Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann страница 165

Автор:
Серия:
Издательство:
Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

Скачать книгу

Hermogen ermordet? Wie ist es mit dem Grafen Viktorin?” … “Soviel wie ich weiß, fängt der eigentliche Kriminalprozeß wider den Mönch erst heute an. Was aber den Grafen Viktorin betrifft, so scheint es, als wenn nun einmal alles, was nur irgend mit jenen Ereignissen an unserm Hofe in Verbindung steht, dunkel und unbegreiflich bleiben müsse.”

      “Wie die Ereignisse auf dem Schlosse des Barons von F. aber mit jener Katastrophe an Ihrem Hofe sich verbinden sollen, sehe ich in der Tat nicht ein.”

      “Eigentlich meinte ich auch mehr die spielenden Personen als die Begebenheit.” “Ich verstehe Sie nicht.”

      “Erinnern Sie sich genau meiner Erzählung jener Katastrophe, die dem Prinzen den Tod brachte?” “Allerdings.”

      “Ist es Ihnen dabei nicht völlig klar worden, daß Francesko verbrecherisch die Italienerin liebte? daß er es war, der vor dem Prinzen in die Brautkammer schlich und den Prinzen niederstieß? – Viktorin ist die Frucht jener freveligen Untat. – Er und Medardus sind Söhne eines Vaters. Spurlos ist Viktorin verschwunden, alles Nachforschen blieb vergebens.” “Der Mönch schleuderte ihn hinab in den Teufelsgrund. Fluch dem wahnsinnigen Brudermörder!”

      Leise – leise ließ sich in dem Augenblick, als ich heftig diese Worte ausstieß, jenes Klopfen des gespenstischen Unholds aus dem Kerker hören. Vergebens suchte ich das Grausen zu bekämpfen, welches mich ergriff. Der Arzt schien so wenig das Klopfen als meinen Innern Kampf zu bemerken. Er fuhr fort: “Was? … Hat der Mönch Ihnen gestanden, daß auch Viktorin durch seine Hand fiel?”

      “Ja! … Wenigstens schließe ich aus seinen abgebrochenen Äußerungen, halte ich damit Viktorins Verschwinden zusammen, daß sich die Sache wirklich so verhält. Fluch dem wahnsinnigen Brudermörder!” – Stärker klopfte es und stöhnte und ächzte; ein feines Lachen, das durch die Stube pfiff, klang wie “Medardus … Medardus … hi … hi … hi hilf!” – Der Arzt, ohne das zu bemerken, fuhr fort:

      “Ein besonderes Geheimnis scheint noch auf Franceskos Herkunft zu ruhen. Er ist höchstwahrscheinlich dem fürstlichen Hause verwandt. So viel ist gewiß, daß Euphemie die Tochter …”

      Mit einem entsetzlichen Schlage, daß die Angeln zusammenkrachten, sprang die Tür auf, ein schneidendes Gelächter gellte herein. “Ho ho … ho … ho Brüderlein”, schrie ich wahnsinnig auf, “hoho … hieher … frisch, frisch, wenn du kämpfen willst mit mir … der Uhu macht Hochzeit; nun wollen wir auf das Dach steigen und ringen miteinander, und wer den ändern herabstößt, ist König und darf Blut trinken.” – Der Leibarzt faßte mich in die Arme und rief: “Was ist das? was ist das? Sie sind krank … in der Tat, gefährlich krank. Fort, fort, zu Bette.” – Aber ich starrte nach der offnen Türe, ob mein scheußlicher Doppeltgänger nicht hereintreten werde, doch ich erschaute nichts und erholte mich bald von dem wilden Entsetzen, das mich gepackt hatte mit eiskalten Krallen. Der Leibarzt bestand darauf, daß ich kränker sei, als ich selbst wohl glauben möge, und schob alles auf den Kerker und die Gemütsbewegung, die mir überhaupt der Prozeß verursacht haben müsse. Ich brauchte seine Mittel, aber mehr als seine Kunst trug zu meiner schnellen Genesung bei, daß das Klopfen sich nicht mehr hören ließ, der furchtbare Doppeltgänger mich daher ganz verlassen zu haben schien. Die Frühlingssonne warf eines Morgens ihre goldnen Strahlen hell und freundlich in mein Zimmer, süße Blumendüfte strömten durch das Fenster; hinaus ins Freie trieb mich ein unendlich Sehnen, und des Arztes Verbot nicht achtend, lief ich fort in den Park. – Da begrüßten Bäume und Büsche rauschend und flüsternd den von der Todeskrankheit Genesenen. Ich atmete auf, wie aus langem schwerem Traum erwacht, und tiefe Seufzer waren des Entzückens unaussprechbare Worte, die ich hineinhauchte in das Gejauchze der Vögel, in das fröhliche Sumsen und Schwirren bunter Insekten.

