Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

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ich schloß sie in meine Arme und glaubte in dem Augenblick daran, daß sie mein Weib werden könne. Aurelie war weicher, hingebender als sonst. Ihr Auge hing voll Tränen, und der Ton, indem sie sprach, war wehmütige Bitte, so wie wenn im Gemüt des schmollenden Kindes sich der Zorn bricht, in dem es gesündigt. – Ich durfte an meinen Besuch im Lustschloß der Fürstin denken, lebhaft drang ich darauf, alles zu erfahren; ich beschwor Aurelien, mir zu vertrauen, was sie damals so erschrecken konnte. – Sie schwieg, sie schlug die Augen nieder, aber sowie mich selbst der Gedanke meines gräßlichen Doppeltgängers stärker erfaßte, schrie ich auf: “Aurelie! um aller Heiligen willen, welche schreckliche Gestalt erblicktest du hinter uns!” Sie sah mich voll Verwunderung an, immer starrer und starrer wurde ihr Blick, dann sprang sie plötzlich auf, als wolle sie fliehen, doch blieb sie und schluchzte, beide Hände vor die Augen gedrückt: “Nein, nein, nein – er ist es ja nicht!” – Ich erfaßte sie sanft, erschöpft ließ sie sich nieder. “Wer, wer ist es nicht?” – frug ich heftig, wohl alles ahnend, was in ihrem Innern sich entfalten mochte. – “Ach, mein Freund, mein Geliebter”, sprach sie leise und wehmütig, “würdest du mich nicht für eine wahnsinnige Schwärmerin halten, wenn ich alles … alles … dir sagen sollte, was mich immer wieder so verstört im vollen Glück der reinsten Liebe? – Ein grauenvoller Traum geht durch mein Leben, er stellte sich mit seinen entsetzlichen Bildern zwischen uns, als ich dich zum ersten Male sah; wie mit kalten Todesschwingen wehte er mich an, als du so plötzlich eintratst in mein Zimmer auf dem Lustschloß der Fürstin. Wisse, so wie du damals, kniete einst neben mir ein verruchter Mönch und wollte heiliges Gebet mißbrauchen zum gräßlichen Frevel. Er wurde, als er, wie ein wildes Tier listig auf seine Beute lauernd, mich umschlich, der Mörder meines Bruders! Ach und du! … deine Züge! .. deine Sprache … jenes Bild! … laß mich schweigen, o laß mich schweigen.” Aurelie bog sich zurück; in halb liegender Stellung lehnte sie, den Kopf auf die Hand gestützt, in die Ecke des Sofas, üppiger traten die schwellenden Umrisse des jugendlichen Körpers hervor. Ich stand vor ihr, das lüsterne Auge schwelgte in dem unendlichen Liebreiz, aber mit der Lust kämpfte der teuflische Hohn, der in mir rief: “Du Unglückselige, du dem Satan Erkaufte, bist du ihm denn entflohen, dem Mönch, der dich im Gebet zur Sünde verlockte? Nun bist du seine Braut … seine Braut!” – In dem Augenblick war jene Liebe zu Aurelien, die ein Himmelsstrahl zu entzünden schien, als, dem Gefängnis, dem Tode entronnen, ich sie im Park wiedersah, aus meinem Innern verschwunden, und der Gedanke, daß ihr Verderben meines Lebens glänzendster Lichtpunkt sein könne, erfüllte mich ganz und gar. – Man rief Aurelien zur Fürstin. Klar wurde es mir, daß Aureliens Leben gewisse mir noch unbekannte Beziehungen auf mich selbst haben müsse; und doch fand ich keinen Weg, dies zu erfahren, da Aurelie, alles Bittens unerachtet, jene einzelne hingeworfene Äußerungen nicht näher deuten wollte. Der Zufall enthüllte mir das, was sie zu verschweigen gedachte. – Eines Tages befand ich mich im Zimmer des Hofbeamten, dem es oblag, alle Privatbriefe des Fürsten und der dem Hofe Angehörigen zur Post zu befördern. Er war eben abwesend, als Aureliens Mädchen mit einem starken Briefe hineintrat und ihn auf den Tisch zu den übrigen, die schon dort befindlich, legte. Ein flüchtiger Blick überzeugte mich, daß die Aufschrift an die Äbtissin, der Fürstin Schwester, von Aureliens Hand war. Die Ahnung, alles noch nicht Erforschte sei darin enthalten, durchflog mich mit Blitzesschnelle; noch ehe der Beamte zurückgekehrt, war ich fort mit dem Briefe Aureliens. Du Mönch oder im weltlichen Treiben Befangener, der du aus meinem Leben Lehre und Warnung zu schöpfen trachtest, lies die Blätter, die ich hier einschalte, lies die Geständnisse des frommen, reinen Mädchens, von den bittern Tränen des reuigen, hoffnungslosen Sünders benetzt. Möge das fromme Gemüt dir aufgehen wie leuchtender Trost in der Zeit der Sünde und des Frevels.

