Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

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zu der ich oft flehte und deren Bildnis ich ja auch im Traum anrief, hat mir wohl alles so erscheinen lassen, damit ich errettet werden möge aus den Schlingen, die mir der arglistige Böse gelegt. Verschwunden war aus meinem Innern die wahnsinnige Liebe zu dem Trugbilde im Mönchsgewand. Ich erholte mich ganz und trat nun erst heiter und unbefangen in das Leben ein. –Aber, gerechter Gott, noch einmal sollte mich jener verhaßte Mönch auf entsetzliche Weise bis zum Tode treffen. Für eben jenen Medardus, dem ich im Traum gebeichtet, erkannte ich augenblicklich den Mönch, der sich auf unserm Schlosse eingefunden. “Das ist der Teufel, mit dem die Mutter gesprochen, hüte dich, hüte dich! – er stellt dir nach!” so rief der unglückliche Hermogen immer in mich hinein. Ach, es hätte dieser Warnung nicht bedurft. Von dem ersten Moment an, als mich der Mönch mit vor freveliger Begier funkelnden Augen anblickte und dann in geheuchelter Verzückung die heilige Rosalia anrief, war er mir unheimlich und entsetzlich. Du weißt alles Fürchterliche, was sich darauf begab, meine gute liebe Mutter. Ach aber, muß ich es nicht Dir auch gestehen, daß der Mönch mir desto gefährlicher war, als sich tief in meinem Innersten ein Gefühl regte dem gleich, als zuerst der Gedanke der Sünde in mir entstand und als ich ankämpfen mußte gegen die Verlockung des Bösen? Es gab Augenblicke, in denen ich Verblendete den heuchlerischen frommen Reden des Mönchs traute, ja in denen es mir war, als strahle aus seinem Innern der Funke des Himmels, der mich zur reinen überirdischen Liebe entzünden könne. Aber dann wußte er mit verruchter List, selbst in begeisterter Andacht, eine Glut anzufachen, die aus der Hölle kam. Wie den mich bewachenden Schutzengel sandten mir dann die Heiligen, zu denen ich inbrünstig flehte, den Bruder. – Denke Dir, liebe Mutter, mein Entsetzen, als hier, bald nachdem ich zum erstenmal bei Hofe erschienen, ein Mann auf mich zutrat, den ich auf den ersten Blick für den Mönch Medardus zu erkennen glaubte, unerachtet er weltlich gekleidet ging. Ich wurde ohnmächtig, als ich ihn sah. In den Armen der Fürstin erwacht, rief ich laut: “Er ist es, er ist es, der Mörder meines Bruders.” – “Ja, er ist es”, sprach die Fürstin, “der verkappte Mönch Medardus, der dem. Kloster entsprang; die auffallende Ähnlichkeit mit seinem Vater Francesko…” Hilf, heiliger Himmel, indem ich diesen Namen schreibe, rinnen eiskalte Schauer mir durch alle Glieder. Jenes Bild meiner Mutter war Francesko .. das trügerische Mönchsgebilde, das mich quälte, hatte ganz seine Züge! – Medardus, ihn erkannte ich als jenes Gebilde in dem wunderbaren Traum der Beichte. Medardus ist Franceskos Sohn, Franz, den Du, meine gute Mutter, so fromm erziehen ließest und der in Sünde und Frevel geriet. Welche Verbindung hatte meine Mutter mit jenem Francesko, daß sie sein Bild heimlich aufbewahrte und bei seinem Anblick sich dem Andenken einer seligen Zeit zu überlassen schien? – Wie kam es, daß in diesem Bilde Hermogen den Teufel sah und daß es den Grund legte zu meiner sonderbaren Verirrung? Ich versinke in Ahnungen und Zweifel. – Heiliger Gott, bin ich denn entronnen der bösen Macht, die mich umstrickt hielt? – Nein, ich kann nicht weiterschreiben, mir ist, als würd’ ich von dunkler Nacht befangen und kein Hoffnungsstern leuchte, mir freundlich den Weg zeigend, den ich wandeln soll!

      (Einige Tage später.)