      Ja! – ein schwerer Traum dünkte mir nicht nur die letztvergangene Zeit, sondern mein ganzes Leben, seitdem ich das Kloster verlassen, als ich mich in einem von dunklen Platanen beschatteten Gange befand. – Ich war im Garten der Kapuziner zu B. Aus dem fernen Gebüsch ragte schon das hohe Kreuz hervor, an dem ich sonst oft mit tiefer Inbrunst flehte um Kraft, aller Versuchung zu widerstehen. – Das Kreuz schien mir nun das Ziel zu sein, wo ich hinwallen müsse, um, in den Staub niedergeworfen, zu bereuen und zu büßen den Frevel sündhafter Träume, die mir der Satan vorgegaukelt; und ich schritt fort mit gefalteten emporgehobenen Händen, den Blick nach dem Kreuz gerichtet. – Stärker und stärker zog der Luftstrom – ich glaubte die Hymnen der Brüder zu vernehmen, aber es waren nur des Waldes wunderbare Klänge, die der Wind, durch die Bäume sausend, geweckt hatte und der meinen Atem fortriß, so daß ich bald erschöpft stillstehen, ja mich an einen nahen Baum festhalten mußte, um nicht niederzusinken. Doch hin zog es mich mit unwiderstehlicher Gewalt nach dem fernen Kreuz; ich nahm alle meine Kraft zusammen und wankte weiter fort, aber nur bis an den Moossitz dicht vor dem Gebüsch konnte ich gelangen; alle Glieder lahmte plötzlich tödliche Ermattung; wie ein schwacher Greis ließ ich langsam mich nieder, und in dumpfem Stöhnen suchte ich die gepreßte Brust zu erleichtern. – Es rauschte im Gange dicht neben mir … Aurelie! Sowie der Gedanke mich durchblitzte, stand sie vor mir! – Tränen inbrünstiger Wehmut quollen aus den Himmelsaugen, aber durch die Tränen funkelte ein zündender Strahl; es war der unbeschreibliche Ausdruck der glühendsten Sehnsucht, der Aurelien fremd schien. Aber so flammte der Liebesblick jenes geheimnisvollen Wesens am Beichtstuhl, das ich oft in süßen Träumen sah. “Können Sie mir jemals verzeihen!” lispelte Aurelie. Da stürzte ich, wahnsinnig vor namenlosem Entzücken, vor ihr hin, ich ergriff ihre Hände! – “Aurelie … Aurelie … für dich Marter! … Tod!” Ich fühlte mich sanft emporgehoben – Aurelie sank an meine Brust, ich schwelgte in glühenden Küssen. Aufgeschreckt durch ein nahes Geräusch, wand sie sich endlich los aus meinen Armen, ich durfte sie nicht zurückhalten. “Erfüllt ist all mein Sehnen und Hoffen”, sprach sie leise, und in dem Augenblick sah ich die Fürstin den Gang heraufkommen. Ich trat hinein in das Gebüsch und wurde nun gewahr, daß ich wunderlicherweise einen dürren grauen Stamm für ein Kruzifix gehalten.

      Ich fühlte keine Ermattung mehr, Aureliens Küsse durchglühten mich mit neuer Lebenskraft; es war mir, als sei jetzt hell und herrlich das Geheimnis meines Seins aufgegangen. Ach, es war das wunderbare Geheimnis der Liebe, das sich nun erst in rein strahlender Glorie mir erschlossen. Ich stand auf dem höchsten Punkt des Lebens; abwärts mußte es sich wenden, damit ein Geschick erfüllt werde, das die höhere Macht beschlossen. – Diese Zeit war es, die mich wie ein Traum aus dem Himmel umfing, als ich das aufzuzeichnen begann, was sich nach Aureliens Wiedersehen mit mir begab. Dich Fremden, Unbekannten! der du einst diese Blätter lesen wirst, bat ich, du solltest jene höchste Sonnenzeit deines eigenen Lebens zurückrufen, dann würdest du den trostlosen Jammer des in Reue und Buße ergrauten Mönchs verstehen und einstimmen in seine Klagen. Noch einmal bitte ich dich jetzt, laß jene Zeit im Innern dir aufgehen, und nicht darf ich dann dir’s sagen, wie Aureliens Liebe mich und alles um mich her verklärte, wie reger und lebendiger mein Geist das Leben im Leben erschaute und ergriff, wie mich, den göttlich Begeisterten, die Freudigkeit des Himmels erfüllte. Kein finstrer Gedanke ging durch meine Seele, Aureliens Liebe hatte mich entsündigt, ja! auf wunderbare Weise keimte in mir die feste Oberzeugung auf, daß nicht ich jener ruchlose Frevler auf dem Schlosse des Barons von F. war, der Euphemien – Hermogen erschlug, sondern daß der wahnsinnige Mönch, den ich im Försterhause traf, die Tat begangen. Alles, was ich dem Leibarzt gestand, schien mir nicht Lüge, sondern der wahre geheimnisvolle Hergang der Sache zu sein, der mir selbst unbegreiflich blieb. – Der Fürst hatte mich empfangen wie einen Freund, den man verloren glaubt und wiederfindet; dies gab natürlicherweise den Ton an, in den alle einstimmen mußten, nur die Fürstin, war sie auch milder als sonst, blieb ernst und zurückhaltend.

      Aurelie gab sich mir mit kindlicher Unbefangenheit ganz hin, ihre Liebe war ihr keine Schuld, die sie der Welt verbergen mußte, und ebensowenig vermochte ich auch nur im mindesten das Gefühl zu verhehlen, in dem allein ich nur lebte. Jeder bemerkte mein Verhältnis mit Aurelien, niemand sprach darüber, weil man in des Fürsten Blicken las, daß er unsre Liebe, wo nicht begünstigen,

Скачать книгу