      Aurelie an die Äbtissin des Zisterzienser-Nonnenklosters zu …

      Meine teure gute Mutter! mit welchen Worten soll ich Dir’s denn verkünden, daß Dein Kind glücklich ist, daß endlich die grause Gestalt, die, wie ein schrecklich drohendes Gespenst, alle Blüten abstreifend, alle Hoffnungen zerstörend, in mein Leben trat, gebannt wurde durch der Liebe göttlichen Zauber. Aber nun fällt es mir recht schwer aufs Herz, daß, wenn du meines unglücklichen Bruders, meines Vaters, den der Gram tötete, gedachtest und mich aufrichtetest in meinem trostlosen Jammer – daß ich dann dir nicht wie in heiliger Beichte mein Innres ganz aufschloß. Doch ich vermag ja auch nun erst das düstre Geheimnis auszusprechen, das tief in meiner Brust verborgen lag. Es ist, als wenn eine böse, unheimliche Macht mir mein höchstes Lebensglück recht trügerisch wie ein grausiges Schreckbild vorgaukelte. Ich sollte wie auf einem wogenden Meer hin und her schwanken und vielleicht rettungslos untergehen. Doch der Himmel half, wie durch ein Wunder, in dem Augenblick, als ich im Begriff stand, unnennbar elend zu werden. – Ich muß zurückgehen in meine frühe Kinderzeit, um alles, alles zu sagen, denn schon damals wurde der Keim in mein Innres gelegt, der so lange Zeit hindurch verderblich fortwucherte. Erst drei oder vier Jahre war ich alt, als ich einst in der schönsten Frühlingszeit im Garten unseres Schlosses mit Hermogen spielte. Wir pflückten allerlei Blumen, und Hermogen, sonst eben nicht dazu aufgelegt, ließ es sich gefallen, mir Kränze zu flechten, in die ich mich putzte. “Nun wollen wir zur Mutter gehen”, sprach ich, als ich mich über und über mit Blumen behängt hatte; da sprang aber Hermogen hastig auf und rief mit wilder Stimme: “Laß uns nur hier bleiben, klein Ding! die Mutter ist im blauen Kabinett und spricht mit dem Teufel!” – Ich wußte gar nicht, was er damit sagen wollte, aber dennoch erstarrte ich vor Schreck und fing endlich an, jämmerlich zu weinen. “Dumme Schwester, was heulst du”, rief Hermogen, “Mutter spricht alle Tage mit dem Teufel, er tut ihr nichts!” Ich fürchtete mich vor Hermogen, weil er so finster vor sich hinblickte, so rauh sprach, und schwieg stille. Die Mutter war damals schon sehr kränklich, sie wurde oft von fürchterlichen Krämpfen ergriffen, die in einen todähnlichen Zustand übergingen. Wir, ich und Hermogen, wurden dann fortgebracht. Ich hörte nicht auf zu klagen, aber Hermogen sprach dumpf in sich hinein: “Der Teufel hat’s ihr angetan!” So wurde in meinem kindischen Gemüt der Gedanke erweckt, die Mutter habe Gemeinschaft mit einem bösen, häßlichen Gespenst, denn anders dachte ich mir nicht den Teufel, da ich mit den Lehren der Kirche noch unbekannt war. Eines Tages hatte man mich allein gelassen, mir wurde ganz unheimlich zumute, und vor Schreck vermochte ich nicht zu fliehen, als ich wahrnahm, daß ich eben in dem blauen Kabinett mich befand, wo nach Hermogens Behauptung die Mutter mit dem Teufel sprechen sollte. Die Türe ging auf, die Mutter trat leichenblaß herein und vor eine leere Wand hin. Sie rief mit dumpfer, tief klagender Stimme: “Francesko, Francesko!” Da rauschte und regte es sich hinter der Wand, sie schob sich auseinander, und das lebensgroße Bild eines schönen, in einem violetten Mantel wunderbar gekleideten Mannes wurde sichtbar. Die Gestalt, das Gesicht dieses Mannes machte einen unbeschreiblichen Eindruck auf mich, ich jauchzte auf vor Freude; die Mutter, umblickend, wurde nun erst mich gewahr und rief heftig: “Was willst du hier, Aurelie? – wer hat dich hieher gebracht?” – Die Mutter, sonst so sanft und gütig, war erzürnter, als ich sie je gesehen. Ich glaubte daran schuld zu sein. “Ach”, stammelte ich unter vielen Tränen, “sie haben mich hier allein gelassen, ich wollte ja nicht hier bleiben.” Aber als ich wahrnahm, daß das Bild verschwunden, da rief ich: “Ach das schöne Bild, wo ist das schöne Bild!” – Die Mutter hob mich in die Höhe, küßte und herzte mich und sprach: “Du bist mein gutes, liebes Kind, aber das Bild darf niemand sehen, auch ist es nun auf immer fort!” Niemand vertraute ich, was mir widerfahren, nur zu Hermogen sprach ich einmal: “Höre! die Mutter spricht nicht mit dem Teufel, sondern mit einem schönen Mann, aber der ist nur ein Bild und springt aus der Wand, wenn Mutter ihn ruft.” Da sah Hermogen starr vor sich hin und murmelte: “Der Teufel kann aussehen, wie er will, sagt der Herr Pater, aber der Mutter tut er doch nichts.” – Mich überfiel ein Grauen, und ich bat Hermogen flehentlich, doch ja nicht wieder von dem Teufel zu sprechen. Wir gingen nach der Hauptstadt, das Bild verlor sich aus meinem Gedächtnis und wurde selbst dann nicht wieder lebendig, als wir nach dem Tode der guten Mutter auf das Land zurückgekehrt waren. Der Flügel des Schlosses, in welchem jenes blaue Kabinett gelegen, blieb unbewohnt; es waren die Zimmer meiner Mutter, die der Vater nicht betreten konnte, ohne die schmerzlichsten Erinnerungen in sich aufzuregen. Eine Reparatur des Gebäudes machte es endlich nötig, die Zimmer zu öffnen; ich trat in das blaue Kabinett, als die Arbeiter eben beschäftiget waren, den Fußboden aufzureißen. Sowie einer von ihnen eine Tafel in der

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