      Nein! Keine finstere Zweifel sollen mir die hellen Sonnentage verdüstern, die mir aufgegangen sind. Der ehrwürdige Pater Cyrillus hat Dir, meine teure Mutter, wie ich weiß, schon ausführlich berichtet, welch eine schlimme Wendung der Prozeß Leonards nahm, den meine Übereilung den bösen Kriminalgerichten in die Hände gab. Daß der wirkliche Medardus eingefangen wurde, daß sein vielleicht verstellter Wahnsinn bald ganz nachließ, daß er seine Freveltaten eingestand, daß er seine gerechte Strafe erwartet und .. doch nicht weiter, denn nur zu sehr würde das schmachvolle Schicksal des Verbrechers, der als Knabe Dir so teuer war, Dein Herz verwunden. – Der merkwürdige Prozeß war das einzige Gespräch bei Hofe. Man hielt Leonard für einen verschmitzten, hartnäckigen Verbrecher, weil er alles leugnete. – Gott im Himmel! – Dolchstiche waren mir manche Reden, denn auf wunderbare Weise sprach eine Stimme in mir: “Er ist unschuldig, und das wird klar werden wie der Tag.” – Ich empfand das tiefste Mitleid mit ihm, gestehen mußte ich es mir selbst, daß mir sein Bild, rief ich es mir wieder zurück, Regungen erweckte, die ich nicht mißdeuten konnte. Ja! – ich liebte ihn schon unaussprechlich, als er der Welt noch ein freveliger Verbrecher schien. Ein Wunder mußte ihn und mich retten, denn ich starb, sowie Leonard durch die Hand des Henkers fiel. Er ist schuldlos, er liebt mich, und bald ist er ganz mein. So geht eine dunkle Ahnung aus frühen Kindesjahren, die mir eine feindliche Macht arglistig zu vertrüben suchte, herrlich, herrlich auf in regen wonnigem Leben. O gib mir, gib dem Geliebten Deinen Segen, Du fromme Mutter! –Ach könnte Dein glückliches Kind nur ihre volle Himmelslust recht ausweinen an Deinem Herzen! – Leonard gleicht ganz jenem Francesko, nur scheint er größer, auch unterscheidet ihn ein gewisser charakteristischer Zug, der seiner Nation eigen (Du weißt, daß er ein Pole ist), von Francesko und dem Mönch Medardus sehr merklich. Albern war es wohl überhaupt, den geistreichen, gewandten, herrlichen Leonard auch nur einen Augenblick für einen entlaufenen Mönch anzusehen. Aber so stark ist noch der fürchterliche Eindruck jener gräßlichen Szenen auf unserm Schlosse, daß oft, tritt Leonard unvermutet zu mir herein und blickt mich an mit seinem strahlenden Auge, das ach nur zu sehr jenem Medardus gleicht, mich unwillkürliches Grausen befällt und ich Gefahr laufe, durch mein kindisches Wesen den Geliebten zu verletzen. Mir ist, als würde erst des Priesters Segen die finstere Gestalten bannen, die noch jetzt recht feindlich manchen Wolkenschatten in mein Leben werfen. Schließe mich und den Geliebten in Dein frommes Gebet, meine teure Mutter! – Der Fürst wünscht, daß die Vermählung bald vor sich gehe; den Tag schreibe ich Dir, damit Du Deines Kindes gedenken mögest in ihres Lebens feierlicher, verhängnisvoller Stunde etc.

      Immer und immer wieder las ich Aureliens Blätter. Es war, als wenn der Geist des Himmels, der daraus hervorleuchtete, in mein Inneres dringe und vor seinem reinen Strahl alle sündliche, frevelige Glut verlösche. Bei Aureliens Anblick überfiel mich heilige Scheu, ich wagte es nicht mehr, sie stürmisch zu liebkosen wie sonst. Aurelie bemerkte mein verändertes Betragen, ich gestand ihr reuig den Raub des Briefes an die Äbtissin; ich entschuldigte ihn mit einem unerklärlichen Drange, dem ich, wie der Gewalt einer unsichtbaren höheren Macht, nicht widerstehen können, ich behauptete, daß eben jene höhere, auf mich einwirkende Macht mir jene Vision am Beichtstuhle habe kundtun wollen, um mir zu zeigen, wie unsere innigste Verbindung ihr ewiger Ratschluß sei. “Ja, du frommes Himmelskind”, sprach ich, “auch mir ging einst ein wunderbarer Traum auf, in dem du mir deine Liebe gestandest, aber ich war ein unglücklicher, vom Geschick zermalmter Mönch, dessen Brust tausend Qualen der Hölle zerrissen. – Dich – dich liebte ich mit namenloser Inbrunst, doch Frevel, doppelter, verruchter Frevel war meine Liebe, denn ich war ja ein Mönch und du die heilige Rosalia.” Erschrocken fuhr Aurelie auf. “Um Gott”, sprach sie, “um Gott, es geht ein tiefes, unerforschliches Geheimnis durch unser Leben; ach, Leonard, laß uns nie an dem Schleier rühren, der es umhüllt, wer weiß, was Grauenvolles, Entsetzliches dahinter verborgen. Laß uns fromm sein und fest aneinander halten in treuer Liebe, so widerstehen wir der dunkeln Macht, deren Geister uns vielleicht feindlich bedrohen. Daß du meinen Brief lasest, das mußte so sein; ach! ich selbst hätte dir alles erschließen sollen, kein Geheimnis darf unter uns walten. Und doch ist es mir, als kämpftest du mit manchem, was früher recht verderblich eintrat in dein Leben und was du nicht vermöchtest über die Lippen zu bringen vor unrechter Scheu! – Sei aufrichtig, Leonard! – Ach, wie wird ein freimütiges Geständnis deine Brust erleichtern und heller unsere Liebe strahlen!” – Wohl fühlte ich bei diesen Worten Aureliens recht marternd, wie der Geist des Truges in mir wohne und wie ich nur noch vor wenigen Augenblicken das fromme Kind recht frevelig getäuscht; und dies Gefühl regte sich stärker und stärker auf in wunderbarer Weise, ich mußte Aurelien alles – alles entdecken und doch ihre Liebe gewinnen. “Aurelie – du meine Heilige – die mich rettet von …” In dem Augenblick trat die Fürstin herein, ihr Anblick warf mich plötzlich zurück in die Hölle, voll Hohn und Gedanken des Verderbens. Sie mußte mich jetzt dulden, ich blieb und stellte mich als Aureliens Bräutigam kühn und keck ihr entgegen. Überhaupt war ich nur frei von allen bösen Gedanken, wenn ich mit Aurelien allein mich befand; dann ging mir aber auch die Seligkeit des Himmels auf. Jetzt erst wünschte ich lebhaft meine Vermählung mit Aurelien. – In einer Nacht stand lebhaft meine Mutter vor mir, ich wollte ihre Hand ergreifen und wurde gewahr, daß es nur Duft sei, der sich gestaltet. “Weshalb diese

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