Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

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Porträt aus, was Sie noch auf der Galerie sehen können. Ihre Gegenwart belebte den in düstre Langeweile versunkenen Hof, sie überstrahlte alles, selbst die Fürstin und ihre Schwester nicht ausgenommen. Franceskos Betragen änderte sich bald nach der Ankunft der Italienerin auf eine ganz auffallende Weise; es war, als zehre ein geheimer Gram an seiner Lebensblüte, er wurde mürrisch, verschlossen, er vernachlässigte seine fürstliche Geliebte. Der Prinz war ebenso tiefsinnig geworden, er fühlte sich von Regungen ergriffen, denen er nicht zu widerstehen vermochte. Der Fürstin stieß die Ankunft der Italienerin einen Dolch ins Herz. Für die zur Schwärmerei geneigte Prinzessin war nun mit Franceskos Liebe alles Lebensglück entflohen, und so waren die vier Glücklichen, Beneidenswerten in Gram und Betrübnis versenkt. Der Prinz erholte sich zuerst, indem er bei der strengen Tugend seiner Schwägerin den Lockungen des schönen, verführerischen Weibes nicht widerstehen konnte. Jenes kindliche, recht aus dem tiefsten Innern entsprossene Verhältnis mit der Fürstin ging unter in der namenlosen Lust, die ihm die Italienerin verhieß, und so kam es denn, daß er bald aufs neue in den alten Fesseln lag, denen er seit nicht lange her sich entwunden. – Je mehr der Prinz dieser Liebe nachhing, desto auffallender wurde Franceskos Betragen, den man jetzt beinahe gar nicht mehr am Hofe sah, sondern der einsam umherschwärmte und oft wochenlang von der Residenz abwesend war. Dagegen ließ sich der wunderliche menschenscheue Maler mehr sehen als sonst und arbeitete vorzüglich gern in dem Atelier, das ihm die Italienerin in ihrem Hause einrichten lassen. Er malte sie mehrmals mit einem Ausdruck ohnegleichen; der Fürstin schien er abhold, er wollte sie durchaus nicht malen, dagegen vollendete er das Porträt der Prinzessin, ohne daß sie ihm ein einziges Mal gesessen, auf das ähnlichste und herrlichste. Die Italienerin bewies diesem Maler so viel Aufmerksamkeit, und er dagegen begegnete ihr mit solcher vertraulicher Galanterie, daß der Prinz eifersüchtig wurde und dem Maler, als er ihn einmal im Atelier arbeitend antraf und er, fest den Blick auf den Kopf der Italienerin, den er wieder hingezaubert, gerichtet, sein Eintreten gar nicht zu bemerken schien, – rund heraussagte, er möge ihm den Gefallen tun und hier nicht mehr arbeiten, sondern sich ein anderes Atelier suchen. Der Maler schnickte gelassen den Pinsel aus und nahm schweigend das Bild von der Staffelei. Im höchsten Unmute riß es der Prinz ihm aus der Hand mit der Äußerung, es sei so herrlich getroffen, daß er es besitzen müsse. Der Maler, immer ruhig und gelassen bleibend, bat, nur zu erlauben, daß er das Bild mit ein paar Zügen vollende. Der Prinz stellte das Bild wieder auf die Staffelei, nach ein paar Minuten gab der Maler es ihm zurück und lachte hell auf, als der Prinz über das gräßlich verzerrte Gesicht erschrak, zu dem das Porträt geworden. Nun ging der Maler langsam aus dem Saal, aber nah an der Türe kehrte er um, sah den Prinzen an mit ernstem, durchdringendem Blick und sprach dumpf und feierlich: >Nun bist du verloren!<

      Dies geschah, als die Italienerin schon für des Prinzen Braut erklärt war und in wenigen Tagen die feierliche Vermählung vor sich gehen sollte. Des Malers Betragen achtete der Prinz um so weniger, als er in dem allgemeinen Ruf stand, zuweilen von einiger Tollheit heimgesucht zu werden. Er saß, wie man erzählte, nun wieder in seinem kleinen Zimmer und starrte tagelang eine große aufgespannte Leinwand an, indem er versicherte, wie er eben jetzt an ganz herrlichen Gemälden arbeite; so vergaß er den Hof und wurde von diesem wieder vergessen.

