, dass sie sich dazu entschieden hatte, das Kind auszutragen«, erinnerte er sich an das Gespräch mit seinem Vater. »Wenn es sich wie bei Elisa um eine geschlossene Adoption handelt, stehen die Chancen mehr als schlecht«, musste er zu seinem Leidwesen gestehen.
Bernd presste sie Lippen aufeinander. Als Anwalt hatte er sich natürlich kundig gemacht. Seine letzte Hoffnung hatte auf Daniel Norden senior geruht. In diesem Moment musste er aber erkennen, dass seine Hoffnung vergeblich war.
»Dann können wir nur hoffen, dass Elisa sich selbst eines Tages auf die Suche nach uns macht.«
Seine Stimmung war auf einen neuen Tiefpunkt gefallen.
»Bis es so weit ist, kümmern wir uns um die Gesundheit der Frau, die Sie lieben«, erklärte Danny, um wenigstens einen Funken Optimismus zu verbreiten. Dabei war ihm bewusst, wie gewagt diese Aussage war. Denn obwohl sich die Kollegen in der Klinik redlich bemühten, tappten sie in Bezug auf Rebecca Salomons Erkrankung immer noch im Dunkeln. »Sie lieben Becky doch, oder?«, fragte er, während er seinen Besucher zur Tür brachte.
Neben vielem anderen hatte Bernd auch über diese Frage lange nachgedacht. Sie ließ sich nicht so einfach beantworten.
»Es ist eigenartig, wenn man nach so vielen Jahren seiner Vergangenheit gegenübersteht«, erwiderte er langsam. »Ich hatte nicht gedacht, dass Becky und ich uns noch einmal wiedersehen. Sie hat sich sehr verändert.«
»Inwiefern?«, erkundigte sich Danny.
Bernd wiegte den Kopf.
»Natürlich sieht man ihr die Qualen an, die die Krankheit und die Arbeit im Waisenhaus mit sich gebracht haben. Becky ist weicher geworden ist, ich möchte fast sagen weiblicher. Sie ist zugänglicher und gleichzeitig verletzlicher.«
»Auch das macht einen Menschen schön«, wusste Danny aus eigener Erfahrung.
»Sie haben recht. Aber ich finde Becky nicht nur schön. Sie bedeutet mir tatsächlich noch sehr viel. Und mit jedem Treffen ein bisschen mehr.« Die beiden Männer standen an der Tür. Bernd sah Danny nachdenklich an. »Aber natürlich ist die Zeit nicht spurlos an uns vorüber gegangen. Auch ich habe mich verändert. Nur die Zeit kann zeigen, ob es eine neue Chance für uns geben kann.« Mehr konnte er im Augenblick nicht dazu sagen, und Danny wollte nicht weiter in ihn dringen.
»Dann harren wir mal der Dinge, die da kommen mögen«, erwiderte er und verabschiedete sich von dem Anwalt mit dem Versprechen, sich demnächst an Rebeccas Krankenbett wiederzusehen.
*
»Und? Wie gefällt es dir in unseren heiligen Hallen?«, begrüßte Dr. Lars Forberg den Kollegen Norden, der sich nach dem gemeinsamen Frühstück