      Die Vermählung des Prinzen mit der Italienerin ging in dem Palast des Fürsten auf das feierlichste vor sich; die Fürstin hatte sich m ihr Geschick gefügt und einer zwecklosen, nie zu befriedigenden Neigung entsagt; die Prinzessin war wie verklärt, denn ihr geliebter Francesko war wieder erschienen, blühender, lebensfroher als je. Der Prinz sollte mit seiner Gemahlin den Flügel des Schlosses beziehen, den der Fürst erst zu dem Behuf einrichten lassen. Bei diesem Bau war er recht in seinem Wirkungskreise, man sah ihn nicht anders als von Architekten, Malern, Tapezierern umgeben, in großen Büchern blätternd und Plane, Risse, Skizzen vor sich ausbreitend, die er zum Teil selbst gemacht und die mitunter schlecht genug geraten waren. Weder der Prinz noch seine Braut durften früher etwas von der inneren Einrichtung sehen bis am späten Abend des Vermählungstages, an dem sie von dem Fürsten in einem langen feierlichen Zuge durch die in der Tat mit geschmackvoller Pracht dekorierten Zimmer geleitet wurden und ein Ball in einem herrlichen Saal, der einem blühenden Garten glich, das Fest beschloß. In der Nacht entstand in dem Flügel des Prinzen ein dumpfer Lärm, aber lauter und lauter wurde das Getöse, bis es den Fürsten selbst aufweckte. Unglückahnend sprang er auf, eilte, von der Wache begleitet, nach dem entfernten Flügel und trat in den breiten Korridor, als eben der Prinz gebracht wurde, den man vor der Türe des Brautgemachs durch einen Messerstich in den Hals ermordet gefunden. Man kann sich das Entsetzen des Fürsten, der Prinzessin Verzweiflung, die tiefe, herzzerreißende Trauer der Fürstin denken. – Als der Fürst ruhiger worden, fing er an, der Möglichkeit, wie der Mord geschehen, wie der Mörder durch die überall mit Wachen besetzten Korridore habe entfliehen können, nachzuspähen; alle Schlupfwinkel wurden durchsucht, aber vergebens. Der Page, der den Prinzen bedient, erzählte, wie er seinen Herrn, der, von banger Ahnung ergriffen, sehr unruhig gewesen und lange in seinem Kabinett auf und ab gegangen sei, endlich entkleidet und mit dem Armleuchter in der Hand bis an das Vorzimmer des Brautgemachs geleuchtet habe. Der Prinz hätte ihm den Leuchter aus der Hand genommen und ihn zurückgeschickt; kaum sei er aber aus dem Zimmer gewesen, als er einen dumpfen Schrei, einen Schlag und das Klirren des fallenden Armleuchters gehört. Gleich sei er zurückgerannt und habe bei dem Schein eines Lichts, das noch auf der Erde fortgebrannt, den Prinzen vor der Türe des Brautgemachs und neben ihm ein kleines, blutiges Messer liegen gesehen, nun aber gleich Lärm gemacht. – Nach der Erzählung der Gemahlin des unglücklichen Prinzen war er, gleich nachdem sie die Kammerfrauen entfernt, hastig ohne Licht in das Zimmer getreten, hatte alle Lichter schnell ausgelöscht, war wohl eine halbe Stunde bei ihr geblieben und hatte sich dann wieder entfernt; erst einige Minuten darauf geschah der Mord. – Als man sich in Vermutungen, wer der Mörder sein könne, erschöpfte, als es durchaus kein einziges Mittel mehr gab, dem Täter auf die Spur zu kommen, da trat eine Kammerfrau der Prinzessin auf, die in einem Nebenzimmer, dessen Türe geöffnet war, jenen verfänglichen Auftritt des Prinzen mit dem Maler bemerkt hatte; den erzählte sie nun mit allen Umständen. Niemand zweifelte, daß der Maler sich auf unbegreifliche Weise in den Palast zu schleichen gewußt und den Prinzen ermordet habe. Der Maler sollte im Augenblick verhaftet werden, schon seit zwei Tagen war er aber aus dem Hause verschwunden, niemand wußte wohin, und alle Nachforschungen blieben vergebens. Der Hof war in die tiefste Trauer versenkt, die die ganze Residenz mit ihm teilte, und es war nur Francesko, der, wieder unausgesetzt bei Hofe erscheinend, in dem kleinen Familienzirkel manchen Sonnenblick aus den trüben Wolken hervorzuzaubern wußte. Die Prinzessin fühlte sich schwanger, und da es klar zu sein schien, daß der Mörder des Gemahls die ähnliche Gestalt zum verruchten Betrüge gemißbraucht, begab sie sich auf ein entferntes Schloß des Fürsten, damit die Niederkunft verschwiegen bliebe, und so die Frucht eines höllischen Frevels wenigstens nicht vor der Welt, der der Leichtsinn der Diener die Ereignisse der Brautnacht verraten, den unglücklichen Gemahl schände. Franceskos Verhältnis mit der Schwester der Fürstin wurde in dieser Trauerzeit immer fester und inniger, und ebensosehr verstärkte sich die Freundschaft des fürstlichen Paars für ihn. Der Fürst war längst in Franceskos Geheimnis eingeweiht, er konnte bald nicht länger dem Andringen der Fürstin und der Prinzessin widerstehen und willigte in Franceskos heimliche Vermählung mit der Prinzessin. Francesko sollte sich im Dienst eines fremden Hofes zu einem hohen militärischen Grad aufschwingen und dann die öffentliche Kundmachung seiner Ehe mit der Prinzessin erfolgen. An jenem Hofe war das damals, bei den Verbindungen des Fürsten mit ihm, möglich. Der Tag der Verbindung erschien, der Fürst mit seiner Gemahlin sowie zwei vertraute Männer des Hofes (mein Vorgänger war einer von ihnen), waren die einzigen, die der Trauung in der kleinen Kapelle im fürstlichen Palast beiwohnen sollten. Ein einziger Page, in das Geheimnis eingeweiht, bewachte die Türe.

      Das Paar stand vor dem Altar, der Beichtiger des Fürsten, ein alter ehrwürdiger Priester, begann das Formular, nachdem er ein stilles Amt gehalten. – Da erblaßte Francesko, und mit stieren, auf den Eckpfeiler beim Hochaltar gerichteten Augen rief er mit dumpfer Stimme: >Was willst du von mir?< – An den Eckpfeiler gelehnt, stand der Maler, in fremder, seltsamer Tracht, den violetten Mantel um die Schulter geschlagen, und durchbohrte Francesko mit dem gespenstischen Blick seiner hohlen, schwarzen Augen. Die Prinzessin war der Ohnmacht nahe, alles erbebte, vom Entsetzen ergriffen,

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